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04.07.2019 Projekt

Industrie 4.0-Testbeds

BMWi-Förderprojekt „Industrie-4.0-Testbeds – Umsetzung von Demonstratoren in realen Umgebungen und Evaluation mit Fokus auf Standardisierung"

Das Projekt ist abgeschlossen

Kontakt
Dr. Jens Gayko
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Laufzeit: 01.01.2017 bis 31.06.2019

Projektträger: BMWi

Konsortialpartner

  • Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA)
  • RWTH Aachen, Lehrstühle für Prozessleittechnik und Informatik
  • VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.
  • Verein Deutscher Ingenieure e. V. (VDI|GMA)
  • KHS GmbH

Assoziierte Partner:

  • BASF SE
  • Bayer AG
  • CLAAS E-Systems KGaA mbH & Co KG

Projektbeschreibung

Industrie 4.0 ist für den Industriestandort Deutschland von besonderer Bedeutung. Der Erfolg hängt sehr stark von der konsequenten Umsetzung der Digitalisierung in den Fabriken ab. Die Systeme müssen flexibel und effizient arbeiten, um den Herausforderungen in modernen Fertigungsbetrieben gerecht werden zu können. Simultan muss den kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) zur Innovation die Sicherheit und Interoperabilität einer Norm geboten werden. Dies bedeutet, dass neben der klassischen Normung auch ein beschleunigter, agiler Normungsprozess implementiert werden muss. Agiler Normungsprozess bedeutet, dass parallel zur Innovationsentwicklung Quellcode und Referenzimplementierung entwickelt, Use Cases in Testumgebungen getestet und die daraus entstehenden Erkenntnisse in fortlaufende Normungsprofile verstetigt werden. Dieser Aufgabenstellung nimmt sich das Projekt an und setzt auf diesen agilen Prozess. Aktuell konzentriert sich das BMWi-Förderprojekt Industrie 4.0-Testbeds auf Teilaspekte der Industrie 4.0: Predictive Maintenance, Plug&Produce und Autonome Landmaschinen.

Vorgehensweise

Mit realen Anwendungsfällen (Use Cases) aus dem betrieblichen Umfeld werden im Rahmen dieses Vorhabens Lösungsansätze vorgestellt, die zeigen, wie auf Basis neuer Konzepte von Industrie 4.0 praxistaugliche Lösungen aufzubauen sind, die für die Anwendung wesentliche Vorteile bieten. Die gewählten Use Cases adressieren die Aufgabe Plug&Produce bei der Einbindung von Feldgeräten und Teilsystemen in einen Systemverbund, die Frage aufwandsarmer Generierung und Nutzung von Methoden vorausschauender Instandhaltung (Predictive Maintenance) und autonom unterstützte und kooperative Arbeits- und Logistikprozesse von Landmaschinen. Diese Aufgabenstellungen werden in unterschiedlichen industriellen Kontexten untersucht. Als Beispiele eignen sich diese Use Cases besonders, weil der Vorteil, der durch neue Lösungen entsteht, direkt ersichtlich ist und die Umsetzung durch eine für den Anwender absehbare Ergänzung der heute bestehenden Systeme realisiert werden kann.

Die Use Cases als Anforderungsbeschreibung sind aus Vorarbeiten des ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. und der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (GMA)) vorhanden. Sie werden im Projektkonsortium weiter detailliert und evaluiert. Technische Lösungen und vorhandene Standards zur Umsetzung werden in den jeweiligen Projektgruppen analysiert, entwickelt und dann im Projektkonsortium harmonisiert. Die erarbeiteten technologischen Grundlagen im Vorfeld wie auch die dann gewonnenen praktischen Erfahrungen, die wieder in die Ausarbeitungen von I4.0-Projekten und Normen zurückfließen, liefern wichtige Beiträge für die angestrebte beschleunigte Normungs- und Standardisierungsarbeit in den Gremien von DKE und GMA.

Aufgaben der DKE

Mit ihren Normen beschreibt VDE|DKE den anerkannten Stand von Wissenschaft und Technik auf dem jeweiligen Gebiet. Die in dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse sollen in die Aktualisierung bestehender Normen einfließen. Werden Lücken in der Normungslandschaft identifiziert, sollen die in dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse Basis für die neu zu formulierenden Normen und Standards sein.

Die Normungsprojekte werden auf internationaler (vorzugsweise bei IEC), europäischer (vorzugsweise CENELEC) und nationaler Ebene in den eingeführten Normungs- und Standardisierungsprozessen behandelt und so als Europäische Normen in die nationalen Normenwerke aller EU- und EFTA-Staaten übernommen. Primäres Ziel dabei ist es, die deutschen Interessen im europäischen und internationalen Bereich zu vertreten und die im Rahmen des Projekts gewonnenen Ergebnisse den anderen Partnern im Normungsprozess zu vermitteln sowie über die erfolgreiche Normung und Standardisierung die Märkte für deutsche Unternehmen zu öffnen.

Wissenschaftliche Arbeitsziele sind die normungstechnische und normungsstrategische Begleitung der realen Use Cases und ihrer Demonstratoren. Vorhandene, neue oder weiterzuentwickelnde Normen und Standards werden in Bezug zu den technischen Lösungen gesetzt. Neue Normungsprojekte werden methodisch und inhaltlich für die Gremienarbeit vorbereitet.

Projektmotivation

Das Zukunftsthema Industrie 4.0 ist gerade für den Industriestandort Deutschland von besonderer Bedeutung. Industrie 4.0 steht für die durchgängige Vernetzung einer Vielzahl von Technologien und Fachdisziplinen, die im Produktlebenszyklus zum Einsatz kommen. Die konsequente Umsetzung jener Ideen, die hinter Industrie 4.0 stehen, lässt eine grundlegende Neuausrichtung nicht nur in der Produktion, sondern auch bei der Organisation der gesamten Lieferketten erwarten, da eine nie dagewesene Integration der Systeme über Domänen- und Hierarchiegrenzen hinweg erforderlich wird.

Betrachtet man die in Deutschland im weitesten Sinne an der Wertschöpfungskette beteiligten Unternehmen (Hersteller, Zulieferer usw.), ist festzustellen, dass diese zu einem hohen Anteil kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind; und gerade für solche Unternehmen wird Industrie 4.0 mittel- bis langfristig zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Mit diesem Vorhaben werden durch Vorarbeiten bei der Technischen Regelsetzung die Voraussetzungen für die wirksame Durchdringung und Umsetzung von Industrie 4.0 in den Unternehmen geschaffen. Dabei werden die Interessen von KMUs berücksichtigt, da sie in geeigneter Weise in den Informationsfluss dieses Vorhabens eingebunden sind.

Projektziele

Normungspolitisches Umfeld

Industrie 4.0 ist ein forschungspolitischer Schwerpunkt der Bundesregierung und gewann gerade in den letzten Monaten an Bedeutung. Nicht zuletzt zeigen die vielen Presseartikel und die umfangreiche Berichterstattung zu diesem Thema das allgemeine Interesse. Hierbei wird Normung und Standardisierung immer wieder als ein wesentliches Element der Umsetzung von Industrie 4.0 genannt.

Ziel und Motivation des Verbundprojektes ist eine beschleunigte Konsensfindung und Umsetzung von Standardisierungs- und Richtlinienvorhaben für Industrie 4.0. Durch die Umsetzung des Projektes soll die Praktikabilität und konkrete praktische Anwendung der Ergebnisse unter Beweis gestellt werden. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine Identifizierung von weiteren Hindernissen und möglichen Lösungswegen.

Gerade in dem Punkt der Normung und Standardisierung besteht allgemein die Befürchtung, dass Deutschland mit seinem gremiengetriebenen und konsensorientierten Ansatz in der Normung gegenüber dem scheinbar pragmatischeren Ansatz von Konsortien (z. B. USA) oder politisch-getriebener Normung (z. B. China) das Nachsehen haben könnte. Allerdings liegt Deutschlands wirtschaftliche Stärke der Produktions- und Automatisierungstechnik in der mittelständisch geprägten Wirtschaft begründet. Diese profitiert von einer eher konsensbasierten Vorgehensweise, die auch die Interessen von mittelständischen Unternehmen wahrt und fördert, wie auch von der Investitionssicherheit, die durch die konsensorientierte Normung und Standardisierung erreicht werden kann. Gerade im Investitionsgüterbereich, der langfristige Entscheidungen verlangt, besteht eine andere Erwartungshaltung gegenüber Normung und Standardisierung als im Bereich des schnelllebigen B2C-Bereichs. Nicht zuletzt entspricht die Vollkonsensnormung den internationalen Regularien der World Trade Organization (WTO), technische Handelshemmnisse durch internationale Normung zu vermeiden.

Mit den technischen Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft in den entsprechenden DKE- und DIN-Gremien ist Deutschland in der internationalen Normung gut aufgestellt und hat gerade in den B2B-Bereichen, z. B. des Maschinenbaus und der Automatisierungstechnik, strategisch wichtige Positionen inne und beeinflusste in der Vergangenheit entscheidend die Entwicklungen auch auf internationaler Ebene.

Die Bedeutung der Normung wurde in der Deutschen Normungsroadmap Industrie 4.0 Version 3 beschrieben. Der bisherige internationale Erfolg in der automatisierungstechnischen Normung, die auch wesentliche Grundlagen für Industrie 4.0 liefert, wurde auch durch die Zuarbeit wichtiger Fachgesellschaften wie der VDI|GMA (VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik) ermöglicht. So wurden in der VDI|GMA wesentliche Vorarbeiten und wissenschaftliche Grundlagen erarbeitet und in VDI-Richtlinien veröffentlicht, die anschließend auch Basis für die internationale Normung waren. Aktuell erreichten ebenfalls die ersten drei Positionspapiere Statusreports der VDI|GMA mit ihrer, die Idee von Industrie 4.0 immer weiter konkretisierenden, Beschreibung ein breites Interesse und Zustimmung in der Fachöffentlichkeit.

Industrie 4.0 ist als Schlagwort heute in weiten Bereichen der Industrie angekommen, es fehlt jedoch ein systematischer Weg in eine nachhaltige praktische Umsetzung. Dafür gibt es mehrere Gründe: Einerseits ist noch nicht klar, wie konkrete Konzepte aussehen, mit denen die angestrebten Ziele in der Praxis zu erreichen sind. Andererseits ist gerade für KMU, die grundsätzlich wichtige Anwender für Industrie 4.0 sind, die Schere zwischen den dargestellten Visionen und den praktischen konkreten Anwendungen noch viel zu groß. Die Vision Industrie 4.0 wird in weiten Teilen der industriellen Anwender heute eher als technologiegetrieben gesehen. Ob und wie für die Zielsetzung der Anwender konkrete Vorteile zu erzielen sind, erscheint derzeit unsicher und unklar.

Ziele
Da zum einen der Ansatz einer konsensbasierten Standardisierung unter Beteiligung aller Fachkreise in wissenschaftlich-technisch neutralen Gremien von DKE, DIN und VDI|GMA weiterhin als richtige Vorgehensweise von den beteiligten Fachkreisen angesehen wird und zum anderen Befürchtungen bzgl. Schnelligkeit und Praktikabilität der Umsetzung wahrzunehmen sind, sollen mit diesem Vorhaben folgende Punkte erreicht werden:

1. Beschleunigte Konsensfindung für die Industrie 4.0-Standardisierung

Die derzeit feststellbare Schwierigkeit, sich auf gemeinsame Grundlagen zu einigen, kann für die Teilbereiche, die im Rahmen dieses Projektes adressiert werden, durch die Verbindung von gremienunterstützender Normungsarbeit und praktischer Umsetzung entgegen gewirkt werden.

2. Beschleunigte Umsetzung von Standardisierungs- und Richtlinienvorhaben

Die durch das Vorhaben schnell erarbeiteten und dokumentierten Ergebnisse fließen in konkrete Projekte von VDI|GMA und DKE ein. Ziel ist nicht das Ablösen oder Übergehen der konsensbasierte Gremienarbeit, sondern diese zu unterstützen und zu beschleunigen. Die konsensbasierte und unabhängige Arbeit in technisch-wissenschaftlichen neutralen Gremien mit ehrenamtlich tätigen Experten aus allen relevanten Fachkreisen ist Selbstverständnis der beteiligten Organisationen. Jedoch ist durch diese Vorgehensweise und durch die zunehmend schwierige Rekrutierung von engagierten Experten aufgrund der allgemeinen Arbeitsverdichtungen eine zügige Umsetzung wichtiger Normungsarbeit fraglich. Genau hier setzt das Vorhaben an und erleichtert die Normungsarbeit durch Ausarbeitungen und Unterstützung, die über die regulären Dienstleistungen der beteiligten Organisationen hinausgehen.

3. Praktikabilität und konkrete praktische Umsetzung

Die Use Cases wurden vorab von Anwenderkreisen mit praktischem Bezug ausgesucht und werden daher als relevant angesehen. Auch die Arbeitspakete sind durch die jeweils gemeinsame Bearbeitung durch Wissenschaft und Unternehmen sowohl praktisch ausgerichtet als auch als wirtschaftlich relevant anzusehen. Auf der anderen Seite ist mit der Beteiligung von Wissenschaft und Forschung die Berücksichtigung von aktuellen, methodischen Konzepten und informationstechnischen Modellen gewährleistet, die über diesen Pfad einen leichteren Weg in die Praxis nehmen. Zudem ist eine wissenschaftliche Begleitung der Use-Cases-Umsetzungen und Standardisierungsprojekte sichergestellt.

4. Identifizierung von weiteren Hemmnissen und möglichen Lösungswegen

Es ist davon auszugehen, dass sich im Rahmen des Vorhabens weitere Erkenntnisse zu positiven (best practise) und schlechten Rahmenbedingungen ergeben werden. Dieses werden, wenn nicht durch die Aufgabenstellung zu lösen, im Abschlussprojekt analysiert und Lösungen empfohlen.

Projektergebnisse

Die wesentlichen Projektziele „beschleunigte Konsensfindung für die Industrie-4.0-Standardisierung“, die „beschleunigte Umsetzung von Standardisierungs- und Richtlinienvorhaben“ sowie die „Praktikabilität und konkrete praktische Umsetzung“ an technischen Anwendungen sind durch die Erarbeitung und Umsetzung von drei Anwendungsfällen aus den Domänen Prozessindustrie, Lebensmittelindustrie und Agrarwirtschaft erreicht worden.

Die Ergebnisse der jeweiligen Anwendungsfälle im Einzelnen:

Use-Case Lebensmittelindustrie „Predictive Maintenance“:
Eine Flaschenreinigungsmaschine für Mehrweggetränkeflaschen der Firma KHS war Grundlage für die Erarbeitung des Anwendungsfalls mit Fokus auf der Zustandserkennung der Transportkette. Diese ist im Fehlerfall nur mit hohem Aufwand zu ersetzen und verspricht daher ein entsprechend großes Nutzenpotenzial für eine frühzeitige Erkennung eines Wartungsbedarfs. Die Umsetzung des Anwendungsfalles zeigte, das manuelle Einflussnahmen, wie Ölwechsel, Verhaltensänderungen der Anlage mit sich bringen, die einem Condition Monitoring System zur Ursachenanalyse zur Verfügung gestellt werden müssen. Da diese Schnittstelle normativ nicht beschrieben war, wurde der VDI-Richtlinienausschuss 7.26 gegründet, welcher die VDE/VDI-Richtlinie 3711 „Eingabe und Übertragung von Instandhaltungsinformationen für das Condition Monitoring - Digitalisierung von Offline-Informationen“ erarbeitet und verabschiedet hat. Im Anschluss an die Freigabe wird die Richtlinie als Normantrag im IEC TC 65 über die DKE eingereicht.

Use-Case Agrarwirtschaft „Digitalisierte Landmaschinen“:
Die während der Analysephase gesammelten Informationen führten zu einer Reihe von Referenzanwendungsfällen, welche die technischen und organisatorischen Voraussetzungen verdeutlichten und das Nutzungspotential nachweisen konnten. Aufgrund der großen Anzahl von Stakeholdern und Akteuren, und der Komplexität der Prozesse, hat sich die Klarheit und Vollständigkeit der Darstellung dieser Referenzfälle als besonders wichtig erwiesen. Anhand der Ergebnisse wurde der VDI-Richtlinienausschuss 7.28 „Stand des Einsatzes von Industrie 4.0-Technologien in der Landtechnik“ initiiert, welcher sich mit den Grundlagen einer geplanten Richtlinie, die sich an Nutzer und Hersteller von Landtechnik, Landmaschinentechnik, Agrartechnik und Agrotechnik richten wird, befasst.

Use-Case Prozessindustrie „Plug&Produce“:
Bei der Erarbeitung wurde zunächst das Plug&Play Konzept aus dem Bereich der verbraucherorientierten Computertechnik betrachtet. Ein Vergleich der Anwendbarkeit auf ein Plug&Produce Konzept ergab eine prinzipielle Eignung des groben Ablaufs, jedoch einige Defizite bei konkreten Punkten, wie Zuordnung der Funktion und Bedarf an Konfiguration. Aus diesen Analysen wurde ein Use-Case mit den wichtigen Akteuren und einem allgemeinen, technologieunabhängigen Ablaufdiagramm gebildet. Parallel hierzu wurde ein Demonstrator errichtet, welcher im Zuge der Konzeptentwicklung Schritt für Schritt mit angepasst und erweitert wurde.

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