Ingenieurin im Elektroniklabor, die Tests durchfuehrt
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21.11.2024 Fachinformation

Wie Normen, Konformitätsbewertung und Nachhaltigkeit zusammenhängen

Betrachtet man den Weg einer Norm, so steht am Anfang die Auseinandersetzung verschiedener Experten darüber, wie der Stand der Technik zu einer Fragestellung aussieht. Sind die Vorgaben verhandelt, wird die Norm veröffentlicht.

Damit die Theorie in die Praxis überführt wird, braucht es allerdings einen harmonisierten Ansatz der Konformitätsbewertung – auch und gerade zu sonst kaum überprüfbaren Herstellerangaben im Bereich Umweltschutz.

Wie Nachhaltigkeit, Normung und Konformitätsbewertung in Verbindung stehen und welche Rolle die 17000er-Normenserie dabei spielt – ein Überblick.

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Raymond Puppan

Was Sie in diesem Artikel erwartet:

  • Normen helfen beim Erreichen der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele
  • Normatives Fundament der Konformitätsbewertung
  • Digitaler Produktpass als große Chance

UN SDGs und die 17000er-Serie: Wenn die Dinge ineinandergreifen

Generell umfassen Normen verschiedene technisch relevante Eigenschaften, die für Sicherheit, Funktionalität & Co. eines Produkts wichtig sind. Die IEC (International Electrotechnical Commission) hat sich aber auch dazu verpflichtet, die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN (en: Sustainable Development Goals, SDGs) mit ihrer Arbeit zu unterstützen. Damit eine global nachhaltige Entwicklung möglich wird, müssen alle Akteure zusammenwirken, so zum Beispiel die WTO (World Trade Organisation) und das Agreement TBT (Technical Barriers to Trade), das technische Handelsbarrieren eliminieren soll.

Konformitätsbewertung wirkt dabei als Katalysator für die Weiterentwicklung der Akzeptanz von Nachhaltigkeit rund um den Globus, da sie den weltweiten Handel vereinfacht und dabei unterstützt, Greenwashing zu eliminieren oder Beiträge zu Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu verifizieren. Zentraler Enabler für die Konformitätsbewertung ist die ISO/IEC 17000er-Serie. Sie beschreibt die normativen Grundlagen, die für eine Konformitätsbewertung bzw. Konformitätsprogramme benötigt werden. So sind darin zum Beispiel Anforderungen an Prüflabore definiert, ohne die Konformitätsprüfungen nicht durchführbar wären – egal ob mit Blick auf die technische Sicherheit eines Produkts oder die darin möglicherweise enthaltenen Schadstoffe.

Blick ins Detail (1): Wie tragen Normen zu Nachhaltigkeit bei

Es gibt zahlreiche Normen, die direkt auf die Themen Circular Economy und Nachhaltigkeit einzahlen. Über das IECQ (Quality Assessment System), auch bekannt als das harmonisierte System zur Konformitätsbewertung der IEC, ist es beispielsweise möglich, sich die Einhaltung dieser Anforderungen zertifizieren bzw. verifizieren zu lassen. Zentral sind in diesem Bereich die Norm IEC 62430: Umweltbewusstes Gestalten, die sich damit befasst, umweltrelevante Aspekte bereits in die Gestaltung und Entwicklung eines Produkts einzubeziehen, sowie die Norm ISO 14067, die transparente Kriterien für die Ermittlung des Product Carbon Footprint (PCF) definiert.

Implizit leisten aber auch viele Normen einen Beitrag zum Umweltschutz, die nicht direkt auf die Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen abzielen, sondern allgemein technische Aspekte betreffen. Ein Beispiel dafür ist die Norm IEC 63360, die sich mit Isoliergasen für Transformatoren in großen Umspannwerken befasst. Oftmals wird dafür SF6 (Schwefelhexafluorid) eingesetzt, eine chemische Verbindung, die das Treibhauspotenzial von Kohlenstoffdioxid um das über 20000fache übersteigt.

Die Nachweise im Rahmen der Konformitätsbewertung, dass die eingesetzten Ersatzgase zu SF6 die technischen Eigenschaften, beispielsweise einer gasisolierten Schaltanlage, nicht negativ beeinflussen und die Anforderungen der Produktnormen ebenso erfüllt werden, leisten damit einen Beitrag zur Reduzierung treibhausschädlicher Gase und geben Vertrauen in neue Technologien.


Containerfrachtschiff im Ozean
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Konformitätsbewertung: Freier Warenfluss weltweit

Der Begriff „Konformitätsbewertung“ (engl. „Conformity Assessment“) ist weitläufig bekannt, in vielen Fällen jedoch nicht greifbar. Im Wesentlichen sorgt Konformitätsbewertung für einen freien Warenfluss innerhalb eines oder auch zwischen verschiedenen Märkten der Welt. Zur Bewertung von Produkten, Verfahren und Dienstleistungen gelten sowohl nationale Gesetze als auch internationale Richtlinien und Verordnungen. Unser Fachbeitrag zur Konformitätsbewertung fasst die wichtigsten Aspekte zusammen und gibt Antworten auf häufig gestellte Fragen.

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Die 17000er-Serie konkret: Was geschieht in der Praxis

Die Konformitätsbewertung prüft im Rahmen des Normennutzungsprozesses, ob die relevanten Anforderungen aus den für ein Produkt oder eine Dienstleistung zutreffenden Normen eingehalten werden. Erst durch die Konformitätsbewertung gelangt die Information einer Norm in den Wertschöpfungsprozess, da die Norm allein nur die Informationen bereitstellt.

Durchgeführt wird eine Konformitätsprüfung, ein Teilaspekt der Konformitätsbewertung, von Prüflaboren. Damit sie feststellen können, ob eine Norm erfüllt wird, müssen sie die Grundlagen erfüllen, die sich in den Normen der 17000er-Serie wiederfinden. Sie ist für die Konformitätsbewertung analog zu sehen zur DIN 820, die die Normungsarbeit für DKE und DIN regelt.

Die Abbildung zeigt das Zusammenspiel der verschiedenen Normen, die das Fundament für die Konformitätsbewertung bilden. Die Norm ISO/IEC 17025 zum Beispiel befasst sich mit grundlegenden Anforderungen für die Akkreditierung von Prüflaboratorien und wird verwendet, um die Fähigkeit von Prüflaboratorien zur Durchführung von Prüfungen zu bewerten. Sie wird von Akkreditierungsstellen und Betreibern von Konformitätsbewertungssystemen, wie z. B. der IEC, verwendet, um Prüflaboratorien zu qualifizieren. Diese hoheitliche Aufgabe wird von staatlich beschiedenen Stellen übernommen, in Deutschland von der Deutschen Akkreditierungsstelle DAkkS.

Normatives Fundament der Konformitätsbewertung

Normatives Fundament der Konformitätsbewertung

| DKE

Prüflaboratorien, die die ISO/IEC 17025 erfüllen, schaffen Vertrauen. Die Akkreditierung bescheinigt, dass ein Prüflabor nach international anerkannten Praktiken arbeitet, einschließlich der Anwendung des Stands der Technik, und über kalibrierte Geräte und qualifiziertes Personal verfügt. Ein weiterer zentraler Punkt ist die metrologische Rückführbarkeitskette auf nationale oder internationale Normale, die entsprechend dokumentiert sein muss. Denn nationale oder internationale Normale, wie der Urmeter in Paris, dienen für Messungen als Bezugspunkt, und jeder Schritt weiter vom Bezugspunkt weg birgt Fehlerquellen.

Kann ein Prüflabor durch eine Akkreditierung belegen, dass es all diese Anforderungen erfüllt, muss es diesen Nachweis nicht bei jeder Messung einzeln erbringen. Dabei ist die Bandbreite an Labors für hochspezialisierte Analysen in Deutschland sehr groß: Präzisionsschrauben werden dahingehend überprüft, ob sie die erforderlichen Toleranzen im µm-Bereich einhalten und der Einbau funktioniert. Die hochkomplexe PFAS-Analytik gewinnt an Bedeutung, um Produkte auf die Verwendung von ewigen Chemikalien zu überprüfen und deren Verbreitung zu verhindern.

Und dann gibt es abseits hochkomplexer oder nachhaltiger Themen ganz plakative Beispiele – wie die Überprüfung rutschfester Fliesen, die in Großküchen für Arbeitssicherheit sorgen. Dazu werden die Fliesen auf einer ebenen, kippbaren Fläche nach präzisen Vorgaben verlegt. Eine Person, die Normschuhe trägt, stellt sich anschließend auf die Fläche und diese wird langsam gekippt. Der Winkel, der erreicht ist, wenn die Person zu rutschen beginnt, definiert den Rutschhemmungswert. Ein auf diese Messung spezialisiertes und dafür akkreditiertes Labor kann dem Fliesenhersteller bescheinigen, dass die angegebenen Werte korrekt sind – und der Hersteller muss dafür intern keine Ressourcen vorhalten.

Blick ins Detail (2): Was beinhaltet die 17000er-Serie

Die Norm ISO/IEC 17000 beschreibt, was Konformitätsbewertung ist, bedeutet und definiert entsprechende Begriffe.

Die Norm ISO/IEC 17011 legt die Anforderungen an Akkreditierungsstellen fest. Sie sind in der EU staatlich. Der Staat verfügt allerdings nicht über die nötige Kompetenz und überträgt diese hoheitliche Aufgabe an eine nationale Akkreditierungsstelle, in Deutschland die DAkkS.

Die nationale Akkreditierungsstelle prüft, ob Konformitätsbewertungsstellen entsprechend der normativen Vorgaben arbeiten, also

  • Prüf- und Kalibrierlaboratorien nach 17025
  • Inspektionsstellen nach 17020
  • Zertifizierungsstellen im Hinblick auf Managementsysteme nach 17021
  • Zertifizierungsstellen im Hinblick auf Personal nach 17024
  • Zertifizierungsstellen im Hinblick auf Produkte nach 17065
  • Eignungsprüfungen nach 17043
  • Referenzmaterialhersteller nach 17034

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Mehr Effizienz und Transparenz: Der Digitale Produktpass als Chance

Blickt man auf die Entstehung elektronischer und elektrotechnischer Produkte, so hat die Komplexität der Lieferketten in Bezug auf Bauteile und benötigte Materialien in den letzten Jahren immens zugenommen. Mit Blick auf Nachhaltigkeit rücken Informationen zum Einsatz von Gefahrstoffen, zu Reparierbarkeit, Wiederaufarbeitung und Recycling in den Fokus.

Um diese Daten transparent und einheitlich bereitzustellen, hat sich als Lösungsansatz der Digitale Produktpass (DPP) herauskristallisiert. Dort können neben klassischen Produktinformationen, Zertifikaten, Nutzungsinformationen auch umweltrelevante Informationen zur Verfügung gestellt werden – wenn ein sektorenübergreifender, standardisierter Datenaustausch der beteiligten Akteure stattfindet.

Aufgrund seiner Vorteile in puncto Transparenz entlang der Lieferkette wird der DPP auch ein zentraler Bestandteil der Ökodesignrichtlinie werden. Neben dem offensichtlichen Nutzen für die Kreislaufwirtschaft werden auch Konsequenzen für die Konformitätsbewertung sichtbar, da der DPP für mehr Transparenz bzgl. der Einhaltung bestimmter Anforderungen und Standards sorgt:

  • Effizienz steigern: Der Digitale Produktpass erleichtert die Nachverfolgbarkeit und das Management von Konformitätsanforderungen. Informationen wie Produktbestandteile oder Schadstoffe sind jederzeit verfügbar, was Prüfprozesse vereinfacht.
  • Zugänglichkeit und Transparenz: Unternehmen und Behörden können einfach auf die notwendigen Produktinformationen zugreifen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Richtlinien eingehalten werden.
  • Nachhaltigkeit dokumentieren: Durch die umfassende Darstellung der Umweltauswirkungen von Produkten kann die Einhaltung von Vorschriften im Bereich Ökodesign überprüft werden.

Noch sind nicht alle Details für den DPP festgelegt, und bis zum flächendeckenden Rollout wird es noch eine Weile dauern. Für die Konformitätsbewertung und somit die Verfügbarkeit von Produkten am Markt, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen, kann er aber zu einem weiteren wichtigen Treiber werden – auch und gerade im Sinne der Nachhaltigkeit.


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