Dann wurde es zunächst still um diese Thematik. Der Ersatz analoger, fest verdrahteter Technik durch digitale, rechnerbasierte Systeme für Instrumentierung und Sicherheitsleittechnik kerntechnischer Anlagen erforderte ein Umdenken von der reinen Systemorientierung hin zur funktionsbezogenen Kategorisierung, wie sie durch IEC/SC 45A schließlich 1993 in der ersten Ausgabe der IEC 61226 manifestiert wurde. Daraufhin wurde ein auf diese Kategorisierung der auszuführenden leittechnischen Sicherheitsfunktionen basierendes kerntechnisches IEC-Normenwerk geschaffen, welches in wichtigen Teilen als DIN-EN- und DIN-IEC-Normen mit Klassifikation VDE 0491 national umgesetzt ist und laufend weiterentwickelt wird (-> Liste der Normen mit VDE 0491).
Internationale Expertengruppe
Am 9. Oktober 2020 fand nun die jüngste Plenarsitzung des IEC/SC 45A „Instrumentation, control and electrical power systems of nuclear facilities“ virtuell statt. Eines der Themen auf der Tagesordnung war der chinesische Vorschlag zur Einsetzung einer IEC-Expertengruppe, die sich mit dem möglichen Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Instrumentierung und Leittechnik kerntechnischer Anlagen befassen soll. Konkrete neueste Entwicklungen auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz sollen auf ihre Anwendbarkeit für die Erhöhung der Sicherheit kerntechnischer Anlagen überprüft und geeignete Empfehlungen und Anforderungen formuliert werden.
Der chinesische Vorschlag wurde angenommen und es erfolgte ein bis 8. Januar 2021 terminierter Call for Experts. Erste Aufgabe ist die Erstellung eines Technical Reports „to define the orientations to take for the development of AI IEC/SC 45A standards“. Insbesondere soll dieser Bericht eine Empfehlung für eine künftige Normenreihe des IEC/SC 45A vorgeben und sich so weit wie möglich auf bestehende IEC- und ISO-Normen zur Künstlichen Intelligenz beziehen. Ausdrücklich benannt wurde der Bezug auf Arbeiten des ISO/IEC JTC 1/SC 42 „Artificial Intelligence“.
Fazit der Veranstaltung
„The rapid growth in AI will enable the next digital transformation in nuclear industry“. Jedoch werden Internationale Normen benötigt, um eine gemeinsame Terminologie zu vereinbaren und die Akzeptanz und breite Anwendung der neuen Technologie zu fördern.
Deutschland wird über DKE/UK 967.1 „Elektro- und Leittechnik für kerntechnische Anlagen“ aktiv in der neuen Expertengruppe mitarbeiten und hat dazu selbst mehrere deutsche Mitarbeiter benannt.