Normative Regeln für Drohnen

Normative Regeln für Drohnen

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27.10.2025 Fachinformation

Sicherheit versus Spieltrieb: Keine Grenzen in der Luft – Wie gehen wir mit Drohnen um?

Ob kommerziell oder privat: Drohnen faszinieren immer mehr Menschen. Allein zwischen 2021 und 2023 hat sich die Zahl der registrierten Drohnenbetreiber in Deutschland fast verdoppelt. Und auch spezielle Events, sogenannte Drohnenshows, erhalten immer mehr Aufmerksamkeit.

Aber wann wird aus Begeisterung eigentlich Verantwortung? Am Ende handelt es sich bei den unbemannten Luftfahrzeugen um eine Technologie, die sich rasant entwickelt – und großes Potenzial hat. Für legale, aber auch illegale Aktivitäten.

Jürgen Rumeney ist Sicherheitsexperte und Teil des Normungsgremiums DKE/AK 713.0.2. Er beschäftigt sich mit der Frage, welchen Einfluss eine dynamische Technologie wie die Drohne auf die Anforderungen an künftige Sicherheitssysteme hat. Ein Gespräch über gute und böse Drohnen. Und darüber, warum neue normative Regelungen besser heute als morgen erarbeitet werden sollten.

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Nematullah Popalzai
Zuständiges Gremium
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Das erwartet Sie in diesem Artikel:

  • Paradebeispiel für den Umgang mit technologischen Errungenschaften
  • Dynamische Technologien verstehen und kontinuierlich bewerten
  • Young Professionals mit modernen Themen für die Normung begeistern

Wenn der Spieltrieb an seine Grenzen stößt

DKE: Herr Rumeney, Sicherheit ist Ihr Thema: Sie sind nicht nur seit Jahrzehnten beruflich im komplexen Segment der Sicherheitstechnik aktiv – Sie bringen Ihre Erfahrung mittlerweile auch regelmäßig als Vertreter der Wirtschaft in den Bereichen Normung und Regulierung ein. Neben dem Vorsitz und der Mitarbeit in diversen DKE Gremien zur Video- und Cybersecurity sowie zum Einbruchsschutz, sind Sie darüber hinaus Mitglied der Koordinierungsstelle Sicherheitswirtschaft (KoSi) im Deutschen Institut für Normung (DIN). Mit welchem Gefühl würden Sie eine Drohnenshow besuchen, wie sie ganz aktuell tausende Menschen bei öffentlichen Veranstaltungen immer wieder verfolgen?

Rumeney: Ich persönlich habe so ein Event noch nicht besucht. Dass diese Veranstaltungen immer mehr Menschen begeistern, kann ich aber nachvollziehen. Die Drohne überzeugt die breite Masse eben nicht mehr ausschließlich im Bereich der Foto- und Videoaufnahmen. Die schnelle Entwicklung führt vor allem dazu, dass diese Technologie Bereiche erobert, die sich zunehmend außerhalb ihrer ursprünglich angedachten Funktion befinden.

Weil Sie aber auf das Thema Sicherheit anspielen: Bei der Drohne erleben wir aktuell ein Paradebeispiel dafür, wie der Mensch mit technologischen Errungenschaften umgeht. Zu Beginn steht immer der Spieltrieb im Vordergrund. Menschen entdecken und genießen die neuen Möglichkeiten – solange, bis sie das erste Mal an eine Grenze stoßen. Damit diese nicht zum Schaden einer Gesellschaft überschritten wird, braucht es Regeln. Und auch diesen Teil der Entwicklung können wir am Beispiel der Drohne nachvollziehen: Denn abhängig davon, wie hoch eine Drohne fliegt, wie leicht oder schwer sie ist, an welchem Ort sie unterwegs ist und zu welchem Zweck sie eingesetzt wird, gibt es unterschiedliche Bestimmungen – und natürlich eine Führerscheinpflicht. Wer zum Beispiel eine Drohne fliegt, die ein Startgewicht von 250 Gramm überschreitet, muss sich verpflichtend beim Luftfahrt-Bundesamt registrieren lassen. Wer das nicht tut, verstößt schon gegen das Gesetz.

EU-Richtline reguliert – „und dann?“

DKE: Im Prinzip ist es mit der Drohne – zumindest im privaten Bereich – wie mit einem Pkw: Mit dem Auto ist man technisch und theoretisch dazu in der Lage, mit Tempo 180 km/h durch eine geschlossene Ortschaft zu fahren. Was aber in der Regel davon abhält, ist, neben dem gesunden Menschenverstand, vor allem ein Gesetz, das dieses Vorhaben untersagt. Wie ist die Situation aktuell bei der Drohne? Schließlich haben sich durch diese unbemannten Fluggeräte insbesondere im kommerziellen Bereich ungeahnte Möglichkeiten in Bezug auf Transport, Informationsgewinnung oder Sicherheit ergeben.

Rumeney: Grundsätzlich ist es natürlich erstmal so, dass Drohnenpiloten, genau wie alle anderen Personen, die Gefährte zu Land, zu Wasser oder in der Luft bewegen, eine Verantwortung haben. Darüber hinaus gibt es eine EU-Verordnung, die seit 2021 in allen Mitgliedsstaaten gültig ist. Wenn eine Drohne also zufällig über ein Firmengelände fliegt und Aufnahmen macht, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, ist das ein Problem. Oder wenn eine Drohne durch die Stadt fliegt und in der dritten Etage direkt in ein Badezimmer-Fenster hineinfilmt, ist das sicher eine Situation, die es vor zehn oder zwanzig Jahren nicht unbedingt gegeben hätte. Das sind dann Grenzen, die überschritten werden – und die durch entsprechende Gesetze aktuell auch reguliert werden.

Viel spannender ist aber für mich die Frage: Und dann? Es ist ja per se immer so, dass die Regulierung der Entwicklung hinterherhängt. Und der Weg von einem Entwurf über eine Richtlinie zur Normung kann auch lang werden. In Bezug auf die Drohne haben wir uns im DKE Arbeitskreis 713.0.2 also die Frage gestellt, welche Herausforderungen die rasant fortschreitende Technologie für die Sicherheit mit sich bringt. Um eine Situation exemplarisch durchzuspielen, haben wir uns auf das Szenario „Gefahrenmeldeanlagen für Einbruch und Überfall im Innenbereich“ konzentriert.

Dynamische Technologien verstehen – und kontinuierlich bewerten

DKE: Sie beziehen sich in der Überlegung auf die von Ihnen definierten Drohnen-Einsatzgebiete „Angriffe“, „Detektion und Verifizierung“ und „Instandhaltung, Abnahme und Scharfstellung“. Das sind Prozesse, die bereits heute im industriellen Umfeld stattfinden. Worauf muss sich die Industrie denn Ihrer Meinung nach noch vorbereiten?

Rumeney: Das ist richtig. Dort ist schon eine Vielzahl von Drohnen im Einsatz, um Menschen bei ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen. So erreichen Wartungsdrohnen Orte, die für den Menschen nicht oder nur schwer zu erreichen sind. Transportdrohnen liefern in Windeseile Werkzeug oder anderes Material, das an einem anderen Ort dringend benötigt wird. Es gibt aber auch Drohnen, die zur Verifikation von Alarmsignalen eingesetzt werden – sie können eine geld- und zeitsparende Ergänzung im Alltag einer Sicherheitskraft sein. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass manche Fluggeräte zu Spionagezwecken eingesetzt werden. Da reden wir von unerwünschten Foto- und Videoaufnahmen, die bestimmte Bauteile identifizieren oder in Bau befindliche Modelle vermessen – zum Teil geht es da auch um kritische Infrastruktur.

Das Durchspielen dieser Szenarien ist aber kein vager Blick in die Zauberkugel. Es ist ein ernstgemeinter Versuch, so gut wie möglich auf künftige Anforderungen vorbereitet zu sein – nicht nur in der Theorie. Sondern insbesondere aus der Perspektive der Normung. Aus diesem Grund haben wir konkrete Empfehlungen und Handlungsmaßnahmen formuliert. So erachten wir es für sinnvoll, dass Industrieunternehmen über Multi-Sensoren nachdenken, die zwischen unerwünschten und erwünschten Drohnen unterscheiden können.

Im Bereich der Überwachung müssen wir uns generell darauf einstellen, dass bestehende Normen und Richtlinien überdacht und angepasst werden müssen, um entweder den gewollten Einsatz von Drohnen zu ermöglichen, ohne das Potenzial dabei zu beschränken. Oder um Spionage- oder aber auch Sabotagedrohnen frühzeitig zu erkennen und bei Bedarf unschädlich zu machen. Weiterhin ist es notwendig, dynamische Technologien wie die Drohne so gut wie möglich zu verstehen, entsprechende Maßnahmen zu entwickeln und diese dann unter den Gesichtspunkten der Normen und Richtlinien zu beschreiben.


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Young Professionals: Normung ist Zukunft

DKE: Sie blicken auf 40 Jahre Berufserfahrung zurück, geben seit fast fünf Jahren wertvollen Input in verschiedenen Normungsgremien und prägen die Zukunft der Sicherheitsindustrie als Experte ein Stück weit mit. Wenn wir jetzt ein paar Jahre oder Jahrzehnte in die Zukunft schauen und uns eine Technologie vorstellen, deren Potenzial ähnlich bahnbrechend ist wie das der Drohne – wer, glauben Sie, übernimmt dann die wichtige Denkarbeit, die Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen heute leisten?

Rumeney: Dass der Gewinn von jungen Normerinnen und Normern nicht nur für unsere Branche essenziell ist, ist kein Geheimnis. Und, das ist ebenfalls bekannt, gerade in der Normung gibt es viele Menschen, die auf eine jahrelange Erfahrung zurückgreifen und dadurch ihre Expertise Stück für Stück ausbauen und weitergeben. Das ist aber auch irgendwo der natürliche Lauf der Dinge. Trotzdem ist es wichtig, den Young Professionals, die sich für das Erstellen von Richtlinien interessieren, den Weg so leicht wie möglich zu machen. Mit den Überlegungen rund um die Drohne zeigen wir jungen Leuten, dass die Normierung kein trockenes Thema, sondern ein sehr fortschrittliches und spannendes ist.

Heute gestalten, was morgen wichtig wird

DKE: Dann haben Sie hier die Gelegenheit für einen Pitch: Warum ist Normung so viel mehr als jüngere Menschen vielleicht denken?

Rumeney: Ich glaube daran, dass einige überrascht wären, wie viel Mitbestimmung sich hinter dem vermeintlich staubigen Begriff versteckt. Es ist doch so, dass Young Professionals alleine schon durch den Austausch mit Expertinnen und Experten exklusive Einblicke in Bereiche erhalten, mit denen sie sonst kaum bis gar nicht in Berührung kommen würden. Wir täten gut daran, die vielseitigen und verschiedenen Perspektiven noch stärker als bisher aufzuzeigen, die unsere tägliche Arbeit mit sich bringt. Normierung heißt Partizipation an relevanten Prozessen; das Prägen systemrelevanter Entwicklungen. Aber, ganz wichtig, auch das Bauen von Brücken zwischen Wirtschaft und Industrie auf der einen und Regulierung auf der anderen Seite. Und am Ende, das ist meine ganz persönliche Überzeugung, ist es auch einfach die Möglichkeit etwas Gutes zu tun.

DKE: Herr Rumeney, vielen Dank für das Gespräch!


Redaktioneller Hinweis:

Die Antworten entsprechen den persönlichen Ansichten und Meinungen des Interviewpartners und müssen nicht denen der DKE entsprechen.

Wir bedanken uns für dieses Interview bei

Portraitfoto Jürgen Rumeney

Jürgen Rumeney

Senior Consultant Security Lifecycle, Siemens AG

Experte im Normungsgremium DKE/AK 713.0.2

Portraitfoto Jürgen Rumeney

Senior Consultant Security Lifecycle, Siemens AG

Experte im Normungsgremium DKE/AK 713.0.2


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