- Sicherheit als Kern der IEC-Arbeit
- Cybersecurity als zentrale Priorität
- Die Bedeutung von Zertifizierungen
Sicherheit im Haushalt im Zeitalter des Internets
Die IoT-Revolution
Haushaltsgeräte haben sich fortlaufend weiterentwickelt, seit sie Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals auf den Markt kamen. Durch Verbesserungen der Batterietechnologien beispielsweise haben kabellose Geräte wie Staubsauger und Elektromesser Einzug in unser Zuhause gehalten. Aber es ist das Internet der Dinge (IoT), das in den letzten Jahren die größte Veränderung gebracht hat, in mehr als nur einer Hinsicht.
Schätzungen zufolge wird es bis Ende 2024 mehr als 207 Milliarden vernetzte Geräte weltweit geben, und ein großer Teil davon werden Haushaltsgeräte sein. Vernetzte Geräte wie Öfen, Herde und Waschmaschinen mit vorprogrammierten Einstellungen und intuitiveren Funktionen werden zunehmen und sich weiterentwickeln, wodurch Geräte effizienter und personalisierter werden. Es gibt beispielsweise Apps, die Anweisungen für die Zubereitung direkt an den Ofen senden können oder die Waschmaschine dann anschalten, wenn der Strom günstiger ist.
Die Intelligenz von Geräten
Seit dem Jahr 2022 ist Irma Rustemi Vorsitzende des technischen Komitees IEC/TC 61, das Standards zur Sicherheit von elektrischen Geräten für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke erarbeitet.
Im Interview spricht sie über die aktuellen Herausforderungen für das internationale Komitee angesichts der Zunahme von intelligenten und vernetzten Haushaltsgeräte sowie weiteren technischer Innovationen.
Kern der IEC-Arbeit: Gewährleistung der Sicherheit
Vernetzt zu sein ist jedoch keine Garantie dafür, dass nichts schiefgehen kann. Geräte brauchen nach wie vor eingebaute Sicherheitsfunktionen wie Sicherheitsabschaltung bei Verklemmen des Toasts oder automatische Ausschaltmechanismen, wenn ein Gerät zu heiß wird oder nicht richtig funktioniert.
In den meisten Ländern unterliegen Haushaltsgeräte strengen Sicherheitsvorschriften, um Brände und andere Gefahren, die Nutzer*innen verletzen könnten, zu verhindern. Es passieren dennoch Unfälle, die auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sind, wie beispielsweise defekte oder sehr alte Geräte, die die Sicherheitsvorschriften nicht mehr erfüllen, und natürlich falsche Benutzung.
Internationale Normen und Konformitätsbewertung spielen eine wichtige Rolle bei der Sicherheit von Geräten, da sie weltweit akzeptierte technische Spezifikationen und Anforderungen enthalten, die darauf ausgelegt sind, ein Mindestmaß an Leistung und Sicherheit zu gewährleisten.
IECEE, das IEC System of Conformity Assessment Schemes for Electrotechnical Equipment and Components, stellt sicher, dass internationale Normen für Haushaltsgeräte richtig angewandt werden.
Die Normenreihe IEC 60335 ist die internationale Referenz für die Gewährleistung der Sicherheit von Haushaltsgeräten. Die Normenreihe befasst sich mit einer langen Liste an Haushaltsgeräten, inklusive Kühlschränke, Waschmaschinen, Spülmaschinen, Haartrockner, Mikrowellenherde und natürlich Toaster. Das Prinzip hinter den Normen bleibt jedoch immer dasselbe: Dass das Produkt so funktioniert, wie es funktionieren sollte, und sicher ist.
Küche der Zukunft
Von der einfachen Feuerstelle zur Smart Kitchen: Die Küche ist schon lange nicht mehr der Ort, an dem wir lediglich unsere Lebensmittel zubereiten und lagern – sie passt sich unserer Lebenswelt, die sich im stetigen Wandel befindet, immer mehr an. Gesünderer Lebensstil, nachhaltige Küchengeräte und der Einsatz von künstlicher Intelligenz: Die Küche der Zukunft hat Potenzial – aber wie viel? Ein fiktiver Ausblick auf gesundheitsbewusste Kühlschränke und sprechende Brotbackautomaten.
Mit der Zeit gehen
Claudia Sirch ist Chief Engineer, Global Engineering bei Intertek, dem führenden Anbieter im Bereich Qualitätssicherung, und Mitglied des IECEE Peer Assessment Committee. Ihr zufolge hat sich die Normenreihe IEC 60335 seit der Erstveröffentlichung im Jahr 1970 drastisch verändert. „Jetzt, 50 Jahre später, sind wir bei der sechsten Ausgabe, und sie beinhaltet große Veränderungen und Ergänzungen, zum Beispiel zu Cybersecurity und neue Anforderungen an batteriebetriebene Produkte.“
Im Zuge dessen, dass die Küchengeräte immer kleiner werden, um Arbeitsfläche zu sparen, hat sich auch die Batterietechnologie parallel weiterentwickelt. Es wird zunehmend Lithium genutzt, da es leicht ist und eine höhere Energiekapazität hat. Aber Lithiumbatterien bergen auch gewisse Risiken. Sie können Explosionen und Brände verursachen, wie sich in letzter Zeit bei einigen E-Scootern gezeigt hat. Schätzungen zufolge stehen 1,5 Prozent der Lithium-Ionen-Batterien mit Überhitzung, Explosionen oder Bränden jedes Jahr in Verbindung. „Aus diesem Grund ist es immer wichtig, dass Hersteller ihre Produkte nach den neuesten Versionen einer Norm prüfen, sodass diese Risiken berücksichtigt werden“, erklärt Sirch.
Cybersecurity – eine zentrale Priorität
Zunehmende Vernetzung bedeutet zunehmendes Risiko von Cyberangriffen, die Funktionen wie Temperaturgrenzen, die darauf ausgelegt sind, Sicherheit zu gewährleisten, beeinträchtigen können. Ebenso wie die Hersteller und Händler sicherstellen müssen, dass die Produkte wie beabsichtigt funktionieren, müssen sie auch Produkte entwerfen, die den neuen und sich entwickelnden Sicherheitsaspekten von Produkten entsprechen, die mit solchen vernetzten Funktionen arbeiten.
IEC 60335 wurde deshalb aktualisiert und um neue Anforderungen an Cybersecurity erweitert. Damit soll ein unberechtigter Zugriff und dessen mögliche Folgen für die Sicherheit der Nutzer*innen verhindert werden. Auch in vielen gesetzlichen Vorschriften, wie den EU-Richtlinien, wird Bezug auf die Normenreihe IEC 60335 genommen, was bedeutet, dass die Erfüllung der Normen auch die Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften vermuten lässt.
Da die Technologie und damit die Sicherheitsanforderungen immer komplexer werden, wächst auch der Bedarf an Sicherheitsnachweisen und damit die Anforderungen an Prüfungen und Zertifizierungen. „Wir sehen, dass eine zunehmende Zahl an Händlern, insbesondere große und multinationalen, anerkannte Sicherheitszertifikate zu einer Voraussetzung für die Produkte machen, die sie in ihren Regalen zum Verkauf anbieten“, fügt Sirch hinzu.
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Die Bedeutung von Zertifizierungen
IECEE stellt das IECEE HOUS Certification Body Test Certificate (CBTC) Scheme für Haushaltsgeräte zur Verfügung, um diesen Nachweis zu bieten. Das System funktioniert folgendermaßen: Die nationale Zertifizierungsstelle (en: national certification body, NCB) des IECEE sorgt dafür, dass ein eingetragenes und qualifiziertes CB-Testlabor (CBTL) die entsprechenden Prüfungen auf Basis der geltenden IEC-Normen durchführt und einen Prüfbericht erstellt. Dieser wird dann von der nationalen Zertifizierungsstelle überprüft und validiert, die im Anschluss ein Certification Body Test Certificate (CBTC) ausstellt.
Diese Zertifikate werden von anderen nationalen Zertifizierungsstellen in anderen Ländern ohne erneute Prüfung anerkannt, wodurch der internationale Handel erleichtert sowie Zeit und Geld gespart wird, aber gleichzeitig sichergestellt wird, dass das Produkt sicher ist und ordnungsgemäß funktioniert.
Die Annahme der Normenreihe IEC 60335 und die Anerkennung und Umsetzung des IECEE HOUS CBTC bietet nationalen Behörden ein hohes Maß an Gewissheit, dass diese Geräte sicher sind. Sie trägt außerdem dazu bei, dass keine Fälschungen oder Produkte mit schlechter Qualität importiert werden und/oder auf den Markt kommen.
Jing Bian, Vorsitzende des IECEE Peer Assessment Committee und Technical Director des China Quality Certification Center (CQC), merkt an, dass die IEC ihren Ruf in der Ära der traditionellen Sicherheit begründet hat und in diesem Bereich immer noch eine führende Rolle spielt. „Dank der breiten Annahme von IEC-Normen können nur Geräte, die die entsprechenden Normenanforderungen erfüllen, auf den Markt kommen. Durch IECEE und die Prüfzertifikate der Zertifizierungsstellen werden die IEC-Normen akzeptiert und in vielen Ländern als Grundlage für nationale Normen übernommen. Seit 2001 hat IECEE mehr als 1,6 Millionen CB-Prüfzertifikate ausgestellt, wovon 373.000 für Haushaltsgeräte sind.“
Um sicherzustellen, dass sämtliche Cybersecurity-Risiken adressiert werden, bietet IECEE zudem das IECEE Cyber Security Certification Programme im elektrotechnischen Bereich zur Prüfung und Zertifizierung der Cybersecurity elektrotechnischer Produkte und Systeme an. Vor kurzem wurde diesem die weit verbreitete Cybersecurity-Norm speziell für IoT-Geräte hinzugefügt. ETSI EN 303 645 legt hohe Sicherheits- und Datenschutzanforderungen für IoT-Geräte fest. Dazu zählen vernetzte Spielzeuge und Babyphone, intelligente Fernseher und Lautsprecher, vernetzte Geräte und mehr.
„Durch die Einführung von ETSI EN 303 645 erwarten wir, dass IECEE die Marktbedürfnisse besser erfüllen und gleichzeitig die Entwicklung von IEC-Normen beschleunigen kann, damit diese ein umfassenderes Sicherheitskonzept enthalten“, fügt Bian abschließend hinzu.
Redaktioneller Hinweis:
Der englischsprachige Originalartikel erschien erstmals auf etech.iec.ch in der Ausgabe 01/2024.
Zu finden unter: https://etech.iec.ch/issue/2024-01/household-safety-in-the-internet-era
Die im Text aufgeführten Normen und Standards können Sie beim VDE VERLAG erwerben.