Wasserzulaufschlauch Waschmaschine
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08.07.2019 Hinweis zur Norm

Mikrobiologie von Wasser in Zuleitungen – Geltungsbereich der Trinkwasserverordnung erweitert

Verlautbarung des DKE/UK 511.13 „Wassertechnische Sicherheit“ zur Mikrobiologie von stagnierendem Wasser in Zuleitungen, von an das Wassernetz angeschlossenen Hausgeräten und Schutz gegen Rückverkeimung durch EB-Rückschlagventile.

Aus dem UK 511.13 wurde der AK 511.1.4 (Anmerkung der Redaktion; 02/2023))

Im Zusammenhang mit der Neuausgabe der DIN EN 61770 (VDE 0700-600):2019-10 „Elektrische Geräte zum Anschluss an die Wasserversorgungsanlage - Vermeidung von Rücksaugung und des Versagens von Schlauchsätzen“ hat das UK 511.13 auf seiner Sitzung am 27.11.2018 beschlossen, die folgende Information zu veröffentlichen.

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Stephan Pillmann
Zuständiges Gremium
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Hintergrund

Durch eine Änderung der deutschen Trinkwasserverordnung wurde der Geltungsbereich auf bisher nicht betroffene Produktgruppen erweitert. Verschiedene Hersteller haben im Hinblick auf Mikrobiologie in stagnierenden mit Wasser gefüllten Systemen Grundlagenversuche in Auftrag gegeben, um bislang fehlendes Datenmaterial zu erzeugen.

Grundlegendes Dokument ist die Richtlinie 98/83/EG des Europäischen Rates vom 03. November 1998 „über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch“. In dieser Richtlinie werden allgemeine Vorgaben zur Wasserqualität getroffen, die von allen Mitgliedsländern umzusetzen sind. In dieser Richtlinie finden sich auch Grenzwerte bezüglich Mikrobiologie, jedoch nur in Bezug auf Escherichia coli und Enterokokken. Weitere Angaben wie Koloniezahlen werden dort nur „für Wasser, das in Flaschen oder sonstigen Behältnissen zum Verkauf angeboten wird“ vorgegeben.

Die Umsetzung dieser Europäischen Richtlinie erfolgt in Deutschland durch die „Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV 2001)“ vom 21. Mai 2001. Da die Trinkwasserqualität die Gesundheit der Bevölkerung beeinflusst, ist es den Mitgliedstaaten grundsätzlich freigestellt, schärfere Vorgaben zu erlassen. In Deutschland ist dafür das Bundesministerium für Gesundheit zuständig.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Ursprungsversion der Trinkwasserverordnung ist der Geltungsbereich – die „Stelle der Einhaltung“ - der dt. Verordnung und der europäischen Richtlinie identisch. Der Geltungsbereich endet am Wasserhahn, aus dem „normalerweise“ Wasser für den menschlichen Gebrauch entnommen wird. Nach der allgemeinen Lesart befanden sich insbesondere die Produktgruppen Waschmaschinen und Geschirrspüler außerhalb dieses Geltungsbereiches. Diese werden an den Wasserhahn angeschlossen und das Wasser ist eben nicht für den menschlichen Gebrauch bestimmt. Andere an das Wassernetz angeschlossene Hausgeräte wie bspw. Kaffeemaschinen, Warmwasseraufbereiter, Kühlschränke (mit Eiswürfel oder Wasserausgabe) unterliegen demzufolge schon immer den Vorgaben der Trinkwasserverordnung.

Zusammenfassung

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Materialauswahl (untersucht wurden EPDM, Kunststoff (W270 geprüft) und Edelstahl) offenbar keinen Einfluss auf das Wachstum von Mikroorganismen hat. Des Weiteren entsteht offenbar kein Biofilm und EB Ventile stellen eine wirksame Barriere gegen Rückverkeimung dar.

Bis zum Vorhandensein verbindlicher Bewertungsgrundlagen des Umweltbundesamtes, kann die vorliegende Untersuchung jedoch als Grundlage einer Risikobetrachtung seitens der Hausgerätehersteller dienen.

Im Einzelnen:

Relevante Veränderungen in der deutschen Trinkwasserverordnung

Von der Erstellung der Trinkwasserverordnung im Jahre 2001 bis zu einer Änderung im Jahre 2011 waren bestimmte Produktgruppen nicht von der Verordnung betroffen, da sie außerhalb des Geltungsbereiches lagen. In diesen Fällen oblag es den Herstellern, die Sicherheit Ihrer Produkte grundsätzlich sicherzustellen und ggf. entsprechende Risikobewertungen durchzuführen.

Selbstverständlich betrifft dies auch einen möglichen Einfluss auf das Trinkwassernetz. Auch existieren international anerkannte Vorgaben wie z.B. die IEC 61770, in der auf Rücksaugen des Wassers aus Hausgeräten in das Leitungsnetz eingegangen wird. Entsprechende Sicherungsvorrichtungen sind notwendig.

Im Jahre 2011 wurde ohne Einbeziehung oder Information der Hausgeräteindustrie und ohne Änderung der Europäischen Richtlinie, der Geltungsbereich der deutschen Trinkwasserverordnung geändert. Ausdrücklich wurde dieser erweitert und umfasst nun sämtliche an das Wasserleitungsnetz angeschlossenen Apparate/Maschinen bis zur „Sicherungseinrichtung im Gerät“. Obgleich hier keine umfassende Aussage zum gesamten Markt getroffen werden kann, schien die Einhaltung der Trinkwasserverordnung vorerst unproblematisch zu sein.

Ein weiteres Detail ist jedoch wichtig: Mit Verkündung der neuen Trinkwasserverordnung im Bundesgesetzblatt am 13. Dezember 2012, erhielt außerdem das Umweltbundesamt die Aufgabe „verbindliche und eindeutige hygienische Anforderungen an Materialien und Stoffe festzulegen, die Kontakt mit Trinkwasser haben.“ (siehe auch Pressmitteilung des Bundesministerium für Gesundheit vom gleichen Tag). Diese aktuell in Leitlinien dokumentierten (teils unvollständigen) Anforderungen sollen vom Umweltbundesamt nun in „Bewertungsgrundlagen“ überführt werden, die dann – im Gegensatz zu Leitlinien - einen rechtlich bindenden Charakter haben. Kern der Bewertungsgrundlagen werden Positivlisten und der Verweis auf anzuwendende Prüfungsverfahren sein (z.B. enthalten in EN 16421). Bislang (Stand 11/2018) gibt es bis auf metallene Werkstoffe, keine Bewertungsgrundlagen.

Auf Basis dieser geänderten Ausgangslage wurde dieses Thema vom UK 511.13 bearbeitet und folgende Untersuchung durchgeführt:

Untersuchung – Ausgangssituation

  1. Der Untersuchung liegt folgende Annahme zu Grunde: Obgleich Hausgeräte meist regelmäßig genutzt werden, kann es vorkommen, dass Sie über einen längeren Zeitraum unbenutzt bleiben (z.B. Ferienhäuser, Urlaub, kleine Haushalte, etc.).
  2. Das Umweltbundesamt geht davon aus das:
    a)   von stagnierendem, zurückgesaugtem Wasser eine erhebliche Gefahr im Hinblick auf Mikrobiologie ausgeht;
    b)   diese sich nicht mit einem EB Rückflussverhinderer (siehe EN 1717) absichern lässt, da dieser gegen Rückfließen, aber nicht gegen Rückverkeimen absichere;
    c)   es Untersuchungen für beide Sachverhalte nicht gibt.
  3. Bei einer Recherche von eurofins konnten Untersuchungen im Rahmen von durchströmten Leitungen gefunden werden. Konkrete Untersuchungen, welche auch etwaige Risiken belegen, scheint es bislang nicht zu geben. Auch Hersteller von Rückschlagventilen können offenbar keine entsprechenden Informationen diesbezüglich vorlegen.

Unabhängig davon, dass seitens der Hausgerätehersteller ein Rücksaugen als nicht sehr wahrscheinlich gilt, die Wassermenge sehr gering ist (i.d.R. < 500 ml) und sofort eine Vermischung im Leitungsnetz stattfinden würde, wurde vereinbart, grundlegende Untersuchungen zu starten, um eine Faktenbasis zu schaffen, auf deren Basis man weiter kommunizieren und Risiken bewerten kann.

Untersuchung – Ziel und Aufbau

Ziel der Versuche war es, den mikrobiologischen Status des Freiwassers in stagnierenden Leitungen zu untersuchen. Folgende Parameter wurden dazu ausgewählt:

  • Koloniezahl bei 22°C (KbE/ml)
  • Koloniezahl bei 36°C (KbE/ml)
  • Koloniezahl auf R2A agar (KbE/ml)
  • TOC (mg/l)

Untersucht wurden:

  • Edelstahlrohre (mit Trinkwasser und mit sterilem Wasser befüllt)
  • Kunststoffrohre/“W270-Schlauch“ (geprüft nach EN 16241/DVGW Arbeitsblatt W270)
  • EPDM Schläuche (es handelt sich um in der Hausgeräteindustrie übliche EPDM Schläuche ohne besondere Anforderungen an die Materialbeschaffenheit)

Bekanntermaßen haben EPDM-Schläuche im Hinblick auf die mikrobiologische Eignung keine guten Eigenschaften und eignen sich daher als Negativkontrolle.

Die Versuche wurden in 2 Teile unterteilt.

Teil 1:
Allgemeine Untersuchung der genannten Parameter für die genannten Materialien.

Teil 2:
Nachweis, dass EB Rückschlagventile eine wirksame Barriere für Bakterien bzw. Mikroorganismen (KbE) darstellen, d.h. auch gegen Rückverkeimung absichern.

Schlauch

Die Entnahme der Proben erfolgte jeweils nach 2, 7, 14 Tagen und nach 6 Wochen.

| DKE/UK 511.13

Für den zweiten Teil wurden jeweils ein EPDM-Schlauch und ein Kunststoffrohr mit einem EB Ventil in der Mitte verbunden. Das System wurde befüllt und dann (wie auch Prüflinge des Teil 1) gelagert. Zur Probenentnahme wurden die zwei Teile des Systems durch Wasserhähne abgesperrt. Die sollte eine Vermischung durch die Probenentnahme vermeiden. Während der Lagerung waren die Hähne geöffnet, so dass das EB-Ventil die einzige Sperre darstellte. Um eine Negativprobe zu erzeugen, war es notwendig, den W270-Schlauch zu autoklavieren.

Bei der Durchführung der Untersuchung waren das Hygiene-Institut des Ruhrgebiets und der Schweizerische Verein des Gas- und Wasserfaches mit eingebunden. Das Labor von eurofins besitzt alle notwendigen Voraussetzungen/Akkreditierungen zur Durchführungen der Versuche.

Untersuchung – Ergebnisse

Unterschied EPDM- und W 270-Schlauch - Graphen
DKE/GUK 511.13

Die Untersuchung des TOC Gehaltes, zeigte deutlich den Unterschied zwischen EPDM auf der einen und W270-Schlauch bzw. Edelstahlrohr auf der anderen Seite. Während der EPDM Schlauch einer typischen Sättigungskurve folgend ein Level von ca. 85mg/l erreicht, ließ sich beim W270-Schlauch sowie beim Edelstahlrohr keine nennenswerte Veränderung feststellen.

Der Unterschied der beiden „EPDM-Kurven“ erklärt sich durch zwei Versuchsreihen in denen die Schläuche wieder verwendet worden sind.

Die Ergebnisse im Hinblick auf die Koloniezahlen waren so überraschend wie eindeutig. Zwischen den 3 bzw. 4 getesteten Prüflingen gab es keine relevanten, signifikanten Unterschiede.

Stagnationszeit-Keimzahl - Bild 3
DKE/GUK 511.13

Exemplarisch dargestellt die Keimzahlen bei 36°C. Man sieht deutlich, dass sich alle Materialgruppen auf dem gleichen Niveau bewegen.

Während des Entwerfens der Untersuchung wurde angemerkt, dass eine Untersuchung des Freiwassers nicht zulässig sei, da sich Biofilm vor allem oder zumindest auch an den Wänden bilde. Dieser würde sich chaotisch von den Wänden lösen und somit Untersuchungsergebnisse massiv ändern.

Daher wurde in Anlehnung an das DVGW Arbeitsblatt W270 ebenfalls der Wandbewuchs untersucht. Auch hier ist das Ergebnis eindeutig: In keinem der Prüflinge konnte Biofilmbewuchs gefunden werden. Lediglich unter dem Mikroskop wurden teilweise kleinste Partikel sichtbar, die jedoch überwiegend als Calcitablagerungen eingestuft wurden. Damit ist auch das Vorgehen der Untersuchung des Freiwassers gerechtfertigt. Offenbar findet ein Bewuchs nur bei durchströmten Systemen statt, die eine kontinuierliche Zufuhr von Nährstoffen sicherstellen.

Stagnationszeit-Keimzahl - Bild 4
DKE/GUK 511.13

Die Untersuchungen des EB-Rückschlagventils, zeigten einen deutlichen Gradienten zwischen „sterilem“ Teil  des Systems (autoklavierter W270-Schlauch) und „unsterilem“ Teil (EPDM Schlauch). Siehe folgende Abbildung Unterschied zwischen blauen und roten Balken.

Untersuchung – Schlussfolgerung

Bei stagnierendem Wasser in einem geschlossenen System, spielt die Materialauswahl der Leitungen (z. B. Zuleitungen zu Hausgeräten) offenbar keine Rolle. In einem Edelstahlrohr findet offenbar die gleiche Keimentwicklung statt, wie in einem handelsüblichen EPDM Schlauch.

Offenbar entsteht bei stagnierendem Wasser kein Oberflächenbewuchs (Biofilm), sodass die übliche Prüfung nach DVGW Arbeitsblatt W270 keine geeignete Prüfung darstellt.

Ein EB-Ventil stellt eine wirksame Sperre dar. Nicht nur gegen Rückfließen, sondern auch gegen Rückverkeimung.

Für die eingangs erwähnten Bedenken hinsichtlich eines Risikos zurückgesaugten Wassers bedeutet dies, dass die vom Umweltbundesamt erarbeiteten Bewertungsgrundlagen womöglich „bessere“ Materialien im Hinblick auf Durchfließen vorschreiben werden, dies aber an der Situation bei Stagnation (im Hinblick auf Mikrobiologie) nichts ändern wird, da selbst durch Verwendung von „hygienischem“ Edelstahl keine Besserung erreicht wird. Unabhängig von den Ergebnissen gelten selbstverständlich die entsprechenden Vorgaben und es sind ggf. einschlägige Zertifikate (W270 etc.) erforderlich. Flankiert wird diese Erkenntnis durch die Tatsache, dass die in Deutschland unter W270 bekannte Prüfung erfolgreich in die DIN EN 16421 überführt werden konnte.

Bis zum Vorhandensein verbindlicher Bewertungsgrundlagen des Umweltbundesamtes, kann die vorliegende Untersuchung jedoch als Grundlage einer Risikobetrachtung seitens der Hausgerätehersteller dienen.

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