- Ergebnisse der Studie
- Aufgaben für die Normung
Flexible kristalline Silizium-Solarzellen: Dr. Zhengxin Liu (IEC/TC 82) mit Fachbeitrag im Nature-Magazin
Obwohl kristalline Silizium-Solarzellen über viele Vorzüge verfügen, darunter das hohe Vorkommen von Silizium, der hohe Wirkungsgrad bei der Umwandlung in Strom, ihre Langlebigkeit sowie ihr ausgereiftes Herstellungsverfahren, wurde bisher eigentlich immer davon ausgegangen, dass sie aufgrund der spröden Beschaffenheit kristalliner Siliziumwafer nicht für flexible Anwendungen genutzt werden können.
Aus diesem Grund sind elektronische Siliziumbauteile gewöhnlich von starren Glas- und/oder Rückseitenfolien ummantelt, wodurch herkömmliche monofaziale bzw. bifaziale PV-Module entstehen. Diese Module machen mehr als 95 Prozent des heutigen PV-Marktes aus.
Der Weg zu faltbaren Siliziumwafern
Ihr niedriges Verhältnis von Leistung zu Masse erschwert jedoch ihre Installation auf Satelliten, Gebäuden, Automobilen, Kleidung und anderen gekrümmten Oberflächen. Das Forschungsteam von Dr. Zhengxin Liu hat eine Strategie zur Herstellung faltbarer Siliziumwafer mit einem kleinen Biegeradius von etwa 4 mm entwickelt.
Bei der Herstellung von leichten, biegsamen, amorphen kristallinen Silizium-Heterostruktursolarzellen beträgt der Wirkungsgrad der Energieumwandlung einer unabhängigen Messung zufolge mehr als 24 Prozent. Bei der Verkapselung der Zellen in große, biegsame Solarmodule (>10.000 cm2) erreichte der Wirkungsgrad der Energieumwandlung 22,8 Prozent, und liegt damit deutlich über dem anderer flexibler Module aus kostengünstigen Materialien.
Im Vergleich zu standardmäßigen bifazialen Modulen, die von Glas ummantelt sind, sinkt das Gewichts-Leistungs-Verhältnis von flexiblen bifazialen Modulen in dieser Studie um etwa 95 Prozent, was potenziell den Weg für einen großen Markt für sich selbst mit Energie versorgende Elektronikprodukte in naher Zukunft ebnet.
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Langfristige Stabilität ist ein wichtiges Thema
Im Hinblick auf flexible Anwendungen sollte der Fokus auf ihre langfristige Stabilität gerichtet werden. Beispielsweise entstehen Mikrorisse bei der Modulverkapselung. Eine genauere Untersuchung zeigt, dass sich diese Mikrorisse an den Endpunkten der Lötstreifen (an den Modulkanten) befinden. Das deutet darauf hin, dass maximale Druckspannung ausgeübt wird, wenn sich der Endpunkt der Lötstreifen und die Geräteoberfläche berühren. Dies wird durch eine Finite-Elemente-Analyse mittels der Software COMSOL Multiphysics bestätigt.
Das Forschungsteam schlug vor, die Pyramiden an den Kanten des Wafers abzustumpfen und die spitzen V-förmigen Kanäle in abgerundete U-förmige Kanäle zwischen den Oberflächenpyramiden umzuwandeln. Durch die Verteilung der Spannung reduzierte dieses Vorgehen die maximale Spannung um etwa eine Größenordnung, wodurch die Solarzellen resistenter gegenüber Verformungen der Wafer und häufiger Vibrationen wurden.
Der Biegeradius einer Zelle der Größe M2 (156x156 mm) beträgt weniger als 8 mm. Bei der Verkapselung in große Module von mehr als 2 m2 lassen sie sich ähnlich wie Dünnschichtmodule aus a-Si, organischen Stoffen, CIGS, CdTe und Perowskit rollen. Der am wenigsten kritische Biegeradius beträgt weniger als 5 cm, was darauf hinweist, dass sie sich für viele Nischenanwendungen eignen. Darüber hinaus handelt es sich bei diesen flexiblen Solarzellen um freistehende Geräte, im Gegensatz zu anderen Dünnschichtzellen, die auf teuren organischen Substraten oder Edelstahl angebracht sind.
Die Forschungsgruppe hat Anwendungen für Fahrzeuge vorgestellt, die in einer Höhe von 10 bis 100 km operieren. In diesem Bereich stellt die Weltraumstrahlung aus ultravioletten Strahlen und hochenergetischen Teilchen keine große Herausforderung dar. Vor einem künftigen Einsatz sollten weitere Versuche durchgeführt werden, um die Auswirkungen extremerer Aufgaben abzuschätzen.
Normen und Prüfungen erforderlich
In ihrer Studie stellt das Forschungsteam außerdem fest, dass es keine detaillierten Prüfstandards für flexible Silizium-PV-Module gibt. Das technische Komitee IEC/TC 82 (DKE/K 373), das Normen für photovoltaische Solarenergieanlagen erarbeitet, könnte die Arbeit in diesem Bereich leiten. Eine Versuchsanordnung für Schwingungsprüfungen muss noch festgelegt werden. Zu den Parametern für Biegetests gehören Biegeradius und Haltedauer, weitere Prüfverfahren könnten Elektrolumineszenz-, Photolumineszenz-, Stromspannungs-Analyse usw. sein.
Abschließend werden Prüfungen des Spannungseffekts empfohlen, da die ausgeübte Zugkraft zum Versagen des Verkapselungsmaterials führen und die konformen Kontakte zwischen dem Verkapselungsmaterial und der Zelloberfläche sowie die konformen Kontakte zwischen den Lötstreifen und der Zelloberfläche zerstören kann.
Redaktioneller Hinweis:
Der englischsprachige Originalartikel erschien erstmals auf etech.iec.ch in der Ausgabe 06/2023.
Zu finden unter: https://etech.iec.ch/issue/2023-06/making-flexible-crystalline-silicon-solar-cells-a-reality
Der Fachbeitrag im Nature-Magazin ist kostenfrei zugänglich: https://www.nature.com/articles/s41586-023-05921-z
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