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30.11.2014 Projekt

DC-Sicherheit

Auswirkung von Gleichstrom (DC) auf den menschlichen Körper im Rahmen der Elektromobilität und versorgender DC-Infrastruktur

Das Projekt ist abgeschlossen.

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BMWi

Projektlaufzeit: 01.08.2012 – 30.11.2014

Projekt-Coordinator: DKE, Bereich DKE Standardisierung + Innovationen

gefördert durch: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)

Kontakt
Henriette Boos
Dirk Barthel
Verwandte VDE Themen

Meilensteine

13.12.2013     
Workshop "DC-Sich" in Frankfurt am Main   

03.04.2014     
Erster internationaler Workshop DCSich am Rande der Messe „Light and Building“ in Frankfurt am Main  

17.11.2014     
Workshop "Gleichstrom im Niederspannungsbereich" in Frankfurt am Main    

Projektziel

Durch aktuelle Anwendungen wie z. B. Photovoltaik oder Elektromobilität mit hohen Gleichspannungen (über 200V) ergeben sich mögliche Gefährdungen, die bislang nicht im Fokus einer Sicherheitsphilosophie standen.

Durch diese Entwicklung ergibt sich die Notwendigkeit, die bisherigen Erkenntnisse der Wirkung hoher Gleichströme auf den Menschen kritisch auszuwerten. Auf dieser Basis sollen Sicherheitsgrenzwerte bestätigt oder neu aufgestellt werden und entsprechende Schutzkonzepte entwickelt werden. Die Schutzkonzepte sollen in Normen überführt und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Es ist vorgesehen, die Öffentlichkeit und insbesondere die Fachöffentlichkeit über geeignete Informationskanäle zu unterrichten.

Zielsetzung aus Sicht der DKE

Durch eine Beteiligung an dem Projekt von Anfang an, soll eine flexible und reibungslose Überführung der im Projekt erarbeiteten Schutzkonzepte in die entsprechenden Normungs- und Standardisierungsprozesse auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene erfolgen. Um die Anzahl von normativen Dokumenten zu begrenzen, steht die Überarbeitung bestehender Normen und Spezifikationen im Vordergrund. Das Erarbeiten neuer Normen und Spezifikationen ist vorgesehen, wenn im Aufgabenbereich noch keine entsprechenden Dokumente zur Verfügung stehen.

Ein weiteres Ziel ist es, die während des Projektes gefundenen Grenzwerte und Schutzkonzepte für hohe Gleichspannungen in nationale Vorschriften einfließen zu lassen. Die Mitarbeit erfolgt neben der Normungs- und Standardisierungsarbeit auch in der Organisation von Workshops und der Verbreitung von Ergebnissen und Leistungen.

Verbundpartner

  •     VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.
  •     Forschungs- und Transferzentrum Leipzig e.V. an der Hochschule für Technik,
        Wirtschaft und Kultur Leipzig

Sicherheit in Gleichstromanwendungen

Neue Herausforderungen?

Zu Beginn der Elektrifizierung gab es einen Wettbewerb zwischen den Befürwortern der Nutzung von Gleichspannung und der von Wechselspannung. Ein Beispiel hierzu ist mit der Einführung der elektrischen Beleuchtung in New York eindrucksvoll dokumentiert.

Nachdem sich für die allgemeine Nutzung die 50- bzw. 60-Hz-Wechselspannung durchgesetzt hatte, beschränkte sich die Nutzung der Gleichspannung auf Inselanwendungen (z. B. Bordnetze von Fahrzeugen oder industrielle Anwendungen). Zum Teil wurden und werden dabei durchaus höhere Gleichspannungen eingesetzt. Beispielhaft sei hier die Londoner U-Bahn genannt, die mit 600 V Gleichspannung betrieben wird.

Bei den batterieversorgten Anwendungen war die Spannung üblicherweise so gering, dass keine weitergehenden Schutzmaßnahmen zur Abwehr von Gesundheitsgefahren durch den elektrischen Strom erforderlich waren. Bei Anwendungen mit höherer Gleichspannung im gewerblichen Bereich verzeichnete die Berufsgenossenschaft dennoch alleine im Jahr 1969 in der Bundesrepublik Deutschland fast 350 Stromunfälle. Bis 1980 wurde ihre Anzahl auf ca. 100 pro Jahr verringert und schwankt seit der Wiedervereinigung zwischen 100 und 150 jährlich. 90 % dieser Gleichstromunfälle entfielen auf den Niederspannungs- (Gleichspannungen bis 1 500 V) und 10 % auf den Hochspannungsbereich.

Normen zum Schutz des Menschen vor Gefährdungen durch elektrische Spannungen sind mit die wichtigsten Quellen für richtiges Handeln. Im Bereich der Elektrotechnik sind hierzu die Normen der Reihe DIN VDE 0100, DIN EN 61140 (VDE 0140-1), DIN IEC/TS 60479-1 (VDE V 0140-479-1) sowie die Normen für die Isolierung elektrischer Leiter am Bekanntesten. Für den Blitzschutz sind die Normen und Beiblätter der Reihe DIN EN 62305 (VDE 0185-305) maßgeblich.

Für Gleichspannungen existieren zwar grundlegende Festlegungen und Schutzkonzepte, jedoch ist aufgrund der in den letzten Jahrzehnten vergleichsweise geringen wirtschaftlichen Bedeutung der Gleichspannung im Bereich einiger hundert Volt die Erfahrungsbasis deutlich kleiner als bei Wechselspannung. In den nächsten Jahren wird eine enorm wachsende Bedeutung von Gleichspannungsanwendungen in der Energie- und Antriebstechnik erwartet. Durch Fortschritte bei Leistungshalbleitern werden dabei Konzepte Verwendung finden, die vor wenigen Jahren noch nicht wirtschaftlich realisierbar waren.

Gleichspannungsanwendungen werden in vielen Bereichen des Arbeits- und Privatlebens auftreten. Beispielhaft seien fünf Bereiche mit besonderem Entwicklungspotenzial genannt:

  • Elektromobilität
    Die für die Elektromobilität erforderliche Energie wird im Fahrzeug in Batterien gespeichert, die mit hohen Gleichspannungen arbeiten. Sicherheitskonzepte für die Verteilung im Fahrzeug müssen neu überdacht werden.
  • Antriebstechnik
    Aufgrund der guten Regelbarkeit und ihres Drehmomentverlaufs wird der Einsatz von elektrischen Antrieben auch in der Landwirtschaft und bei Baumaschinen untersucht und in ersten Prototypen erprobt.
  • Dezentrale Energieversorgung
    Beim Einsatz von Solarzellen, Batterien oder Brennstoffzellen, aber auch bei Stromrichtern für Windkraftanlagen treten Gleichspannungen im Bereich mehrerer hundert Volt auf.
  • DC-Versorgung in der Wohnung
    Gleichspannungsversorgung erhöht die Energieeffizienz aufgrund vermiedener Umwandlungsverluste. Als Verbraucher kommen dabei z. B. Multimedia-Systeme in Betracht.
  • Akkubetriebene Haushaltsgeräte, Werkzeuge und Kleinfahrzeuge
    In den letzten Jahren wurden vermehrt leistungsstarke akkubetriebene Elektrogeräte auf den Markt gebracht, wie z. B. Akkurasenmäher und Elektro-Außenbordmotoren. Weitere Gerätekategorien sind zu erwarten.

Eine Anfang 2014 durchgeführte Recherche im Deutschen Normenwerk hat bezüglich des Einsatzes von Gleichspannung folgende Ergebnisse erzielt:

  • DIN 29576-1:1992-05:
    Die in einem Bordnetz eines Luftfahrzeugs erzeugte Spannung darf +250 V bzw. –250 V nicht überschreiten.
  • DIN EN 1175-3 (VDE 0117-3):2011-06:
    Sicherheitsanforderungen mit Nennspannungen bis 240 V für Flurförderzeuge;
    Gleichstrommotoren bis 240 V müssen die Anforderungen des Anhangs B von DIN EN 1175-1 (VDE 0117-1) erfüllen, Gleich- und Wechselstrommaschinen mit Nennspannungen bis 600 V die Anforderungen der Normen der Reihe DIN EN 60349 (VDE 0115-400).
  • DIN EN 15194:2012-02:
    Anforderungen und Prüfverfahren zur Bewertung der Konstruktion und des Zusammenbaus von elektromotorisch unterstützten Fahrrädern und deren Baugruppen für Anlagen mit einer Batteriespannung bis 48 V DC oder einem eingebauten Batterieladegerät mit einem Spannungseingang von 230 V AC.
  • Normen der Reihe DIN EN 50123 (VDE 0115-300):
    Bahnanwendungen – Gleichstrom-Schaltanlagen und Steuereinrichtungen in ortsfesten Anlagen mit einer Nennspannung von höchstens 3 000 V DC.
  • DIN EN 50162 (VDE 0150):2005-05:
    Schutz gegen Korrosion durch Streuströme aus Gleichstromanwendungen.
  • Normen der Reihe DIN CLC/TS 50457 (VDE V 0122-2):
    Gleichstrom-Ladestation für Elektrofahrzeuge.
  • DIN EN 60077-3 (VDE 0115-460-3):2003-04:
    Bahnanwendungen – Leistungsschalter, deren Hauptkontakte mit einem Leistungs- und/oder Hilfsbetriebsstromkreis mit Gleichspannungen nicht über 3 000 V verbunden sind.
  • DIN EN 60519-3 (VDE 0721-3):2006-01:
    Zugängliche Steckdosen für Gleichspannungen über 500 V müssen unverwechselbar sein und müssen vor oder während des Trennens automatisch abgeschaltet werden, um Gefahren für das Personal zu vermeiden.
  • DIN EN 60700-1 (VDE 0553-1):2013-11:
    Hochspannungs-Gleichstrom-Energieübertragung.
  • DIN EN 60900 (VDE 0682-201):2013-04:
    Isolierte Handwerkzeuge, die zum Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen oder in deren Nähe bei Nennspannungen bis 1 500 V DC benutzt werden können.
  • DIN EN 61643-21 (VDE 0845-3-1):
    Überspannungsschutzgeräte zum Schutz von Einrichtungen in Telekommunikations- und signalverarbeitenden Netzwerken mit Nennspannungen bis 1 500 V DC.
  • DIN EN 61800-1 (VDE 0160-101):1999-08:
    Gleichstromantriebssysteme.
  • DIN EN 61851-1 (VDE 0122-1):2013-04:
    Einrichtungen zum Laden innerhalb und außerhalb von Elektrofahrzeugen an Gleichspannungen bis 1 500 V.
  • DIN VDE 0636-3011 (VDE 0636-3011):1999-05:
    Sicherungen überwiegend für Hausinstallationen und ähnliche Anwendungen mit Gleichspannungen bis 600 V.
  • Entwurf DIN EN ISO 16230-1:2014-02:
    Leitlinien zur Sicherheit von elektrischen Systemen in Landmaschinen und Traktoren mit Nennspannungen von 50 V bis 1 000 V Wechselspannung oder 75 V bis 1 500 V Gleichspannung.
  • VDE-AR-E 2100-712:2013-05:
    Maßnahmen für den DC-Bereich einer Photovoltaikanlage zum Einhalten der elektrischen Sicherheit im Falle einer Brandbekämpfung oder einer technischen Hilfeleistung.

Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Untersuchung „Auswirkungen von Gleichstrom (DC) auf den menschlichen Körper im Rahmen der Elektromobilität und versorgender DC-Infrastruktur – DCSich“ wird vom Forschungs- und Transferzentrum Leipzig e.V., dem VDE-Ausschuss Sicherheits- und Unfallforschung sowie der DKE  Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE durchgeführt. Sie soll bis Ende 2014 klären, ob die derzeitigen Sicherheitsanforderungen, Schutzkonzepte und Grenzwerte auch für die neuen Anwendungen ausreichend oder aber zusätzliche Anforderungen oder modifizierte Schutzkonzepte und Grenzwerte erforderlich sind.

Nationale und internationale Workshops

Die DKE führte im Dezember 2013 einen nationalen und im April 2014 einen internationalen Workshop durch1). Insgesamt 150 Experten aus 6 Ländern (AT, DE, FR, IT, NL und SE) diskutierten die vorgestellten Erkenntnisse und Konzepte. Wichtige Ergebnisse der Workshops sind im Folgenden wiedergegeben.

Laut DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) bewirkt ein elektrischer Gleichstrom über 300 mA und 50 s Dauer unter anderem das Platzen der roten Blutkörperchen mit Austritt von Hämoglobin und der Gefahr des Nierenversagens. Thrombosen können auch einige Zeit nach der Durchströmung schädigende Wirkungen entfalten. Konventionelle Zeit/Stromstärke-Bereiche mit Wirkungen von Gleichströmen auf Personen bei Längsdurchströmung sind in Bild 22 der DIN IEC/TS 60479-1 (VDE V 0140-479-1) von Mai 2007 dargestellt:

DC-Sich Artikel 2 Bild 1

Im Bereich DC-1 tritt eine leicht stechende Empfindung beim Ein- und Ausschalten oder bei schneller Änderung der Stromstärke auf. Im Bereich DC-2 sind unwillkürliche Muskelkontraktionen wahrscheinlich, besonders beim Ein- und Ausschalten oder bei schneller Änderung des Stroms; es treten aber üblicherweise keine schädlichen physiologischen Wirkungen auf. Im Bereich DC-3 kommt es zunehmend mit Stromstärke und Durchströmungsdauer zu starken unwillkürlichen Muskelkontraktionen und reversiblen Störungen der Reizbildung und Reizleitung im Herzen; im Allgemeinen ist jedoch kein organischer Schaden zu erwarten. Im Bereich DC-4 können pathophysiologische Wirkungen wie Herzstillstand, Atemstillstand und Verbrennungen oder andere Zellschäden auftreten; die Wahrscheinlichkeit von Herzkammerflimmern steigt mit Stromstärke und Durchströmungsdauer an.

Bei Durchströmungsdauern unter 200 ms tritt Herzkammerflimmern nur auf, wenn die entsprechenden Schwellenwerte in der vulnerablen Periode überschritten werden. Hinsichtlich des Herzkammerflimmerns bezieht sich das Bild auf die Wirkungen des Stroms beim Stromweg von der linken Hand zu den Füßen. Bei anderen Stromwegen muss der Herzstromfaktor berücksichtigt werden.

Zum Auftreten von Herzkammerflimmern (Flimmerschwelle) aufgrund der Einwirkung von gleichgerichteten elektrischen Strömen wurden in den frühen 1970er Jahren experimentelle Untersuchungen an Schweinen durchgeführt (veröffentlicht 1975 durch Jacobsen, Buntenkötter und Reinhard in „Biomedizinische Technik / Biomedical Engineering“ 20 (3), Seiten 99–107). Aufgrund der vergleichbaren Physiologie war die Übertragung der Ergebnisse auf den Menschen möglich.

Die in DIN IEC/TS 60479-1 (VDE V 0140-479-1) von Mai 2007 enthaltenen weiteren Angaben zur Wirkung von Gleichstrom auf den menschlichen Körper werden im Rahmen des DCSich-Projekts überprüft. Sollten sich Änderungen ergeben, werden diese international eingebracht und in einer Neuausgabe der Vornorm berücksichtigt werden. Die beiden Workshops zeigten jedoch, dass die derzeitigen Konzepte und Grenzwerte für gesunde Menschen voraussichtlich bestätigt werden können.

In DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) von Juni 2007 ist die Grundregel des Schutzes gegen elektrischen Schlag formuliert. Sie lautet, dass gefährliche aktive Teile nicht berührbar sein dürfen und berührbare leitfähige Teile weder unter normalen Bedingungen noch unter Einzelfehlerbedingungen zu gefährlichen aktiven Teilen werden dürfen. DIN VDE 0100 gilt zwar nur für das Errichten von Niederspannungsanlagen, der formulierte Grundsatz ist aber auf alle Anwendungen, die mit elektrischen Spannungen arbeiten, anwendbar.

Im internationalen Workshop wurde eine Verringerung der in der DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) zugrunde liegenden IEC 60364-4-41 spezifizierten maximal zulässigen Abschaltzeiten für Gleichstrom vorgeschlagen. Deren Begründung ist im Rahmen des Projekts zu untersuchen. Sollte sich die Notwendigkeit der Änderung bestätigen, sollte ein entsprechender Norm-Entwurf zur Änderung der DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) möglichst zeitnah veröffentlicht werden. Gleichzeitig muss der Änderungsvorschlag zur IEC 60364-4-41 international eingebracht und dort vertreten werden. So wird er anschließend in einer Neuausgabe der DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) ihren Niederschlag finden.

In beiden Workshops wurde konkret gefordert, dass Fehlerstromschutzeinrichtungen (RCDs) für Gleichstromsysteme entwickelt werden müssen, die die Stromversorgung bei einem Differenz-Gleichstrom von höchstens 150 mA innerhalb von höchstens 40 ms zuverlässig abschalten.

In den Workshops noch nicht angesprochene weitere Aufgabenstellungen sind:

VDE-AR-E 2100-712 von Mai 2013 enthält Empfehlungen zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit eines elektrischen Schlags für Einsatzkräfte im Brandfall, die daraus erwächst, dass Photovoltaik-Module unter Lichteinwirkung Spannung produzieren können, auch wenn die Wechselspannungsseite vom Netz getrennt ist. Sie gilt für die Lade-Infrastruktur von Elektrofahrzeugen daher nur in den Fällen, dass diese von Photovoltaik-Anlagen gespeist werden.

Für Elektrofahrzeuge selbst interessanter ist da schon die künftige DIN EN ISO 16230-1 (zurzeit Entwurf von Februar 2014). Sie gilt zwar für die Sicherheit von elektrischen und elektronischen Bauteilen und Systemen mit höherer Spannung von Landmaschinen und Traktoren, die Konzepte und Anforderungen sollten aber auf alle elektrisch angetriebenen Fahrzeuge übertragbar sein. Auch dies ist im Rahmen des Projekts zu überprüfen.

 1)    Referenten des ersten (nationalen) Workshops waren:

  •     Dipl.-Ing. Dirk Barthel, DKE  Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE, Frankfurt am Main,
  •     Prof. Dr. med. Eduard David, Zentrum für Elektropathologie und Umweltmedizin, Witten,
  •     Dipl.-Ing. Reinhard Hirtler, Gemeinnützige Privatstiftung Elektroschutz, Wien,
  •     Dr. Christian Rückerl, Forschungs- und Transferzentrum Leipzig e.V.,
  •     Dipl.-Ing. Claus-Dieter Ziebell, Siemens AG, Regensburg.

Referenten des zweiten (internationalen) Workshops waren:

  •     Ulrich Boeke, Philips Research Laboratories, Aachen,
  •     Prof. Dr. med. Eduard David, Zentrum für Elektropathologie und Umweltmedizin, Witten,
  •     Dr. rer. nat. Klaus Haverkamp, Physiologisches Institut der Universität Freiburg i. Br.,
  •     Dipl.-Ing. Reinhard Hirtler, Gemeinnützige Privatstiftung Elektroschutz, Wien,
  •     Dr. Christian Rückerl, Forschungs- und Transferzentrum Leipzig e.V.,
  •     Dipl.-Ing. Claus-Dieter Ziebell, Siemens AG, Regensburg.

Internationales Arbeitsschutz-Symposium

Am 28. August 2014 führten DKE, VDE und Berufsgenossenschaft Energie, Textil, Elektro und Medienprodukte (BG ETEM) zusammen mit der International Social Security Association (ISSA) in Frankfurt am Main das internationale Arbeitsschutz-Symposium „Electricity and Safety in the 21st Century“ durch. 102 Experten aus 19 Ländern1) diskutierten aktuelle Erkenntnisse und Vorhaben.

Thomas Bömer vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) Sankt Augustin stellte neue Entwicklungen elektronischer Schutzeinrichtungen von Maschinen vor (en.: electro-sensitive protective equipment, ESPE). Er identifizierte einen Bedarf für 3D-ESPE insbesondere für selbstfahrende Fahrzeuge und den Einsatz von Robotern, die unmittelbar mit Menschen zusammenarbeiten. Die normativen Anforderungen dazu sollen durch das Technische Komitee 44 „Safety of machinery – Electrotechnical aspects“ der IEC ausgearbeitet und in einer Neuausgabe der IEC 61496-3 publiziert werden – und damit in einer Neuausgabe der DIN CLC/TS 61496-3 (VDE V 0113-203) „Sicherheit von Maschinen – Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen – Teil 3: Besondere Anforderungen an aktive optoelektronische diffuse Reflektion nutzende Schutzeinrichtungen (AOPDDR)“ münden.

Reinhard Hirtler von der Gemeinnützigen Privatstiftung Elektroschutz Wien fasste den derzeitigen Stand von Fehlerschutz und Abschaltzeiten in Niederspannungsnetzen nach DIN VDE 0100-410 (international: IEC 60364-4-41) zusammen. Ausführlich ging er auf die Entwicklung der IEC 60479-1 und die dort dargestellten Grundsätze ein (deutsch siehe DIN IEC/TS 60479-1 (VDE V 0140-479-1) „Wirkungen des elektrischen Stroms auf Menschen und Nutztiere – Teil 1: Allgemeine Aspekte“).

Christian Rückerl vom Forschungs- und Transferzentrum Leipzig vertiefte die Darstellung der Wirkungen von Gleichstrom auf den menschlichen Körper (siehe den bereits veröffentlichten Artikel zu „Herausforderung Elektromobilität“). Er schloss damit, dass bei Gleichstrom, anders als bei Wechselstrom, elektrochemische Effekte zu beachten sind. Weiterhin ist die Eintrittsschwelle des „galvanischen Krampfs“ bisher noch nicht bestimmt.

Etienne Tison von Schneider Electric (Grenoble, FR), Vorsitzender des für die Errichtung von Niederspannungsanlagen verantwortlichen internationalen Technischen Komitees 64 „Electrical installations and protection against electric shock“ der IEC, informierte über geplante Arbeiten auf diesem Gebiet. Diese werden in Normen der Reihe DIN VDE 0100 ihren Niederschlag finden. In IEC 61140 sollen Anforderungen zu RCDs sowie Aussagen zu Schutzmaßnahmen gegen derzeit noch nicht behandelte Effekte wie Unfähigkeit, Loszulassen, Muskelreaktionen und Verbrennungen aufgenommen werden.

Im Bereich der DIN VDE 0100 (Reihe IEC 60364) sollen alle Schutzmaßnahmen im Hinblick auf die neuen Anwendungen von Gleichspannungen überprüft und ggf. bei Produktkomitees die Erstellung von Normen für einzusetzendes Gerät initiiert werden. Dieses soll durch Anleitungen zu Auswahl und Verwendung geeigneter Schutzeinrichtungen ergänzt werden. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt auch die Art des Erdungssystems der Anlage sowie die konsequente Trennung von Leitungen unterschiedlicher Spannungsformen und -höhen.

Holger Schau von der Technischen Universität Ilmenau gab einen Überblick über seine Untersuchungen zum Schutz vor Gefahren durch Wechselspannungs- und Gleichspannungslichtbögen. Er stellte den in USA üblichen „open arc test“ nach IEC 61482-1-1 dem in Europa üblichen „box text“ nach IEC 61482-1-2 gegenüber. Beide resultieren in Schutzklassen, sind aber nicht kompatibel. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Untersuchungen lag auf der Sicherheit von Batterien und den thermischen Effekten der von diesen gespeisten Gleichspannungslichtbögen. Seine Erkenntnisse sind insbesondere für die Sicherheit von Elektrofahrzeugen von Bedeutung.

Friedrich Kramm von der Exide GmbH (Büdingen) vertiefte das Thema Sicherheitsanforderungen für Batterien und neue Batterietechnologien. Er schloss mit einem Ausblick auf derzeit laufende Normungsarbeiten zu Batterien auf Lithiumbasis in verschiedenen Anwendungen. Schließlich erklärte er für sein Technisches Komitee die Bereitschaft, anwendungsorientierte Normen als von der eingesetzten Batterietechnologie unabhängige Anleitungen für den richtigen Einsatz der Batterien zu erstellen.

Hugh Hoagland von ArcWear (Louisville, USA) zeigte in eindrucksvollen Bildern die Möglichkeiten, sich durch geeignete Schutzkleidung gegen Verbrennungen durch Lichtbögen zu schützen.

Als Abschluss folgten noch Informationen zum Thema „Smart Grids and Safety Aspects“. Jamie McWilliam von der energy networks association (London) gab einen Überblick über Organisation und Entwicklung der Energieversorgung in Großbritannien, Jiang Shen über Ideen und Erfahrungen in der Volksrepublik China.


1) Angola, Chile, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kolumbien, Kuba, Litauen, Nigeria, Österreich, Peru, Paraguay, Rumänien, Tschechische Republik, Ungarn, Uruguay und USA.

Abschluss

Zum 30. November 2014 lagen die Ergebnisse vor. Auf diese soll nun weiter aufgebaut werden.

Im Abschlussworkshop am 17. November 2014 in Frankfurt am Main wurden sowohl die Ergebnisse des Projektes vorgestellt und diskutiert als auch der Startschuss für die Normungsroadmap „Gleichstrom im Niederspannungsbereich“ gegeben.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beschreibungen der Wirkungsbereiche in den Normen überarbeitet werden sollten. Die für die praktischen Anwendungen wichtigen Kurven der Flimmerschwelle (Kurven c1, c2 und c3 nach Bild 22 der DIN IEC/TS 60479-1 (VDE V 0140-479-1) von Mai 2007) können dagegen bestätigt werden.


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