Die Erarbeitung geeigneter Kriterien für die Bestimmung der Strahlenbeständigkeit von Elektroisolierstoffen ist sehr komplex, da derartige Kriterien von den Bedingungen abhängen, unter denen die Werkstoffe eingesetzt werden. Wird beispielsweise ein isoliertes Kabel beim Brennelementwechsel in einem Kernreaktor gebogen, so wird die Gebrauchsdauer diejenige Zeit sein, in der das Kabel eine Energiedosis erhält, welche ausreicht eine oder mehrere der für die Flexibilität relevanten mechanischen Eigenschaften bis zu einem bestimmten Grad zu verschlechtern. Die Einsatztemperatur, die Zusammensetzung der umgebenden Atmosphäre und die Zeitspanne, in der die Energiedosis aufrecht erhalten wird (abhängig von Dosisleistung oder Fluss), sind wichtige Faktoren für die Geschwindigkeit und den Mechanismus der strahleninduzierten chemischen Veränderungen. In einigen Anwendungsfällen wird die Anwendung durch vorübergehende Veränderungen begrenzt.
Zuerst müssen die Strahlenfelder, denen die Werkstoffe ausgesetzt sind, und die von den Werkstoffen empfangene Energiedosis definiert werden. Danach müssen Verfahren für die Prüfung mechanischer und elektrischer Eigenschaften erarbeitet werden, die die Veränderungen des Werkstoffs durch die Strahlung erfassen, und es muss ein Zusammenhang zwischen diesen Eigenschaften und den praktischen Erfordernissen hergestellt werden, um ein geeignetes Klassifikationssystem zu erhalten.
Der hier vorliegende Teil 1 der Reihe IEC 60544 ist der Einführungsteil in eine Reihe, die sich mit der Wirkung ionisierender Strahlung auf Isolierstoffe befasst. IEC 60544-2 beschreibt Verfahren zur Aufrechterhaltung verschiedener Umgebungsbedingungen während der Bestrahlung. Er bestimmt außerdem die Kontrollen, die über diese Bedingungen aufrechterhalten werden müssen, um die gewünschte Beanspruchung zu erhalten. Ferner werden bestimmte wichtige Bestrahlungsbedingungen, die Prüfverfahren zur Bestimmung der Eigenschaftsänderungen und zugehörige Eigenschaftsgrenzwerte festgelegt. In IEC 60544-4 wird ein Klassifikationssystem hinsichtlich der Strahlenbeständigkeit von Isolierstoffen festgelegt. Es enthält eine Reihe von Parametern zur Kennzeichnung der Eignung für den Einsatz unter Strahlung und es stellt eine Leitlinie für die Auswahl und die Kennzeichnung von Isolierstoffen und für deren Spezifikation dar. IEC 60544-5 gibt Richtlinien zur Bestimmung der Alterung im Betrieb sowie Beispiele und Einschränkungen der verschiedenen Verfahren zur Zustandsüberwachung.
Die Norm IEC 60544-1 befasst sich mit der Dosimetrie und mit Untersuchungen, die in Bestrahlungsanlagen zur Beurteilung und Prüfung von Materialkennwerten und Materialeigenschaften durchgeführt werden. Dosimetrie, die an den Einsatzorten der Materialien ausgeführt werden könnte, wird in dieser Norm nicht beschrieben.
Die Norm befasst sich außerdem eingehend mit den Gesichtspunkten, die bei der Ermittlung der Wirkung ionisierender Strahlung auf alle Arten organischer Elektroisolierstoffe zu berücksichtigen sind. Er enthält ferner für Röntgen-, Gamma- und Elektronenstrahlen eine Einführung in die Begriffe der Dosimetrie, eine Übersicht über die gebräuchlichen dosimetrischen Verfahren und eine Anleitung zur Dokumentation des Bestrahlungsprozesses.
Zuständig ist das DKE/K 183 „Bewertung und Qualifizierung von elektrischen Isolierstoffen und Isoliersystemen“ der DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE.