Messmonitor
VDE
01.11.2021 Kurzinformation

Messung der Gebrauchseigenschaften von Elektrohausgeräten

Der neue Technische Bericht TR 63250 erläutert praxisnah, in kompakter Form, angepasster Sprache und mit Beispielen das notwendige Wissen rund um die  Messungen der Gebrauchseigenschaft von Elektrohausgeräten und gewerblichen Geräten. Damit stellt er auch für Nicht-Fachleute eine praktische Ergänzung zu den relevanten Normen dar.

Kontakt
Frank Steinmüller
Zuständiges Gremium

Jede Norm zur Messung der Gebrauchseigenschaften von Elektrohausgeräten und gewerblichen Geräten sollte hinsichtlich der Wiederholpräzision in einem Labor (repeatability) und der erweiterten Vergleichspräzision zwischen Laboren (reproducibility), die von den beschriebenen Prüfungen erwartet werden können, geprüft sein. Im Rahmen der Europäischen Energieeffizienzrichtlinie (und vergleichbarer internationaler Regulierungen) ist es darüber hinaus wichtig zu wissen, wie groß die erweiterte Messunsicherheit (expanded uncertainty) einer Prüfung ist, denn danach sollten sich die Klassengrenzen der Energieverbrauchskennzeichnung und auch die vom Gesetzgeber festgelegten Toleranzen einer Überprüfung der Übereinstimmung einer Deklaration mit den Messwerten richten. Die Ermittlung dieser Werte kann auf verschiedenen Wegen passieren und ist in vielen Statistik-Lehrbüchern und internationalen Standards (z. B. ISO 5725, ISO/IEC GUIDE 98) umfangreich beschrieben. Allerdings umfassen diese Dokumente inhaltlich viel mehr als für die konkrete Anwendung bei Messungen der Gebrauchseigenschaft von Elektrohausgeräten und gewerblichen Geräten notwendig sind. Dadurch wird es für den Nicht-Fachmann schwer, mit diesen grundlegenden Dokumenten zurecht zu kommen. Hier hilft der neue Technische Bericht TR 63250, der in kompakter Form, angepasster Sprache und mit erläuternden Beispielen das notwendige Wissen praxisnah zusammenfasst. Notgedrungen bleiben damit aber Feinheiten der statistischen Betrachtung außen vor, weshalb in Zweifelsfällen dann doch die umfassende Statistik zu Rate gezogen werden sollte. Auch ersetzt der Technische Bericht TR 63250 keineswegs Normen wie DIN EN ISO/IEC 17043:2010 "Konformitätsbewertung - Allgemeine Anforderungen an Eignungsprüfungen", sondern soll lediglich als praktische Ergänzung dienen.

Messmethoden

Die Ermittlung der Wiederholpräzision, der erweiterten Vergleichspräzision und der erweiterten Messunsicherheit erfordern natürlich ein statistisches Grundwissen, weshalb auch dieser Technische Report nicht ohne entsprechende Definitionen und Formeln auskommt. Diese werden in Kapitel 3 und 4 in kompakter Form wiedergegeben. Kapitel 5 erläutert dann, warum diese Größen so wichtig sind und vor allem wie man von diesen Größen auf die erweiterte Messunsicherheit einer Messung schließen kann. Dafür werden zwei Methoden vorgestellt, das sogenannte Bottom-Up-Verfahren und die Top-Down-Verfahren.

Das Bottom-Up-Verfahren setzt voraus, dass man das Ergebnis einer Gebrauchstauglichkeitsmessung, also z. B. Ressourceneinsatz und Gebrauchstauglichkeit in einer Formel beschreiben kann, deren Eingangsgrößen und ihre Wiederholpräzision alle bekannt oder zumindest qualifiziert abschätzbar sind. Dann lässt sich daraus ableiten, wie groß die erweiterter Vergleichspräzision ist. In einem separaten Annex A wird die Anwendung des Bottom-Up-Verfahrens an einem Beispiel der Temperaturmessung bei Kältegeräten durchexerziert.

Da bei vielen Messungen der Gebrauchseigenschaften von Elektrohausgeräten und gewerblichen Geräten sich diese Zusammenhänge aber nicht in einer Formel darstellen lassen, kommt häufig die zweite Methode, das Top-Down-Verfahren zum Einsatz. Hier wird die erweiterte Vergleichspräzision bestimmt, indem man ein definiertes Messobjekt (Elektrohausgerät) von mehreren Laboren (meist nacheinander) nach der gleichen Messvorschrift beurteilen lässt und aus der Streuung der Messwerte in jedem Labor und zwischen den Laboren die erweiterte Vergleichspräzision ableitet. Solche koordinierten Messungen werden auch als Ringversuche (Round-Robin-Test – RRT) bezeichnet. Aber auch aus verschiedenen anderen Gründen sind Ringversuche sinnvoll:

  1. um Unterschiede zwischen Laboren zu erkennen und zu korrigieren;
  2. um die Prüfmethoden auf ihre Prüfschärfe und Vergleichbarkeit hin zu bewerten;
  3. um die Messunsicherheit zu kennen;
  4. um Labore bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit zu bewerten und ihre Stabilität zu beurteilen;
  5. um Probleme mit der Durchführung von Tests in Laboren zu identifizieren und zu korrigieren, z. B. wenn Messvorschriften anders interpretiert werden, Mitarbeiterschulungen fehlen oder Kalibrierungen notwendig werden; und
  6. um gezielt Abhilfemaßnahmen einleiten zu können.

Um die Daten eines Ringversuchs sinnvoll vergleichen zu können, muss vorher geprüft werden, ob sie konsistentes Verhalten zeigen. Hier wird als Methode die graphische Konsistenzprüfung nach Mandel empfohlen, die sowohl die Konsistenz innerhalb eines Labors (Mandels k-Statistik) als auch zwischen den Laboren (Mandels h-Statistik) prüft. Auch muss geprüft werden, ob sich in den Datensätzen sogenannte Ausreißer befinden. Also Werte, die sich durch eine statistische Streuung nicht oder nur schwer erklären lassen. Hier wird die Verwendung von Ausreißertests (Cochran-Test C und Grupps-Test) empfohlen und beschrieben.


Nachhaltigkeitskonzept, dargestellt mit Sprechblasenstickern
Jérôme Rommé / stock.adobe.com

Circular Economy – Normung als Rückgrat einer nachhaltigen gesamtwirtschaftlichen Produktion

Die Circular Economy (Kreislaufwirtschaft) ist das Gegenmodell zur Linearwirtschaft, die seit Beginn der Industrialisierung die weltweiten Wirtschaftsmodelle dominiert hat. Ziel dieser Circular Economy ist eine Erhöhung der Ressourceneffizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette, insbesondere mit Blick auf die endlichen Ressourcen des Planeten.

Normen und Standards helfen dabei, dieses Ziel schon bei der Produktion zu berücksichtigen.

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Durchführung der Ringversuche

In dem separaten Annex B des Technischen Berichts TR 63250 wird versucht, die bisher gemachten Erfahrungen mit der Durchführung von Ringversuchen zusammenzufassen und so allen interessierten Kreisen weltweit zur Verfügung zu stellen. Er soll als Basis für die Zusammenarbeit dienen, die in Ringversuchen gefordert ist, und gleichzeitig das Handwerkszeug für die Durchführung und Auswertung von Ringversuchen liefern.

Der Annex beschreibt im Detail insbesondere den Prozess der Durchführung eines Ringversuchs und die Verantwortlichkeiten der einzelnen Akteure. Ausdrücklich geht er auf die Produktbeschaffenheit des Produktes ein, das für den Ringversuch verwendet wird, und worauf bei der Durchführung des Ringversuchs besonders zu achten ist, also z. B. auf den sicheren Transport der Produkte von einem zum anderen Labor oder die Berücksichtigung von Alterungen der Versuchsprodukte. In einem weiteren Kapitel werden die Verantwortlichkeiten im Rahmen eines Ringversuchs klar definiert, vom Auftraggeber angefangen über die ausführende Stelle (Koordinator) und die Finanzierung der auftretenden Kosten. Eine entscheidende Rolle spielt auch die Auswahl der beteiligten Labore: Prinzip sollte sein, dass alle interessierten Labore eingeladen werden an dem Ringversuch teilzunehmen, dann aber eine Auswahl getroffen werden muss, welche Labore überhaupt qualifiziert sind, nach der zu prüfenden Messvorschrift messen zu können. Während der eigentlichen Prüfungen sollte dann durch den Koordinator auch ein Besuch der Prüfstelle stattfinden, um die korrekte Durchführung und Einzelheiten des Prüfaufbaus noch persönlich zu dokumentieren. Der Koordinator wird dann auch die Ergebnisse aus den einzelnen Prüfstellen sammeln und zusammen auswerten. Wichtig ist hierbei, auch den Prüfstellen Rückmeldung zu geben, mit welchen Daten sie in die Auswertung einfließen, da fehlerhafte Übermittlungen nie ausgeschlossen werden können. Darum soll zuerst ein Entwurf eines Berichtes verfasst und den Beteiligten zur Diskussion übermittelt werden. Erst wenn alle die Korrektheit ihrer Daten und deren Interpretation bestätigen, soll der Endbericht an den Auftraggeber übermittelt werden. Für all diese Aktivitäten ist die Wahrung der Anonymität der beteiligten Prüfstellen sicherzustellen.

In einem Annex C zum Technischen Bericht TR 63250 werden an einem Beispiel die Ergebnisse eines Ringversuchs und seine statistische Auswertung, inklusive Ausreißertest, praktisch nachvollzogen und dargestellt (Abbildung).

Mandel's h Statistik - Grafik

Beispiel eines Ergebnisses der statistischen Auswertung eines Ringversuchs in Form der Mandel's h-Statistik, die die Konsistenz der ermittelten Ergebnisse zwischen den Laboren beschreibt.

| IEC

Ist die erweiterte Vergleichspräzision bekannt, so kann daraus dann die erweiterte Messunsicherheit einer Messmethode abgeleitet werden. Diese gibt an, innerhalb welchen Intervalls (mit 95 %iger Wahrscheinlichkeit) die Ergebnisse einer Prüfung zu erwarten sind, wenn die Prüfung in einem beliebigen Testlabor durchgeführt wird, solange die Vorschriften der Messmethode eingehalten werden. Solche Informationen sind nicht nur wichtig für die Hersteller von Hausgeräten, wenn sie ihre Geräte zum Beispiel im Rahmen der Energiekennzeichnung deklarieren müssen, sondern auch für die politischen Entscheidungsträger, wenn sie für ein bestimmtes Gerätesegment Richtlinien erlassen, in denen Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit oder deren Klassifizierung im Rahmen der Energieetikettierung vorgegeben werden. Die Kenntnis der erweiterten Vergleichspräzision ist aber auch für die Mitarbeiter in Normung und Standardisierung wichtig, weil sich daraus auch Handlungsbedarf und mögliche Ansätze für eine eventuell notwendige Verbesserung der Messmethode ableiten lassen.


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Gültigkeit des Berichts

Der im Juni veröffentlichte Technische Bericht IEC TR 63250:2021 wird im 4. Quartal 2021 auch auf Deutsch als DIN EN IEC 63250 (VDE 0705-3250) mit dem Titel "Elektrische Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke – Prüfverfahren zur Bestimmung der Gebrauchseigenschaften – Einschätzung der Wiederholbarkeit, Vergleichbarkeit und Unsicherheit" erscheinen. Er wird mittelfristig die Technischen Berichte

  • IEC TR 61923:1997 "Household electrical appliances – Method of measuring performance – Assessment of repeatability and reproducibility",
  • IEC TR 62970:2016 "Guidance on how to conduct round robin tests for household and similar electrical appliances",
  • IEC TR 62617 "Home laundry appliances - Uncertainty reporting of measurements" und den Bericht
  • CLC/TR 50619:2014 "Guidance on how to conduct Round Robin Tests" ersetzen.

Der Technische Bericht IEC TR 63250:2021 "Household and similar electrical appliances – Method of measuring performance – Assessment of repeatability, reproducibility and uncertainty" ist durchaus auch auf andere Produkte als Haushaltsgeräte anwendbar.

 

Redaktioneller Hinweis:

Autor dieses Beitrags ist Prof. Dr. Rainer Stamminger, Normungsexperte im  DKE/K 513.

Die im Text aufgeführten Normen und Standards können Sie beim VDE VERLAG erwerben.

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