Aktuelle Herausforderungen für die europäische Standardisierung thematisierte das erste Panel des Tages unter Moderation von Wolfgang Niedziella, Geschäftsführer der VDE Gruppe mit Joaquim Nunes de Almeida, Stellvertretender Generaldirektor für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMUs (GD GROW), Europäische Kommission, Dr. Andreas Schwab, Mitglied des Europäischen Parlaments, Dr. Elisabeth Stampfl-Blaha, Geschäftsführende Direktorin Austrian Standards, Rada Rodriguez, Präsidentin Europe’s Technology Industries Orgalim sowie Markus J. Beyrer, Generaldirektor BusinessEurope. Darin wurde der Wunsch nach einer neuen Industriestrategie in Europa deutlich und ein klares Angebot der Industrie an die Politik und die Kommission für einen Dialog gemacht. Normung sei in Europa eine wichtige Komponente für Wirtschaft, Politik und Verbraucher und auch eine starke Säule des europäischen Binnenmarktes. Im Rahmen einer ‚Neuen Partnerschaft‘ aller Beteiligten solle die über 60-Jährige Erfolgsgeschichte der Normung in Europa auch erfolgreich weiter gezeichnet werden. Alle Beteiligten müssten die Funktionsweise des Systems weiter verbessern, um die Ziele der technologischen Souveränität Europas, des zweifachen ökologischen und digitalen Wandels und des wirtschaftlichen Wiederaufschwungs zügig und angemessen zu unterstützen. Der Schlüssel für einen gemeinsamen Erfolg sei der gemeinsame Dialog und das gegenseitige Vertrauen aller Beteiligten. Es solle ein geeignetes Dialogformat mit Vertretern aller beteiligten Kreise initiiert werden, um auf höchster Ebene gemeinsam Lösungen zu finden und den Normungsprozess zu beschleunigen.
Wie Normen und Standards zum Erfolg des Grünen Deals beitragen können, diskutierten Clara de la Torre, Stellvertretende Generaldirektorin für Klimaschutz (GD CLIMA) der Europäischen Kommission, Henrike Hahn, Mitglied des Europäischen Parlaments, Monique Goyens, Generaldirektorin des Europäischen Verbraucherverbands BEUC, Christoph Wendker, Leiter Technisches Produktmanagement und Umweltreferat, Miele & Cie. KG sowie Dr. Marcus Wirtz, Geschäftsführender Gesellschafter JÖST GmbH + Co. KG, unter Moderation von Christoph Winterhalter, Vorstandsvorsitzender DIN e.V. Als Fazit schlug Winterhalter vor: „Zur strategischen Zusammenarbeit zwischen Politik und Normung für die Umsetzung des Circular Economy Action Plans sollte eine High-Level Group gegründet werden, die einen Europäischen Masterplan für Circular Economy erarbeitet – vergleichbar mit der Normungsroadmap Künstliche Intelligenz von BMWi mit DIN und DKE. Im Rahmen dieses Multi-Stakeholder-Ansatzes solle der Normungsbedarf identifiziert werden, um parallel zur politischen Willensbildung die technischen Rahmenbedingungen zu schaffen.“ Darüber sei das Ergebnis der Paneldiskussion der klare Wunsch nach einem Bottom-Up-Ansatz: Die Kommission solle klare Ziele setzen, aber die verfahrenstechnischen Details sollten den Experten in der Normung überlassen bleiben. Je schneller die Normung arbeite, desto eher könnten die Produkte exportiert werden und der europäischen Wirtschaft international einen Vorsprung geben. Klares Fazit: „Der Grüne Deal kann nur mit Normung gelingen!“
Die Flexibilität der Standardisierungsorganisation in der Pandemiebekämpfung lobte Kerstin Jorna, Generaldirektorin für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMUs (GD GROW) der Europäischen Kommission. Sie unterstützte die Ideen aus den Panels nach einer stärkeren Kooperation zwischen Politik und Normung sowie der Erarbeitung eines Masterplans für den Grünen Deal. Denn Normen und Standards könnten die grüne und digitale Transformation entscheidend vorantreiben. Verbraucher müssten dabei Teil der grünen Bewegung werden, woran Vertrauen schaffende Standards einen wesentlichen Anteil haben könnten. Denn, so schloss Jorna: „Standards sind sexy!“
Als Fazit des Workshops zog Dr. Thomas Zielke, BMWi-Referatsleiter Technologietransfer durch Normung und Patente: „Wir haben ein gut funktionierendes Normungssystem in Europa, das helfen soll, Herausforderungen zu meistern und zur Bewältigung der twin transition beitragen kann“. Die Öffentlich-Private Partnerschaft zwischen der Bundesregierung mit DIN und DKE habe sich als eine erfolgreiche Arbeitsteilung erwiesen. Dr. Zielke wies darüber hinaus auf das vom BMWi in Auftrag gegebene Rechtsgutachten zum europäischen System der harmonisierten Normen hin. Haupterkenntnisse des Gutachtens seien u. a., dass harmonisierte Normen kein Unionsrecht bzw. keine Rechtsakte der Union seien. Die EU-Kommission dürfe keinen inhaltlichen Einfluss auf harmonisierte Normen nehmen, sondern nur Prozesse und Formalia prüfen. Die EU-Kommission hafte auch nicht für etwaige Fehler von harmonisierten Normen.
Die Ergebnisse des virtuellen Workshops werden vom BMWi im Nachgang aufbereitet und sollen als Unterstützung für die weitere Zusammenarbeit im Normungsprozess dienen. Unter dem #standards4greendeal besteht in den sozialen Netzwerken weiterhin die Gelegenheit zur Diskussion.
Quelle: https://www.din.de/de/din-und-seine-partner/presse/mitteilungen/der-gruene-deal-kann-nur-mit-normung-gelingen-754214