Klassenzimmer in der Grundschule: Lehrerin erklärt Kindern, wie Windturbinen funktionieren
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12.06.2023 Fachinformation

Technologien für digitales Lernen finden zunehmend Akzeptanz

UN SDG 4 zielt auf die Sicherstellung inklusiver, gleichberechtigter und hochwertiger Bildung und die Förderung von Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen für alle ab. Online-Lerninstrumente gehören zu den Mitteln, die zur Erfüllung dieses Ziels beitragen. Normen der IEC helfen dabei, sie zugänglich zu machen.

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Von Ann-Marie Corvin

SDG 4 ist eines der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die von der UN auf ihrem Gipfel in New York im Jahr 2015 beschlossen wurden. Die Ziele, die bis 2030 erfüllt werden sollen, wurden vor dem Ausbruch von COVID-19 aufgestellt. Die Pandemie hat dazu beigetragen, die Zahl der Lernenden, die keinen Zugang zu Bildung haben, zu erhöhen, aber sie hat auch der Entwicklung und Akzeptanz im Hinblick auf digitales Lernen weltweit einen großen Schub verliehen.

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Laut UNESCO gingen im April 2020 fast 1,6 Milliarden Kinder und Jugendliche nicht zur Schule – und doch, von auf mobilen Geräten bzw. Apps beruhenden eLearning-Initiativen zu solarbetriebenen Radios und Mixed-Reality-Geräten, hat die weltweite Quarantäne zu einem Innovationsschub im Technologiebereich geführt und damit den Zugang zu Bildung für alle verbessert.

TV und Radio in Afrika

UN SDG 4 konzentriert sich auf gleichberechtigte Bildung für alle, doch die Realität sieht so aus: Je niedriger das BIP eines Landes und je entlegener und weniger gut vernetzt eine Region ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Bildungsangebote kaum über eine Grundbildung hinausgehen. Kinder aus entlegenen Gebieten müssen oft einen stundenlangen Fußmarsch auf sich nehmen, um zur Schule zu gelangen. Distance-Learning-Tools könnten die Lebensqualität dieser Kinder deutlich verbessern.

Einem Brookings-Bericht zufolge bieten bisher weniger als 25 Prozent der Länder mit niedrigem Einkommen die Möglichkeit von Distanzunterricht. Von den Ländern, die die Möglichkeit bieten, nutzen die meisten TV und Radio. Laut UNICEF, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, haben mindestens die Hälfte aller afrikanischen Schulkinder, die südlich der Sahara leben, keinen Internetzugang. In einigen Ländern sind TV und Radio daher die einzige Verbindung.

In Kenia beispielsweise stellte die tansanische Non-Profit-Organisation Ubongo, die Edutainment für Kinder anbietet, afrikanischen Rundfunkanstalten kostenlosen Bildungscontent für TV und Radio zur Verfügung. Im März 2020 sahen 12 Millionen Haushalte in neun Ländern Content von Ubongo – und bis August 2020 waren es sogar 17 Millionen Haushalte in 20 Ländern.

Die Vereinten Nationen berichteten ferner, dass die Pandemie die öffentlichen Rundfunkanstalten in Ghana dazu veranlasst habe, nicht mehr ausgestrahlte Lernsendungen wieder ins Fernseh- und Radioprogramm aufzunehmen. Ähnliche Programme liefen auch in Madagaskar und der Elfenbeinküste während des Lockdowns.

Das technische Komitee IEC/TC 100 (DKE/K 742) erarbeitet Normen für Video-, Audio- und Multimedia-Systeme und -Geräte, inklusive Radio und TV. Die Normen der Reihe IEC 60107 legen beispielsweise Anforderungen an die Empfänger von Fernseh-Rundfunksendungen fest.


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Instant Messaging in afrikanischen Ländern südlich der Sahara

Viele Lernende in afrikanischen Ländern südlich der Sahara, die Distanzunterricht nutzen, haben keinen Zugang zu digitalen Geräten oder eine stabile Internetverbindung über einen PC, doch die hohe Verbreitung von Mobiltelefonen in einigen Regionen bietet Möglichkeiten, die während der Pandemie ergriffen wurden.

Kenia verzeichnete beispielsweise einen überdurchschnittlichen Anstieg bei der Nutzung von Mobiltelefonen (98 Prozent im Jahr 2020) verglichen mit durchschnittlich 67 Prozent zuvor. Im Jahr 2020 haben von den 43 Prozent der Erwachsenen in Kenia, die das Internet nutzten, 98 Prozent ein Mobiltelefon für den Internetzugang verwendet.

Lehrkräfte in diesen Regionen nutzen Instant Messaging Apps, da diese weniger Daten verbrauchen als andere Inhalte. Eine gemeinnützige Organisation, die sich für Bildung einsetzt und in der Region aktiv ist, unterstützte ein Instant-Messaging-System, um Massai in entlegenen Gebieten Kenias dabei zu helfen, auf Online-Lerninhalte zuzugreifen, indem sie eine zusätzliche Scan-App nutzen, um Aufgaben an Eltern bzw. Erziehungsberechtigte zu übermitteln.

Gruppenchatfunktionen wurden genutzt, um zu dafür eingeplanten Zeiten mit Lehrkräften zu interagieren, während kurze, konkrete Fragen unmittelbar durch die unbegrenzte Nachrichtenfunktion beantwortet werden konnten. Lehrkräfte nutzten Voice Notes, um ihre Unterrichtsstunden aufzuzeichnen, die sie dann an ihre Schülerinnen und Schüler sendeten.

Der Organisation geht es nicht nur darum, Lernenden in abgelegenen Gegenden die gleichen Möglichkeiten zu bieten wie Lernenden in städtischen Gebieten, sondern sie hofft ferner, dass dieser Instant-Messaging-Dienst das Lernen „kontinuierlich und unabhängig von Armut und der Pandemie“ machen wird sowie Mädchen den Zugang zu Bildung ermöglicht.

Der gemeinnützigen Organisation zufolge „ist Bildung die einzige Möglichkeit, wie Mädchen sich ihrer Freiheit sicher sein können. [Sie] wollen sicherstellen, dass nichts und niemand die Tür zu hochwertiger Bildung verschließt, nicht einmal die Pandemie“.

Instant Messaging trägt somit nicht nur zur Erfüllung von SDG 4, sondern auch zu SDG 5 bei, das darauf abzielt, Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen zu erreichen.

Eines der zwischen IEC und ISO gebildeten Unterkomitees, ISO/IEC SC 36, erarbeitet Normen im Bereich der Informationstechnologien für Lernen, Bildung und Ausbildung zur Unterstützung von Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen und zur Ermöglichung der Interoperabilität und Wiederverwendbarkeit von Ressourcen und Werkzeugen.

Solarbetriebene Geräte auf den Philippinen

In Gegenden ohne zuverlässigen Zugang zu Strom wurden von Regierungen und Hilfsorganisationen solarbetriebene Radios, Tablets und Wi-Fi-Sets verteilt, um Distanzunterricht zu ermöglichen.

Auf den Philippinen hat sich beispielweise die Regierung mit der Asian Development Bank (ADB) zusammengetan, um solarbetriebene Transistorradios und andere IT-Ausstattung zu verteilen, um damit den Distanzunterricht von Schülerinnen und Schülern weiterführender Schulen, die aus armen bzw. benachteiligten Familien stammen und in entlegenen Gebieten leben, während und auch nach der COVID-19-Pandemie zu unterstützen.

Im Rahmen der Initiative wurden 6.680 solarbetriebene Transistorradios, 3.500 Android-Tablets und 21 Wi-Fi-LAN-Geräte mit Solarzellenbatterien an Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte von ausgewählten Distanzschulen verteilt.

Die IEC veröffentlicht mehrere Normen für netzunabhängige PV-Geräte und den Zugang zu Strom in entlegenen Gebieten. Die technischen Spezifikationen IEC 62257 enthalten Empfehlungen für kleine erneuerbare hybride PV-Anlagen zur Elektrifizierung ländlicher Gegenden. Die Reihe wurde sowohl von der Weltbank als auch der United Nations Industrial Development Organization (UNIDO), anerkannt, die 2013 ein Abkommen mit der IEC unterzeichneten. Der Vereinbarung zufolge erhalten Entwicklungsländer Zugang zu diesen wichtigen technischen Dokumenten zu einem deutlich reduzierten Preis, wodurch dazu beigetragen wird, abgelegene und benachteiligte Gebiete mit Strom zu versorgen.


Solarmodul in Madagascar
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IEC unterstützt den netzunabhängigen Zugang zu Elektrizität durch neue Norm

Zugang zu bezahlbarer und zuverlässiger Energie ist für jeden Menschen ein Grundbedürfnis. Weltweit haben jedoch noch immer mehr als 700 Millionen Menschen keinen Zugang zu Elektrizität. Der Markt für netzunabhängige Lösungen entwickelt sich seit Jahren allerdings positiv.

Seit Juni 2020 gibt es eine IEC-Veröffentlichung, die Mindestanforderungen an Qualität, Haltbarkeit und Werbegenauigkeit für eigenständige erneuerbare Energieprodukte festlegt.

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Ukrainian School Online

In Teilen der Erde, wo Konnektivität und 5G vorhanden sind, ist Distanzunterricht tendenziell besser entwickelt, d.h. er beinhaltet Videokonferenzen, interaktive Inhalte und immersive Erlebnisse. Während der Pandemie hat eine ukrainische Bildungsorganisation Ukrainian School Online ins Leben gerufen, eine digitale Lernplattform, die auf dem nationalen Lehrplan für Schülerinnen und Schüler der Klassen 5-11 beruht. Die Plattform bietet Videolektionen, Onlinetests und Materialien für das Selbststudium.

Jetzt versucht die Organisation, sicherzustellen, dass 5,7 Millionen ukrainische Kinder im schulpflichtigen Alter, die von dem Konflikt mit Russland betroffen sind (egal ob sie das Land verlassen haben oder nicht), weiter die Möglichkeit zum Lernen haben. Die Organisation hat eine neue Version ihrer Online-Schule entwickelt, die es Lehrkräften nun ermöglicht, die Plattform für Live-Unterricht zu nutzen. Seit Beginn des Krieges haben mehr als 500.000 ukrainische Kinder von 122 Ländern aus auf die Plattform zugegriffen. Die Lehrkräfte können in Polen und die Schülerinnen und Schüler in einem anderen Land sein, aber sie lernen weiterhin nach dem ukrainischen Lehrplan.

Videokonferenzen nutzen neue Tools

Auch in Westeuropa haben sich Videokonferenzen im Bildungsbereich im Laufe der letzten Jahre weiterentwickelt. Eine Innovation, die die Zusammenarbeit im Klassenraum noch einmal auf ein neues Niveau gehoben hat, sind unter anderem die „Whiteboard-Kameras“, die es Lehrkräften ermöglichen, das bekannte Whiteboard in die Video-Klassenräume mitzunehmen. Das ermöglicht Schülerinnen und Schülern und Gastdozierenden, die nicht vor Ort sind, an interaktiven Übungen teilzunehmen als wären sie im Raum.

Im Vereinigten Königreich hat die Coventry University eine soziale Lernplattform aus den USA erworben, um ihren Studierenden besseren Online-Unterricht zu bieten. Während des Lockdowns hat die Universität einige ihrer Inhalte auch Schülerinnen und Schülern als Ergänzung zu deren Unterricht zur Verfügung gestellt.

Laut einem ihrer Direktoren, Stephen Booth, bemüht sich die Universität nun um Videokonferenzanwendungen, die das soziale Lernen in einer hybriden Lernumgebung fördern. Er erzählte dem Magazin TechInformed Anfang des Jahres: „Wir arbeiten mit einigen interessanten Start-ups in den USA im Bereich Konferenztechnologien zusammen, die die Beteiligung direkt messen können und Dozierenden in Echtzeit Feedback geben können, wie sehr sich einzelne Studierende beteiligen, falls eine gezielte Intervention nötig sein sollte.“


Konzept der Zukunftstechnologie 5G-Netzwerk Funksysteme und Internet der Dinge
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Sicherheit fördert Nachhaltigkeit

Drahtlose Technologien wie 5G und das Internet der Dinge (IoT) bilden des Rückgrat unserer digitalen Gesellschaft. Aber auch hier gilt: Es braucht die richtige Balance zwischen Innovation, Geschwindigkeit und Sicherheit.

IEC/TC 106 (DKE/K 742) für die Sicherheit in elektromagnetischen Feldern hat einen neuen strategischen Businessplan verabschiedet, der sich an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung orientiert. Inhaltlich gehören hierzu innovative Sicherheitsstandards für 5G, Smart Cities und Elektrofahrzeuge.

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Virtuelle Realität und 5G

5G-Konnektivität – mit ihrer extrem niedrigen Latenz und hohen Bandbreite – ermöglicht es Lehrkräften ebenfalls, Mixed-Reality-Anwendungen wie Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) über das gesamte Bildungsspektrum hinweg zu nutzen. Ein Telekommunikationsunternehmen aus dem Vereinigten Königreich hat dieses Jahr mit dem Gemeinderat von North Lanarkshire zusammengearbeitet, um den ersten 5G-fähigen Klassenraum in Schottland zu schaffen.

Basierend auf der hohen Qualität der Netzwerkverbindungen, die durch das 5G-Netz des Telekommunikationsunternehmens ermöglicht wurden, schuf ein 360-Grad-Raum eine digitale Projektion, um verschiedene Welten und Gebiete zu immersiven Erlebnissen für Schülerinnen und Schüler zu machen. Das ermöglichte Schülerinnen und Schülern, an besonderen Lernerfahrungen teilzunehmen, wie beispielsweise die Beobachtung von Löwen als wären sie auf einer Safari, die Beobachtung der Nordlichter aus der Nähe oder der Blick vom Gipfel des Mount Everest.

Die schwedische Stadt Kungsbacka testet ebenfalls VR, um Schülerinnen und Schüler mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen, Krankheiten oder anderen Schwierigkeiten, die sie davon abhalten, zur Schule zu gehen, zu unterstützen. Beim Testlauf von Inclubit-360 mussten die nicht vor Ort anwesenden Schülerinnen und Schüler ein VR-Headset tragen, während die Lehrkraft im Klassenraum eine 360°-Kamera hat. Via ihres Browsers können die Schülerinnen und Schüler einer 360°-Übertragung des Klassenraums folgen, was ihnen ermöglicht, mit ihren Lehrkräften und Mitschülerinnen und Mitschülern in Echtzeit zu interagieren.

Herzstück des Projekts ist eine eigene Software, die dafür sorgt, dass die virtuelle Unterrichtsstunde auf einem lokalen Server gehostet werden kann. Anders als bei Livestreams in bekannten sozialen Netzwerken, wo eine Verzögerung von 20-30 Sekunden üblich ist, gibt es bei der Software Inclubit-360 laut Angaben nur eine Verzögerung von etwa einer Sekunde, was den Schülerinnen und Schülern das Gefühl gibt, in Echtzeit zu reagieren. Ein Probelauf in Kungsbacka zeigte, dass sich die Aufmerksamkeit der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler erhöhte und sie eine bessere Lernerfahrung hatten.

SC 24, das gemeinsame Subkomitee von IEC und ISO, normt Schnittstellen für auf Informationstechnologien beruhende Anwendungen in Bezug auf Computergrafiken und Virtual Reality. Dazu gehören Bildbearbeitung, Darstellung von Umweltdaten, Support für Mixed und Augmented Reality und die Interaktion damit.

Die Idee ist, dafür zu sorgen, dass verschiedene Systeme, inklusive Software, interagieren können, wodurch ihre Kosten gesenkt werden, wenn sie standardisierte Spezifikationen übernehmen. In Zukunft sollte dies auch weniger reichen Schwellenländern den Zugang zu diesen Technologien ermöglichen.


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