Eine flexible transparente elektronische Schaltung
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21.03.2022 Fachinformation

Internationale Normen verbessern die Sicherheit und Leistung von gedruckter Elektronik

Gedruckte Elektronik bietet enormes Entwicklungspotential in den verschiedensten Branchen. Für eine sichere Anwendung, liefern internationale Normen entsprechende Anforderungen. Mit IEC 62899-201-2 und IEC 62899-202-4 wurden kürzlich zwei relevante Normen veröffentlicht.

Im Interview mit e-Tech spricht Satoshi Maeda über die Inhalte und Anwendungsmöglichkeiten der beiden Normen.

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Von Antoinette Price

Gedruckte Elektronik verwendet Druckverfahren, um elektrische Geräte auf verschiedenen Arten von Materialien (Substraten) anzufertigen, um funktionale elektronische Bauelemente, wie Transistoren, Kondensatoren und Widerstände, herzustellen.

Diese flexible, leichte Technologie kann für jede Form und Größe kundenspezifisch angepasst werden und findet in vielen Branchen Anwendung.

Sie ermöglicht unter anderem Fortschritte in der Landwirtschaft im Hinblick auf die Verbesserung der Lebensmittelsicherheit, im Automobilbereich im Hinblick auf die Erhöhung der Sicherheit von Autoinsassen, im Bereich der Produktion, wo eine Verbesserung der Leistung und Senkung der Kosten durch vorausschauende Wartung erzielt werden kann und in verschiedenen Anwendungen im Bereich Gesundheit und Wellness.

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Die Technologie wird durch internationale Normen unterstützt, die von IEC/TC 119 (DKE/GUK 682.1) erarbeitet wurden und sich mit der Terminologie, den Materialien, Prozessen, Geräten, Produkten sowie Gesundheits-, Sicherheits- und Nachhaltigkeitsaspekten von gedruckter Elektronik befassen.

IEC/TC 119 hat jüngst die Normen IEC 62899-201-2 Gedruckte Elektronik - Teil 201-2: Materialien - Substrate - Messverfahren für Eigenschaften dehnbarer Substrate und IEC 62899-202-4 Gedruckte Elektronik - Teil 202-4: Materialien - Leitfähige Tinte - Messverfahren für Eigenschaften dehnbarer gedruckter Schichten (leitfähig und isolierend) veröffentlicht.

IEC e-tech hat mit Satoshi Maeda, dem zuständigen Project Editor für beide Normen, gesprochen, um mehr darüber zu erfahren.

Interview mit Satoshi Maeda

e-Tech: Worum geht es bei IEC 62899-201-2?

Maeda: Zunächst einmal ist IEC 62899-201 eine umfassende Norm, die Bewertungsverfahren für Substrate, die für gedruckte Elektronik eingesetzt werden, zusammenfasst. Sie befasst sich mit (starren) Polymerschichten, Glas- und Papiersubstraten, die nicht dehnbar sind.

IEC 62899-201-2 hingegen konzentriert sich auf dehnbare Substrate, insbesondere für weiche und flexible (gummiartige) Polymerfolien, glatte Gewebe, harzbeschichtete Gewebe auf einer oder beiden Seiten. Sie definiert darüber hinaus das dehnbare Substrat, das notwendig ist, um dehnbare leitfähige und isolierende Schichten nach IEC 62899-202-4 zu bewerten.

e-Tech: Welche Messverfahren sieht die Norm vor?

Maeda: Die Arbeit mit dehnbaren Materialien erfordert unter Umständen eine andere Behandlung als die Arbeit mit nicht dehnbaren Materialien. Bei herkömmlichen nicht dehnbaren Materialien ist die Dimensionsmessung einfach. Dehnbare Substrate werden jedoch schon durch eine geringe externe Kraft verformt und erfordern eine besondere Sorgfalt beim Umgang mit der Probe. So müssen zum Beispiel bei der Messung der physischen Eigenschaften zuerst die Abmessungen der Probe genau ermittelt werden.

IEC 62899-201-2 greift soweit möglich auf die Expertise und bestehende Normen in anderen Bereichen zurück, wenn es um Evaluierungen geht, die besonders für dehnbare Materialien berücksichtigt werden sollten.

Sie legt das Verfahren zur Dimensionsmessung mit Verweisung auf die in den Textilnormen definierten Bewertungsstandards fest, die von ISO erarbeitet wurden und Spezifikationen und Prüfverfahren für die physischen, mechanischen und chemischen Eigenschaften von Textilien, Geweben und Stoffen sowie natürlichen und künstlichen Fasern, aus denen sie bestehen, enthalten.

Die Messung der Dicke dehnbarer und weicher Materialien, bspw. Textilerzeugnisse, erfordert zunächst eine Betrachtung der Definition von „Dicke“. Die Norm definiert „Dicke“ nach der flächenbezogenen Masse. Dies entspricht der in der Textilbranche verwendeten Definition.

e-Tech: In welchen Anwendungen kommt die Norm zum Einsatz?

Maeda: Dehnbare Substrate, die Gegenstand dieser Norm sind, eignen sich für Anwendungen:

  • Im Bereich von Wearable Electronics, wo daran gearbeitet wird, elektrische Stromkreise für die Anwendung in Kleidung oder E-Textilien herzustellen.
  • Für die vorgeschlagene Verwendung von fixierbaren Geräten bei elektronischen Geräten, die funktionieren, indem sie an der Haut von Lebewesen oder an mechanischen Geräten befestigt werden. Fixierbare Geräte eignen sich für die komplexe, gewölbte Oberflächenform von Lebewesen.
  • Für Geräte, die an mechanischen Geräten befestigt werden, um neue Funktionen hinzuzufügen, da die Oberfläche des mechanischen Geräts nicht immer flach ist.
  • Für elektrische Verkabelung, die wiederholt eine Verlängerung bzw. Verkürzung der mechanischen Geräteanschlüsse erfordert.

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e-Tech: Warum wurde IEC 62899-202-4 ED1 entwickelt?

Maeda: Die Entwicklung dehnbarer Verkabelung und funktionaler Geräte ist eines der vielversprechendsten Themen im Bereich der gedruckten Elektronik. Das liegt vor allem daran, dass herkömmliche Methoden, die direkte Drahtverbindungen durch das Ätzen von Kupferfolie herstellen, oder gängige Druckverfahren mit leitfähiger Tinte nur nicht dehnbare Verkabelungen zum Ergebnis haben.

Dehnbare Verkabelung, die durch dieses Druckverfahren hergestellt wird, hat zu gedruckten E-Textilien geführt, die in tragbarer Elektronik verwendet werden. Bisher lag der Hauptfokus auf der Leitfähigkeit von Textilien, die meist für die Herstellung von Kleidung verwendet wurden. Wenn ein Draht aber innerhalb der integrierten gedruckten Elektronik kaputt gehen sollte, kann es sein, dass das Produkt nicht mehr funktioniert.

Jetzt haben wir jedoch eine Norm, die verschiedene Verfahren zur Bewertung dieser Arten von dehnbaren Schichten, einschließlich der isolierenden Schichten, die zusammen mit den leitfähigen Schichten verwendet werden, bietet. Unter Sicherheitsaspekten ist das wichtig, um potentiell gefährliche Elektroschocks zu vermeiden.

e-Tech: Welche Art von Messverfahren beschreibt sie?

Maeda: Die Norm legt Bewertungsverfahren für dehnbare leitfähige Schichten, die mittels Druckverfahren auf dehnbaren Substraten gebildet werden, fest. Dies bedeutet gewöhnlich eine Zusammensetzung aus einem leitfähigen Füllmaterial (auf Basis von Metall und Kohlenstoff) und einem Elastomer (elastisches Polymermaterial). Sie befasst sich nur mit der Verwendung leitfähiger Schichten und soweit die leitfähige Schicht einen isolierenden Mantel oder eine Beschichtung aus Elastomer hat.

Die wesentlichen Messungen, die in der Norm beschrieben sind:

  • Änderung des Widerstandswerts, wenn die leitfähige Schicht gedehnt wird.
  • Stromstärke bei der die Sicherung der leitfähigen Schicht den Stromfluss unterbricht (ein Referenzwert zur Bestimmung der Strombelastbarkeit).
  • Bewertung des Isolationswiderstands zwischen Kabeln.
  • Spezifischer Durchgangswiderstand, spezifischer Oberflächenwiderstand, dielektrische Durchschlagspannung der Substratschicht.
  • Spezifischer Durchgangswiderstand, spezifischer Oberflächenwiderstand, dielektrische Durchschlagspannung der abdeckenden Isolierschicht.

e-Tech: Wer wird die Norm nutzen?

Maeda: Ingenieure, Hersteller und Forscher, die mit gedruckten E-Textilien im Bereich Wearable Electronics zu tun haben, werden die Norm nutzen.

Die Verwendung der Norm kann auf Bereiche ausgedehnt werden, die dehnbare elektrische Verkabelung erfordern, wie beispielsweise Robotergelenke, Smart Furniture, d.h. Möbel, die Strom oder Sensorfunktionen benötigen, um zu funktionieren, und Bettwaren, wie intelligente beheizte elektrische Matratzenauflagen. Ein weiteres vielversprechendes Anwendungsgebiet findet sich im Bereich der elektrischen Verkabelung für Sitze in Autos und Zügen, die Sensoren benötigen.


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