Holzbloecke mit der Beschriftung SMART
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08.08.2022 Fachinformation

Hinter dem Marketing-Hype

„Smart” ist ein allgegenwärtiger Begriff, der in unterschiedlichsten Kreisen und Branchen Verwendung findet. Es ist daher dringend geboten, dass IEC-Experten entsprechende Definitionen festlegen. Das Technische Komitee IEC/TC 1 arbeitet bereits daran.

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Von Catherine Bischofberger

Der Begriff “smart” wird in vielen Bereichen verwendet – von Smart Tech, Smart Grid, Smart Energy über Smart Lights bis hin zu Smart Standards, um nur ein paar zu nennen.

Aber was bedeutet „smart“ eigentlich tatsächlich? Gibt es eine akzeptable Definition, auf die alle Techniker und Ingenieure, die bei der IEC arbeiten, zurückgreifen können? Und kann es sein, dass durch den Marketing-Hype, der um dieses Wort gemacht wird, der tatsächliche Nutzen nicht klar erkenntlich ist?

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Hier setzt die Arbeit von IEC/TC 1 (DKE/K 111) an, das sich mit der Terminologie auseinandersetzt. IEC/TC 1 ist das erste von der IEC eingerichtete Technische Komitee und spielt eine zentrale Rolle bei der Verwaltung des internationalen elektrotechnischen Vokabulars (en: International Electrotechnical Vocabulary, IEV), auch bekannt als Electropedia.

Unter „Terminologie“ wird die Gesamtheit gemeinsam vereinbarter Definitionen, Konzepte und Begriffe eines Fachgebiets verstanden. Die Terminologie dient dazu, Mehrdeutigkeiten, die im Zusammenhang mit Wörtern und Sätzen bestehen, insbesondere im Bereich der Elektrotechnik, zu reduzieren. Der Inhalt von Electropedia ist auch in der Normenreihe IEC 60050 veröffentlicht worden.

Vor Kurzem wurde JPT3, ein neues gemeinsames Projektteam (en: joint project team, JPT), geleitet von Maurice Wilkins, Xiaomi An und Patrick Zimmermann, gebildet, um Terminologie in Bezug auf intelligente („smarte“) und digitale Systeme im IEV festzulegen. Alle drei haben sich bereiterklärt, IEC e-tech über ihre Arbeit auf dem Laufenden zu halten.

e-tech: Warum haben Sie entschieden, die Arbeit des gemeinsamen Projektteams in drei separate Taskforces aufzuteilen?

Wilkins: Wir fanden es bei mehreren Dingen schwierig, einen Konsens zu finden, deshalb haben wir Taskforces gebildet, um die Effizienz, Effektivität und Leistung der Projektarbeit zu verbessern. Wir beschlossen, die grundlegenden Bereiche, die in der ursprünglichen Umfangsdefinition festgelegt sind, zu priorisieren: „Systeme“, „smart“ und „digital“. Außerdem dachten wir, dass separate Taskforces uns helfen würden, fokussierter zu arbeiten.

Die erste Taskforce, TF 1, wurde gebildet, um die Grenzen des Aufgabenbereichs des gemeinsamen Projektteams festzulegen. Die zweite Taskforce, TF 2, haben wir aufgestellt, um die Begriffe „smart“ und „smarte Systeme“ zu definieren.

Wir brauchten zudem ein paar erste Begriffe und Quellen, um mit der eigentlichen Terminologiearbeit beginnen zu können, deshalb wurde die dritte Taskforce zusammengestellt, um die entsprechenden Begriffe zu sammeln, die innerhalb des von TF 1 definierten Aufgabenbereiches fallen.

e-tech: Was sind die größten Herausforderungen bei der Festlegung der Terminologie für smarte Systeme?

An: Die Arbeit von JPT3 betrifft viele Bereiche, inklusive der Komitees, die sich mit smarten Städten, smarter Produktion, smarter Energie und anderen smarten Systemen beschäftigen, plus die technischen Komitees, die sich mit fahrerlosen Transportsystemen, Robotik usw. auseinandersetzen. Die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses bezüglich „smarter“ Begriffe und der Art der Begriffsbeziehungen ist eine große Herausforderung. Es gibt unterschiedliche Meinungen bezüglich der Begrifflichkeiten, den Eigenschaften von „smarten“ Gegenständen und dessen, was „smart“ ausmacht.

Es gibt die Forderung nach einem mehrdimensionalen „System des Systemdenkens“, d. h. die Nutzung eines Systemansatzes, um Begriffe aus verschiedenen Fachgebieten und auf unterschiedlichen Ebenen, die für den Begriff „smart“ relevant sind, zu vereinheitlichen.

Zudem müssen wir uns von dem Marketing-Hype lösen. „Digital“ und „smart“ sind Schlagwörter, die momentan in Mode sind. Sie werden allerdings häufig nicht in einem wissenschaftlichen Sinn, sondern aus einer Marketing-Perspektive verwendet, was es schwierig macht, den eigentlichen Begriff zu verstehen.


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e-tech: Gab es seitens der Technischen Komitees der IEC spezifische Forderungen, die Terminologie hinsichtlich smarter Systeme zu klären?

Zimmermann: Ja. Die Ursprünge von JPT3 entstanden aus den Forderungen nach Vereinheitlichung häufig verwendeter Begriffe und Definitionen, die in den Systemkomitees IEC SyC Smart Cities und IEC SyC Smart Manufacturing sowie in IEC/TC 65 (DKE/K 931), das „smart“ und „digital“ bei Automatisierungssystemen nutzt, verwendet wurden. Die Terminologie-Arbeitsgruppen der beiden Systemkomitees und TC 65 hatten bereits seit Monaten zusammengearbeitet und eine Liste gängiger Begriffe identifiziert, die eine Vereinheitlichung der Definitionen hinsichtlich Bedeutung, Wortlaut, Anmerkungen, Quellen usw. verlangten.

Komitees wie IEC/TC 44 (DKE/K 225), das die Anwendung elektrotechnischer Geräte und Systeme in Maschinen vereinheitlicht, und das gemeinsame Technische Komitee aus IEC und ISO, ISO/IEC JTC 1, das Normen für Informationstechnologie erarbeitet, sind ebenfalls in die Arbeit eingebunden. Der Managementausschuss für Normung (en: Standardization Management Board, SMB) der IEC hat eine Strategiegruppe (SG 12) eingerichtet, die sich mit digitaler Transformation innerhalb der IEC auseinandersetzt und diese Gruppe nimmt ebenfalls an unseren Gesprächen teil.

e-tech: Wie sieht Ihr Zeitplan für die Aufnahme in das IEV aus?

Wilkens: Zunächst einmal müssen wir festlegen, was aufgenommen werden muss. Wenn diese Frage beantwortet ist, können wir mit dem nächsten Arbeitsschritt weitermachen, für den Zeitpläne erarbeitet werden können. Wir hoffen, dass wir das 2022 umsetzen können.


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