- Kostengünstigere Energiespeicherung als bei PV-Technologie
- Nutzung von Solarthermie für industrielle Prozesswärme
- Gewinnung von Fachexpertise durch Online-Tools
Solarthermische Kraftwerke ermöglichen kostengünstige Energiespeicherung
Bei Solarthermie, auch unter dem englischen Begriff „Concentrating Solar Power“ (CSP) bekannt, handelt es sich um eine erneuerbare Energie, die die Wärme der Sonne nutzt. Hierbei werden Sonnenstrahlen von verschiedenen Arten von Spiegeln, die die Strahlen auf einen bestimmten Punkt lenken, eingefangen. Die Energie aus dem konzentrierten Sonnenlicht erwärmt eine hoch erhitzbare Flüssigkeit im Strahlungsempfänger (Receiver), wird von dort in einen Wärmetauscher geleitet und treibt schließlich eine Dampf- bzw. Gasturbine an, die Strom erzeugt. Die meisten CSP-Kraftwerke können Wärme während des Tages speichern und diese nachts in Strom umwandeln.
Obwohl CSP in den 2000er Jahren als eine vielversprechende erneuerbare Energiequelle galt, schaffte sie es in den letzten Jahren nicht, sich wirklich durchzusetzen. Obwohl überall auf der Welt, besonders in China, CSP-Anlagen gebaut werden, sind die Kosten nicht genug gesunken, um sie wirtschaftlich rentabel zu machen. Bau und Instandhaltung von konzentrierenden Solarfeldern in rauen, oft wüstenartigen Umgebungen sind allzu häufig kostenintensiver als andere erneuerbare Energien wie Photovoltaik- oder Windenergie.
Kostengünstige Energiespeicherung
„Die komplexere Solarthermie-Technologie hat gegenüber der konkurrierenden PV-Technologie Marktanteile verloren, da die Preise von Solarmodulen in den letzten 15 Jahren deutlich nach unten gegangen sind und sie sehr einfach zu installieren sind, buchstäblich Plug and Play. Solarthermie hat gegenüber Photovoltaik jedoch einen wichtigen Vorteil: kostengünstige Energiespeicherung“, erklärt Eckhard Lüpfert, Vorsitzender von IEC/TC 117, dem technischen Komitee der IEC, das Normen für solarthermische Kraftwerke erstellt.
Die typischen Wärmespeicher bestehen aus isolierten Lagerbehältern, die mit einer heißen Salzschmelze gefüllt sind, sowie Pumpen und Wärmetauschern. Lüpfert zufolge sind die Kosten für Wärmespeicher viel geringer als bei Lithium-Ionen-Batterien, die aktuell eine der meist genutzten Formen der Energiespeicherung sind. „Die Leistung von Batterien wird besser, aber Wärmespeicher sind eine gute Nasenlänge voraus und sind immer noch etwa hundert Mal günstiger“, erklärt er.
Einem in der Fachzeitschrift Science Direct veröffentlichten Bericht zufolge „kann Solarthermie in Gebieten mit hoher Sonneneinstrahlung eine zentrale Rolle einnehmen, weshalb wesentliche Maßnahmen ergriffen werden, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, indem die mit CSP verbundenen Energiespeichersysteme verbessert werden“. In dem Artikel wird das Potential der Wärmespeicherung von CSP bei der Stabilisierung des Stromnetzes hervorgehoben, da sie „in der Lage ist, Strom in Zeiten hoher Nachfrage (Hochpreisphasen, morgens und abends) zu erzeugen und Energie zu speichern, wenn der Strombedarf niedrig, aber ein Überangebot an erneuerbarer Energie vorhanden ist (Niedrigpreisphasen, mittags)“. Die Idee ist, Solarthermie mit anderen erneuerbaren Energien wie Photovoltaik zu kombinieren und das Netz zuverlässig mit Strom zu versorgen.
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Solarthermie für industrielle Prozesswärme
Ein weiteres Argument für Solarthermie ist ihr Einsatz in Industrien, die einen hohen Energiebedarf für Wärmeprozesse haben, was allgemein als industrielle Prozesswärme bezeichnet wird. Dazu gehören die Erdölraffination, die Chemieindustrie, die Eisen- und Stahlindustrie, die Zementindustrie sowie die Lebensmittel- und Getränkeindustrie.
Zur Herstellung von Zement werden beispielsweise Rohstoffe wie Kalkstein und Lehm zu einem feinen Pulver gemahlen, das dann in einem Zementofen auf eine Temperatur von 1450 °C erhitzt wird. Für diesen Wärmeprozess wird Energie aus fossilen Brennstoffen benötigt, die einen hohen CO2-Ausstoß verursachen. Von allen Seiten wächst der Druck, diesen Prozess zu dekarbonisieren. Ein Teil der Forschung konzentriert sich auf Materialien, die eine geringere Erhitzung benötigen. Das zur Erhitzung der Wärmeträgerflüssigkeit in der Solarthermie genutzte konzentrierte Sonnenlicht hingegen kann die hohen Temperaturen liefern, die benötigt werden.
Solarthermie kann auch für mittels Sonnenenergie erzeugte Brennstoffe zum Einsatz kommen.
Zwingende Notwendigkeit von Normen
IEC/TC 117 hat seine ersten Normen im Jahr 2017 veröffentlicht und in den vergangenen Jahren wichtige Benchmarks für die Industrie erarbeitet, die dazu beitragen, die Qualität von Bauteilen und Anlagen zu garantieren und die Kosten von solarthermischen Technologien zu senken und diese somit wettbewerbsfähiger zu machen. Normen stellen außerdem die Sicherheit und Zuverlässigkeit von solarthermischen Anlagen weltweit sicher. „Ein CSP-Kraftwerk ist nicht nur eine elektrische Anlage, es ist schon fast eine Chemieanlage. Hier kommen gefährliche Stoffe zum Einsatz, wie organische Flüssigkeiten, die auf sehr hohe Temperaturen erhitzt werden. Die Gewährleistung der Sicherheit der Belegschaft und der direkten Umgebung der Anlage ist daher extrem wichtig und deshalb auch einer der Schwerpunkte unserer Normen“, erklärt Lüpfert.
Auch in Zukunft braucht es weitere Normen, die den Einsatz von Solarthermie in Nischenanwendungen, wie industrielle Prozesswärme, abdecken. Lüpfert erklärt: „Wir können die Erkenntnisse und Erfahrungen, die wir aus solarthermischen Anlagen gewonnen haben, nehmen und sie auf Anwendungen im Bereich der industriellen Prozesswärme übertragen. Wir müssen den Anwendungsbereich der Normen von IEC/TC 117 erweitern. Oft müssen wir das im Hinblick auf Leistung und Zuverlässigkeit Erreichte nur für diese Anwendungen anpassen.“
Eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre besteht darin, die richtigen Fachleute für die Normungsarbeit zu gewinnen. „Wir haben viele Wissenschaftler*innen, aber wir brauchen mehr Leute, die in die Arbeit vor Ort eingebunden sind und Fachleute aus der Industrie“, sagt Lüpfert.
Aber es gibt auch Hoffnung. „Seit COVID haben wir unsere Arbeitsweise verändert und Online-Meetings sind ein Segen. Dank Online-Tools gewinnen wir zunehmend Personen für uns, die besser für die von uns benötigte Arbeit qualifiziert sind, besonders aus dem Industriesektor. Wir nutzen zudem Foren wie SolarPACES, eine Technologieplattform, die es uns ermöglicht, dringende Themen in Bezug auf CSP ohne die formalen Beschränkungen der Normungsarbeit vorab zu diskutieren“, fügt er hinzu.
Konzentrierende Solarthermie-Technologien können eine entscheidende Rolle beim Erreichen des Ziels von Nullemissionen spielen und die internationalen Normen der IEC unterstützen sie dabei.
Redaktioneller Hinweis:
Der englischsprachige Originalartikel von Catherine Bischofberger erschien erstmals auf etech.iec.ch in der Ausgabe 05/2024 unter:
https://etech.iec.ch/issue/2024-05/concentrating-solar-power-for-cheap-energy-storage
Inhaltliche Beschreibungen, Darstellungen und Meinungen in diesem IEC-Text können von denen der DKE abweichen.
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