- Was ist der State of Health bei Batterien?
- Wie wird der State of Health bei Batterien ermittelt?
- Einheitliches SoH-Bestimmungsverfahren bereits in Arbeit
Standardisierte SoH-Bestimmung: Ein weiterer Baustein für die Zukunft der Elektromobilität
Welche Werte entscheiden eigentlich darüber, ob ein Mensch gesund ist? Sind es Blutdruck und Körpertemperatur oder das Verhältnis zwischen Fett- und Muskelmasse? Fakt ist: Die Antwort hängt immer mit der individuellen Perspektive zusammen. Mit einem vergleichbaren Dilemma muss sich aktuell der Gebrauchtwagenmarkt von Elektrofahrzeugen auseinandersetzen.
State of Health: Viele Faktoren – eine Aussage?
Die eine Methode? Gibt es nicht. Weil weder eine Probefahrt noch ein kurzer Blick in den Motorraum eine verlässliche Auskunft über den Gesundheitszustand des eigentlichen Herzstücks eines Elektrofahrzeuges geben: die Batterie.
Die gute Nachricht: Es gibt Methoden, die den State of Health (SoH) ermitteln. Die weniger gute Nachricht ist, dass sich die Herangehensweisen der Anbieter zur SoH-Bestimmung zum Teil so stark voneinander unterscheiden, dass die Ergebnisse zwar eine verlässliche Auskunft über den Akku-Zustand geben können – aber nicht zwangsläufig miteinander zu vergleichen sind.
Ein geringer Gesundheitswert einer Antriebsbatterie ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit einer geringeren Reichweite des Fahrzeugs. Aber dennoch hat der SoH einen enormen Einfluss auf die Kaufentscheidung. Das Problem: Die Beurteilung der Batteriegesundheit setzt sich aus ganz unterschiedlichen Aspekten zusammen. Die Anzahl der Schnellladungen spielt ebenso eine Rolle wie die kalendarische Alterung der Batterie selbst. Aber auch extrem kalte oder warme Temperaturen können als witterungsbedingte Faktoren Einfluss auf den SoH nehmen.
Angebot und Nachfrage sind vorhanden – aber kein Standard.
Es gibt aktuell verschiedene Dienstleister, die Händlern sowie Endverbrauchern eine SoH-Messung anbieten. Die Ergebnisse der Messungen resultieren dabei aus der Auswertung von Rohdaten, die aus dem Batteriemanagementsystem via OBD2-Datenschnittstelle stammen. Der Weg dahin? Der ist vielseitig: Es gibt Methoden, die sich auf den Auflade-Prozess fokussieren, andere messen das Entladen einer Batterie während der Fahrt. Eine weitere Herangehensweise misst Werte, ohne dabei die Belastung der Traktionsbatterie zu berücksichtigen.
Jede einzelne Vorgehensweise liefert dabei zwar ein Ergebnis. Standardisierte Anforderungen an die Mess- und Auswertungsmethoden existieren derzeit aber nicht. Dementsprechend groß sind die Unterschiede und Abweichungen in Bezug auf die Bestimmung des Gesundheitszustands einer Traktionsbatterie.
Dennoch zeigen die Beispiele einen klaren Trend: Das Angebot ist genauso vorhanden wie der Markt. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) verzeichnete im Jahr 2024 2,82 Millionen Fahrzeug-Neuzulassungen. Der Anteil von Elektro-Fahrzeugen liegt dabei bei 13,5 Prozent ohne Plug-In-Hybride – Tendenz steigend. Deutlich mehr Bewegung gibt es laut KBA auf dem Gebrauchtwagenmarkt: 6,48 Millionen Fahrzeuge haben demnach in 2024 die Besitzerin oder den Besitzer gewechselt. Der Anteil der E-Autos liegt hier zwar nur bei 2,1 Prozent. Aber langfristig wird sich das Verhältnis auch hier, mit Blick auf die Zulassungen, in Richtung E-Mobilität verschieben. Umso dringender besteht die Notwendigkeit eines standardisierten SoH Ab- und Vergleichs.
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SoH-Wert als Katalysator der E-Mobilität?
Die Hersteller von Elektrofahrzeugen haben sich bislang nicht auf ein modellübergreifendes Verfahren zur SoH-Bestimmung geeinigt. Das Aussprechen von unterschiedlichen Garantien scheint vor dem aktuellen Hintergrund daher das kundenfreundlichste Angebot zu sein. Diese definieren Kriterien, damit die Funktion der Autobatterie von Herstellerseite gewährleistet wird. Das ist beispielsweise ein Zeitraum von acht Jahren und in manchen Fällen auch eine Kilometerbegrenzung von 160.000 Kilometern. Der Garantiefall wird dann ausgelöst, wenn der SoH einen festgelegten Grenzwert, beispielsweise 70 Prozent, unterschritten hat. An diesem Punkt kann ein zertifiziertes Verfahren einer unabhängigen Partei – zusätzlich zur Herstellerangabe – eine sinnvolle Ergänzung zur ganzheitlichen Bewertung des Batteriezustands sein.
Obwohl der Erwerb eines gebrauchten E-Autos im doppelten Sinne nachhaltig wäre, ist das Kaufverhalten im Vergleich zu Verbrennerfahrzeugen aus zweiter Hand aber eher zurückhaltend. Eine belastbare Aussage über den Alterungszustand der Autobatterie bildet nun einmal eines der Hauptkriterien ab, die über den Kauf eines Elektrofahrzeugs entscheiden. Einheitliche Kriterien für die Bewertung würden daher nicht nur für eine bessere Vergleichbarkeit, sondern vor allem für Transparenz sorgen. Und unter dem Strich bedeutet eine standardisierte Bestimmung schlicht und ergreifend einen Vertrauensgewinn in den Restwert eines gebrauchten Elektrofahrzeugs.
Gebündelte Expertise für einheitliches Bestimmungsverfahren.
Damit aus der Vision eines etablierten Standards so schnell wie möglich Realität wird, haben Expertinnen und Experten die Initiative ergriffen. In einer eigens hierfür gegründeten Projektgruppe entsteht aktuell die VDE SPEC 90043, die sich die „Standardisierung der herstellerunabhängigen Bestimmung des Gesundheitszustandes von Elektrofahrzeug-Traktionsbatterien“ auf die Fahnen geschrieben hat. Die Projektgruppe ist ein Zusammenschluss von Prüfhäusern und Testanbietern. Mit an Bord: der TÜV-Verband, DEKRA, MAHLE, AVL DiTest, Aviloo und VDE Renewables.
Dazu Dr. Mahdad Mohammadi, DKE Projektmanager: „Die Zusammensetzung der Projektgruppe gewährleistet, dass die Standardisierung die verschiedenen Technologieansätze berücksichtigt, die sich mittlerweile am Markt etabliert haben. In dem wir das vielseitige Know-how der betroffenen Unternehmen in den Prozess einbringen, wollen wir sicherstellen, dass die VDE SPEC zukünftig eine breite Akzeptanz und Anwendung findet und nicht ‚am Markt vorbei‘ entwickelt wird.“
Geplant ist die Veröffentlichung der VDE SPEC 90043 bis Anfang 2026. Perspektivisch ist eine Einbringung in die internationale Normung denkbar. Ein Zeichen dafür, dass Normung und Standardisierung weiterhin eng mit der Geschichte und der Zukunft der Elektromobilität verwoben sind: ob bei der Entstehung einheitlicher Ladestecker, effektiver Ladesysteme oder dem Etablieren smarter Bezahlvorgänge direkt an der Ladesäule. Normungsprozesse haben einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung, Vereinheitlichung und Verbreitung der Elektromobilität.
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Die Elektromobilität ist eine Sprunginnovation, die ein neues, übergreifendes Systemdenken erfordert. Um die deutsche Wirtschaft erfolgreich im Bereich Mobility zu positionieren, ist es wichtig, die positiven Effekte von Normen und Standards von Beginn an in den Entwicklungsprozess einzubeziehen und damit voll auszuschöpfen. Gleiches gilt aber auch für die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Mobilität – die Mikromobilität. Weitere Inhalte zu diesem Fachgebiet finden Sie im