Elektromüll auf einem Haufen
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22.09.2022 Fachinformation

Sicherere, umweltfreundlichere Elektronik

Millionen von Tonnen Elektronikschrott fallen jährlich an. Grund genug, einen Blick auf die umweltverträgliche Entsorgung zu werfen und hier zum Schutz von Mensch und Umwelt lenkend einzugreifen.

IEC-Logo
IEC

Von Claire Marchand

IECQ, das IEC Quality Assessment System for Electronic Components, hat die perfekte Lösung für Hersteller und Lieferanten entwickelt, die elektronische Bauelemente ohne den Einsatz gefährlicher Stoffe herstellen bzw. vertreiben möchten: das IECQ Hazardous Substance Process Management Scheme (HSPM-System).

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Dr. Tim Brückmann
Zuständiges Gremium
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Es ist allgemein bekannt, dass Entwicklungsländer über viele Jahre hinweg als Mülldeponie für veraltete Elektro- und Elektronikgeräte aus Industrieländern dienten. Und das trotz des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, ein internationaler Vertrag, der darauf ausgerichtet ist, die Verbringung gefährlicher Abfälle, einschließlich Elektro- bzw. Elektronikabfälle, von einem Land in ein anderes, insbesondere von Industrieländern in Entwicklungsländer, zu reduzieren.

Das Basler Übereinkommen wurde im März 1989 geschlossen und trat im Mai 1992 in Kraft. Während Elektro- bzw. Elektronikabfälle zum Zeitpunkt des Beschlusses vor dreißig Jahren kaum eine Schlagzeile wert waren, sieht die Situation im zunehmend digitalen 21. Jahrhundert ganz anders aus. Heute werden Elektro- bzw. Elektronikabfälle in Millionen Tonnen angegeben, wovon ein Teil auf Mülldeponien landen kann, die nicht selten in den Randbezirken großer Städte liegen. Laut „Global E-Waste Monitor 2020“ werden allerdings nur 17,4 % der Elektro- bzw. Elektronikabfälle, die weltweit produziert werden, in einer umweltverträglichen Art und Weise gesammelt bzw. verwertet.

Dadurch stellt sich die Frage nach den restlichen 82,6 %: Wo landen die Produkte und wie werden sie verwertet, wenn sie ihren Zielort erreicht haben? In der Theorie sieht das Szenario so aus, dass die Geräte im Zielland repariert und als Gebrauchtartikel zu günstigen Preisen weiterverkauft werden. In der Realität scheint es aber häufig so, dass besonders im Fall von Smartphones, Tablets oder Computern die wertvollen Teile und Metalle ausgebaut werden, bevor sie auf einer Mülldeponie entsorgt werden.

2020 machte die Schweiz, zusammen mit Ghana, den Vorschlag, das Basler Übereinkommen dahingehend zu modifizieren, dass sämtliche Elektro- bzw. Elektronikabfälle, die über Grenzen transportiert werden, die vorherige Genehmigung des Ziellands benötigen, selbst wenn die Elektro- bzw. Elektronikabfälle ungefährlich sind. Aktuell werden gemäß Basler Übereinkommen Elektro- bzw. Elektronikabfälle, die als gefährlich klassifiziert sind und in ein anderes Land transportiert werden, kontrolliert. Das gilt allerdings nicht für ungefährliche Elektro- bzw. Elektronikabfälle.


Bodenverschmutzung durch Elektroschrottrecycling
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Globale Bemühungen zur Bewältigung des Elektroschrottproblems

Elektroschrott ist ein großes Problem, das durch die technologische Weiterentwicklung stetig zunimmt. Es bedarf daher globaler Ansätze, um dieses Problem zielgerichtet zu adressieren.

Die elektrotechnische Normung investiert viele Ressourcen in die Erarbeitung von Normen, Standards und Richtlinien, um die anfallende Menge an Elektroschrott zu verringern.

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Gefährliche Stoffe im Inneren

Das Problem bei Elektronikgeräten ist, dass sie nach wie vor giftiges Material enthalten können. Für die Herstellung von Elektronikgeräten und ihrer Bauelemente werden chlorierte Lösemittel, bromierte Flammschutzmittel, PVC, Schwermetalle, Kunststoffe und Gase verwendet. Diese giftigen Materialien stellen eine ernsthafte Gesundheitsgefährdung für die Personen dar, die mit ihnen in Kontakt kommen, wenn sie diese Müllberge auseinandernehmen. Diejenigen, die mit dem Elektronikschrott im Rahmen der Entsorgung in Berührung kommen, wissen in der Regel nicht, wie gefährlich es ist, diesen Materialien ausgesetzt zu sein. Das stellt ein zusätzliches Gesundheitsrisiko für die Menschen dar, die ohnehin schon unter katastrophalen Bedingungen leben.

Solche Risiken betreffen jedoch nicht nur die Personen, die am Ende des Lebenszyklus der Geräte mit diesen hantieren. Tatsächlich betreffen sie bereits diejenigen, die die Geräte und ihre Bauelemente herstellen. Auch sie sind giftigen Stoffen ausgesetzt, die Teil des Herstellungsprozesses sind. Sogar Endnutzer können gefährdet sein, indem sie, insbesondere als Folge von Fehlfunktionen oder defekten Teilen, schädlichen Materialien ausgesetzt sind oder durch diese verletzt bzw. krank werden.

Rechtsvorschriften zur Beschränkung der Verwendung gefährlicher Stoffe

Um das Problem von Elektro- bzw. Elektronikabfällen im Allgemeinen und von gefährlichen Stoffen im Besonderen zu lösen, haben viele Länder und regionale Behörden entsprechende Rechtsvorschriften erlassen. Die Europäische Union (EU) hat zwei Richtlinien zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (en: Restriction of Hazardous Substances in Electrical and Electronic Equipment, RoHS) und zu Elektro- und Elektronik-Altgeräten (en: Waste from Electrical and Electronic Equipment, WEEE) erlassen.

Die WEEE-Richtlinie trat im Februar 2003 und die RoHS-Richtlinie im Juli 2006 in Kraft. Beide Richtlinien wurden seither überarbeitet, die RoHS-Richtlinie im Jahr 2011 und die WEEE-Richtlinie 2012. Im Hinblick auf eine Überarbeitung der RoHS-Richtlinie hat die EU-Kommission im Januar 2017 einen Legislativvorschlag zu Anpassungen im Anwendungsbereich der Richtlinie verabschiedet. Eine weitere EU-Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (en: Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals, REACH) trat im Juni 2007 in Kraft. Sie befasst sich mit chemischen Stoffen und ihrer sicheren Verwendung und zielt darauf ab, den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt durch besseres und schnelleres Erkennen der inhärenten Eigenschaften chemischer Stoffe zu verbessern. Die REACH-Verordnung wird derzeit überarbeitet und die EU-Kommission wird Ende 2022 einen Vorschlag hinsichtlich ihrer Überarbeitung präsentieren.

Die EU-Länder sind nicht die einzigen, die die Verwendung gefährlicher Stoffe drastisch eingeschränkt haben. Viele Industrieländer weltweit, darunter Australien, China, Norwegen, Südkorea, die Schweiz, Thailand und die Vereinigten Staaten, sind ihrem Beispiel gefolgt und haben eigene Rechtsvorschriften erlassen. Es gibt zudem Programme, die es Herstellern und Lieferanten von elektronischen Bauelementen, die in sämtlichen modernen Geräten verwendet werden, ermöglichen, sicherzustellen, dass ihre Produkte nur äußerst geringe Mengen an gefährlichen Stoffen bzw. gar keine gefährlichen Stoffe enthalten.

Besonders eines, das von IECQ, dem IEC Quality Assessment System for Electronic Components, entwickelt wurde, bietet die perfekte Lösung für Hersteller und Lieferanten, die elektronische Bauelemente ohne den Einsatz gefährlicher Stoffe herstellen bzw. vertreiben möchten: das IECQ Hazardous Substance Process Management Scheme (HSPM-System).


Nachhaltigkeitskonzept, dargestellt mit Sprechblasenstickern
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Circular Economy – Normung als Rückgrat einer nachhaltigen gesamtwirtschaftlichen Produktion

Die Circular Economy (Kreislaufwirtschaft) ist das Gegenmodell zur Linearwirtschaft, die seit Beginn der Industrialisierung die weltweiten Wirtschaftsmodelle dominiert hat. Ziel dieser Circular Economy ist eine Erhöhung der Ressourceneffizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette, insbesondere mit Blick auf die endlichen Ressourcen des Planeten.

Normen und Standards helfen dabei, dieses Ziel schon bei der Produktion zu berücksichtigen.

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Eine wirklich globale Lösung

IECQ HSPM ist ein technisch basierter Managementsystemansatz zur Einführung und Instandhaltung von Produkten und Herstellungsprozessen ohne gefährliche Stoffe. IECQ HSPM wurde entwickelt, damit Bauelementehersteller den Lieferanten die benötigten Mittel an die Hand geben können, damit diese durch eine externe Bewertung nachweisen können, dass ihre elektrischen und elektronischen Bauelemente und Baugruppen bestimmte lokale, nationale und internationale Anforderungen an das Nichtvorhandensein gefährlicher Stoffe erfüllen.

Viele Unternehmen arbeiten heute daran, eine IECQ-HSPM-Zertifizierung nach IECQ QC 080000, IEC Quality Assessment System for Electronic Components (IECQ System) - Hazardous Substance Process Management (HSPM) System Requirements, zu erlangen. Die vierte Ausgabe, die im Mai 2017 veröffentlicht wurde, legt dar, wie Unternehmen IECQ QC 080000 dazu nutzen können, ihre gefährlichen Stoffe zu handhaben ohne eingeschränkte Stoffe völlig zu entfernen oder ihre Verwendung in Produkten zu vermeiden. Die Verwendung der 4. Ausgabe von IECQ QC 080000 bringt viele Vorteile, unter anderem:

  • Anpassung an weltweit zunehmende Rechtsvorschriften zu gefährlichen Stoffen. Beispielsweise zusätzliche kontrollierte Stoffe, Änderungskontrolle, Produktrückruf gemäß REACH-Verordnung, Informationsübermittlung innerhalb der Lieferkette sowie Meldung von besonders besorgniserregenden Stoffen (en: substances of very high concern, SVHC) an die Europäische Chemikalienagentur (ECHA);
  • Erweiterung der dokumentierten Informationsanforderungen als Reaktion auf die geltenden gesetzlichen und behördlichen Verpflichtungen. Beispielsweise können Anforderungen in der neugefassten RoHS-Richtlinie, wie Konformitätsbewertung, Erstellung technischer Unterlagen, Erstellung von Selbsterklärungen, Verwendung von Kennzeichnungen usw., nun über IECQ QC 080000 verwaltet werden.

Die neue Ausgabe ist auch an ISO 9001:2015Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen, angepasst und hat den ISO-Anhang SL übernommen, der die neue übergeordnete Struktur für sämtliche ISO-Standards für Managementsysteme definiert. Die Prozesse zur Identifizierung, Kontrolle, Quantifizierung und Meldung der Menge an gefährlichen Stoffen in elektrotechnischen Geräten oder deren Bauelementen müssen ausreichend detailliert definiert und verstanden werden, um allen relevanten interessierten Kreisen das Nichtvorhandensein gefährlicher Stoffe in einem Gerät zu versichern. Die Prozesse müssen angemessen dokumentiert und in einer kontrollierten und konsistenten Art und Weise durchgeführt werden, um

  • die Überprüfung der Erfüllung bzw. Einhaltung geltender Kundenanforderungen und Vorschriften zu erleichtern,
  • effiziente und effektive Konformitätsprüfungen zu ermöglichen,
  • die konsistente Verwendung in Unternehmen und ihrer Lieferkette zu erleichtern und
  • eine Harmonisierung der Verfahren zur Konformitätsprüfung und Durchsetzung zu ermöglichen.

Der gesamte Prozess trägt dazu bei, technische Barrieren für den Handel mit Produkten weltweit zu reduzieren.


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