Moderne Stromleitungen und Erneuerbare-Energien-Konzept mit Photovoltaik-Paneelen und Windkraftanlagen
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05.06.2023 Fachinformation

Entwicklung hin zu einer All Electric Society

Zur Erfüllung von SDG 13, dem UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung, das sich auf die Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen fokussiert, ist eine Forcierung der Elektrifizierung der Gesellschaft unerlässlich. IEC-Normen sind für diese Transformation erforderlich.

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Ein Artikel von Morand Fachot

Das Jahr 2022 wird für eine ganze Reihe an Naturkatastrophen und vom Menschen verursachte Katastrophen in noch nie dagewesenem Ausmaß in Erinnerung bleiben. Sie haben Millionen von Menschen betroffen, verheerende Schäden in vielen Ländern auf allen Kontinenten angerichtet und zu Überschwemmungen, Dürren, Hungersnöten, Verletzungen und Tod geführt.

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Johannes Stein
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Flächendeckende Elektrifizierung ist eine Voraussetzung

Viele dieser Katastrophen lassen sich auf den Klimawandel zurückführen – eine Folge der Nutzung fossiler Brennstoffe zur Stromerzeugung sowie für Anwendungen im Verkehrs- und Industriesektor. Eine umfassende Elektrifizierung aller Bereiche ist unerlässlich, um die globale Erderwärmung abzuschwächen und damit die Zahl zukünftiger Naturkatastrophen so gering wie möglich zu halten. Dadurch und mit der Unterstützung der IEC-Normen kann das UN-Nachhaltigkeitsziel SDG 13 erfüllt werden.

Der Übergang zu einer All Electric Society stützt sich auf den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen (Kohle, Öl und Gas), die nach den jüngsten verfügbaren Daten der Internationalen Energiebehörde 63,1 Prozent der gesamten weltweiten Stromerzeugung im Jahr 2019 ausmachten.

Fossile Brennstoffe müssen durch nachhaltige, erneuerbare Energien, wie Wasserkraft, Wind, Meeresenergie (dazu gehören Meeresströmungs-, Wellen- und Gezeitenkraftwerke), Erdwärme, Wasserstoff und Solarkraft, ersetzt werden. Die Volatilität einiger erneuerbarer Energiequellen (Wind und Sonne) erfordert den Ausbau und die Optimierung der Energiespeichertechnologien.

Kernenergie wird weiterhin zum Energiemix beitragen, auch wenn noch nicht ganz klar ist, in welchem Umfang. In einigen Ländern erlebt sie gerade ein Comeback und in manchen Ländern wird sie sogar ausgeweitet. Neue Technologien, wie kleine modulare Reaktoren, die den Einsatz von Kernenergie ausweiten könnten, werden ebenfalls aktuell eingeführt. In Deutschland hingegen sind am 15. April 2023 die letzten Atomkraftwerke vom Netz gegangen.

Normen kommen zu Hilfe

Die IEC ist führend bei der Veröffentlichung zahlreicher Normen, die dazu beitragen, sichere und effiziente erneuerbare Energieanlagen zu errichten, zu warten, wiederzuverwenden und sogar zu recyceln. Mindestens fünf technische Komitees erstellen diese Normen, von IEC/TC 88 (DKE/K 383) für Windenergieanlagen bis IEC/TC 114 (DKE/GK 385) für Meeresenergieanlagen.

Die Technologie zur Energiespeicherung, die notwendig ist, um die nicht konstant verfügbare Energie von Sonne und Wind zu kompensieren, beruht nach wie vor hauptsächlich auf Batterielösungen. Batterien können jedoch nur wenige Stunden Kapazität liefern und ihre Verwendung ist kostenintensiv. Fachleute auf der ganzen Welt forschen an neuen Batterie- und Speichertechnologien, um dieses Problem zu beheben. IEC/TC 120 (DKE/K 261) erstellt Normen für elektrische Energiespeichersysteme zur Erfüllung von Netzanforderungen, während IEC/TC 21 (DKE/K 371) spezifische Normen für Batterien entwickelt.


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Sicherstellung der Sicherheit von Kernkraftwerken

Einige Kraftwerke sind inzwischen in die Jahre gekommen und müssen gewartet werden, um weiter in Betrieb bleiben zu können. Die IEC arbeitet mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) der UN zusammen, deren Ziel es ist, eine sichere und friedvolle Nutzung der Kerntechnik zu fördern und die weltweite Sicherheitsstandards für Kernenergie festlegt. Fachleute von IEC/TC 45 (DKE/K 967) nehmen an der Technical Working Group on Nuclear Power Plant Instrumentation and Control (TWG-NPPIC) teil, die 1971 von der IAEA eingerichtet wurde. Sie gibt Empfehlungen und fördert die Forschung im Bereich Kernkraftwerkstechnik, insbesondere zu den Mensch-Maschine-Schnittstellen. 

IEC/TC 45, und noch konkreter eines seiner Subkomitees, SC 45A (DKE/UK 967.1), veröffentlicht internationale Normen, die den gesamten Lebenszyklus elektrischer und elektronischer Leittechniksysteme von Kernkraftwerken abdecken – von der Konzeption über die Gestaltung, Fertigung, Prüfung, Installation, den Betrieb, die Wartung, Reparatur, die Modernisierung bis zur Außerbetriebnahme.

Hürden für erneuerbare Energien

In den letzten Jahren sind neue Herausforderungen für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen entstanden.

Zuletzt hat die Wasserkraft unter ungenügenden Regenfällen gelitten, was einen Einfluss auf die Wasserstände der Staubecken von Wasserkraftwerken in vielen Ländern hat, beispielsweise die Schweiz, die 68 Prozent ihres Stroms aus Wasserkraft gewinnt, oder Norwegen, wo mehr als 1.500 Wasserkraftwerke für mehr als 90 Prozent der gesamten Stromerzeugung des Landes sorgen: Staubecken in beiden Ländern haben unter ungewöhnlich geringen Regenfällen gelitten, die zu sehr niedrigen saisonalen Wasserständen führten. In den USA ist der Hoover Dam (in Nevada) durch den dramatischen Rückgang der Wasserstände in seinen Staubecken eventuell gezwungen, den Betrieb seiner Wasserkraftturbinen vorübergehend einzustellen.

Ein weiteres Hindernis für eine Einführung erneuerbarer Energien in größerem Umfang ist der öffentliche Widerstand gegen die Entwicklung erneuerbarer Energien in einigen Ländern. Lokaler Widerstand gegen Windenergieanlagen an Land, weil niemand sie vor der eigenen Haustüre haben möchte („not in my back yard“), ist gewachsen, vor allem in Frankreich, das gerade erst seine erste Offshore-Windenergieanlage eingeweiht hat. Umweltbedenken und Widerstand von Fischern hat ihre Einführung um elf Jahre verzögert.

Eine Folge der Hitzewellen und ungenügenden Regenfälle war zudem die Entscheidung einiger französischer Kernkraftwerke, die Energieerzeugung zu drosseln, um die Temperaturen in den Flüssen, die das Wasser zur Kühlung der Reaktoren liefern, innerhalb der erlaubten Grenzen zu halten. Frankreich musste außerdem einige seiner Kernkraftwerke zu Wartungszwecken und in einigen Fällen zur Reparatur von Korrosionsschäden vorübergehend stilllegen. Aktuell sind 32 der 56 Kernreaktoren Frankreichs vorübergehend außer Betrieb.

Trotz dieser Hindernisse muss die Umstellung auf erneuerbare und saubere Energien so schnell wie möglich vollzogen werden. Selbst große Ölkonzerne investieren inzwischen massiv in die erneuerbaren Energieerzeugung inklusive Wasserstoff. Wo ein Wille ist (und eine Notwendigkeit), da ist auch ein Weg.


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