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11.10.2024 Fachinformation

Der Kampf um Relevanz

Simon Barrowcliff ist neuer IECEE-Vorsitzender. Anlässlich seines Amtsantritts sprach IEC e-Tech mit ihm über die wichtigsten Prioritäten seiner Amtszeit, neue geplante Dienstleistungen und darüber, wie die IECEE in einer sich schnell verändernden, hochtechnisierten elektrotechnischen Welt relevant bleiben kann.

Ein Beitrag von Clare Naden für IEC e-Tech.

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Raymond Puppan

Das erwartet Sie in diesem Artikel:

  • Vorteile durch die Nutzung von SMART Standards
  • Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede
  • Wachsende Herausforderungen in Bezug auf Cybersecurity

Simon Barrowcliff, der sich mit Leidenschaft für die Konformitätsbewertung einsetzt, verfügt über mehr als 35 Jahre Erfahrung in der Prüfung, Bewertung und Zertifizierung von Produkten und ist seit vielen Jahren ein aktives Mitglied der IECEE-Community.

Seine lange Liste an Funktionen und Referenzen in der Welt der Konformitätsbewertung umfasst den IECEE Treasurer, Vorsitz der IECEE Arbeitsgruppen 10 (Maintenance of the IECEE Rules and Operational Documents) und 18 (Financial Outlook), den Vorsitz des UK-Komitees bei IECEE, das Spiegelkomitee des IEC-Konformitätsbewertungsausschusses im Vereinigten Königreich und die UKEX Approved Bodies Group, ganz zu schweigen von 15 Jahren als Teilnehmer des IEC Conformity Assessment Board (CAB).

Interview mit Simon Barrowcliff

e-Tech: Wie sieht ihre Vision für IECEE in ihrer neuen Funktion als Vorsitzender aus?

Barrowcliff: Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass wir noch agiler werden und noch stärker auf die Bedürfnisse unserer Mitglieder und der Industrie eingehen. Wenn wir inmitten neuer Technologien, wie der künstlichen Intelligenz (KI) und dem Internet der Dinge (IoT), weiterhin an der Spitze der Konformitätsbewertung stehen wollen, müssen wir präsent und relevant sein. Ansonsten riskieren wir, dass die Menschen sich anderweitig orientieren.

e-Tech: Was können Sie uns zu SMART Standards sagen?

Barrowcliff: Das SMART-Standards-Programm von IEC und ISO steht noch am Anfang, aber wir freuen uns auf die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben werden, wie Effizienzverbesserungen bei der Entwicklung von Prüfformaten oder bei Messungen, die automatisiert werden und direkt in Prüfberichte einfließen können. Dadurch wird eine höhere Genauigkeit sichergestellt und Zeit gespart, wodurch wir agiler werden und schneller auf Marktveränderungen reagieren können.

e-Tech: Die IEC verstärkt ihre Bemühungen, die technischen Komitees dazu anzuregen, geschlechtsspezifische Unterschiede in Normen zu berücksichtigen. Wie wird bei der Konformitätsbewertung damit umgegangen?

Barrowcliff: Ein großer Teil unserer Arbeit befasst sich mit der Prüfung der Sicherheit von Produkten, weshalb es sehr wichtig ist, dass bei dieser Arbeit geschlechtsspezifische Unterschiede berücksichtigt werden. Beispiele dafür sind die Norm-Prüffinger zur Prüfung von beispielsweise elektrischen Schlägen, oder die Prüfung und Berechnung der menschlichen Absorption von Hochfrequenzwellen.

Wir sind davon abhängig, dass die Community diese Entwicklung vorantreibt, aber wir spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, indem wir denjenigen, die Normen entwickeln, entsprechendes Feedback geben können, da wir wissen, wie sie in der Realität genutzt werden. Da viele der Mitglieder von IECEE in Technischen Komitees sitzen, haben wir eine gute Gelegenheit, dies zu tun.


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IECEE: Konformitätsbewertung für elektronische und elektrische Produkte

Hersteller haben es mit einer stetig steigenden Menge an Regularien, Vorschriften und Gesetzen zu tun. Wer global Handel betreibt, stößt immer wieder auf Herausforderungen beim Marktzugang.

IECEE bietet die Möglichkeit, elektronische und elektrische Produkte daraufhin zu überprüfen, ob sie die Anforderungen aus über 3.000 Normen einhalten. Das gilt auch bei aktuellen Themen wie Cybersecurity, Internet der Dinge (IoT) & Co.

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e-Tech: Wie trägt IECEE dazu bei, die zunehmenden Herausforderungen in Bezug auf Cybersecurity zu meistern?

Barrowcliff: Das IECEE-Zertifizierungsprogramm für Cybersicherheit hat im Bereich der Industrieautomatisierung und der Betriebstechnik viel Erfolg gehabt, vor allem durch die Verwendung der Normenreihe IEC 62443. Das ist wichtig, da ein Cyberangriff in diesen Bereichen eine ernste Gefahr für die Sicherheit von Menschen darstellen und viele weitere Probleme verursachen könnte. Wir haben außerdem vor kurzem eine Norm des European Telecommunication Standards Institute (ETSI) in unser Programm übernommen, um mit dem IoT verbundene Geräte zu unterstützen. Das ist das erste Mal, dass wir eine internationale Norm übernommen haben, die nicht von IEC oder ISO stammt, und der Grund dafür war, dass die Norm bereits weit verbreitet ist und ein großer Marktbedarf besteht.

Unsere Herausforderung in diesem Bereich besteht darin, dass es eine zunehmende Fülle von nationalen Vorschriften und Regelungen zur Cybersicherheit gibt, was für Hersteller, die in verschiedenen Rechtsordnungen arbeiten, oder für diejenigen, die mit internationalem Handel oder auch nur mit der Verwaltung von Lieferketten zu tun haben, eine Belastung darstellen kann. Wie unterstützen wir die Industrie am besten darin, die Vorschriften einzuhalten?

Ich glaube, dass wir eine wertvolle Rolle spielen und dass wir flexibel genug sein müssen, um den Markt zu bedienen, damit die Akteure der Branche nicht zu einem rein nationalen Fokus getrieben werden, der dann die Fragmentierung verstärkt, denn das ist für niemanden gut. Die beste Vorgehensweise besteht darin, die Entwicklung internationaler Normen, die an nationale Anforderungen angepasst werden können, zu fördern, was bedeutet, dass alle Anforderungen berücksichtigt werden, ohne dass es unnötige doppelte Prüfungen gibt. 

e-Tech: Können Sie uns etwas zu dem neuen IECEE-System zur Bewertung der Mitarbeiterkompetenzen sagen?

Barrowcliff: Die Industrie braucht eine gemeinsame Ausgangsbasis zur Beurteilung der Fähigkeiten von Menschen, die in dem Sektor arbeiten, wie zum Beispiel Personen, die mit der Gestaltung, Entwicklung, Reparatur und Wartung von Industrieausrüstungen zu tun haben. Die eigentlichen Produkte und Komponenten, die verwendet werden, sind in der Regel zertifiziert, aber genauso wichtig ist es, dass regelmäßige Wartungs- und Reparaturarbeiten professional und fachkundig durchgeführt werden. Hier kann das IECEE CoPC-System dem Markt einen Mehrwert und Rückversicherung verschaffen und die Sicherheit in der Industrie fördern.


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e-Tech: Das Internet der Dinge (IoT) hat die Anzahl der verwendeten Funk- und Drahtlosgeräte erhöht und es gibt eine Reihe unterschiedlicher Compliance-Anforderungen. Wie geht IECEE damit um?

Barrowcliff: Im Zuge der Ausbreitung des Internets der Dinge sind Funkgeräte heute schon wichtig und werden in Zukunft noch allgegenwärtiger werden. Vor ein paar Jahren haben wir eine Radio Task Force eingerichtet, um zu untersuchen, wie Funkgeräte in bestehende Dienstleistungen integriert werden können, aber erst in diesem Jahr waren wir in der Lage, sie mit einer harmonisierten Norm zu verknüpfen, IEC 63404, die sich auf die Integration von Funkkommunikationsgeräten in Schaltanlagen und Steuergeräten bezieht. Wir hoffen, dass sie Ende dieses Jahres zur Anwendung kommen kann.

Durch die Notwendigkeit von Fernsteuerung und Fernüberwachung vieler Geräte und Produkte wird es ganz normal werden, dass Produkte und Komponenten bidirektionale Funkkommunikationsgeräte enthalten. Selbst wenn das eigentliche Funkmodul bereits geprüft und genehmigt wurde, muss der Einbau dieser Module in Produkte und Komponenten nochmals verifiziert werden, um eine sichere Nutzung im Rahmen der eigentlichen Anwendung sicherzustellen. Der Ausgangspunkt dieser Dienstleistung wird also die Beurteilung und Prüfung der korrekten und sicheren Implementierung eines Funkkommunikationsgeräts in Produkte und Komponenten sein.


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