DIN IEC/TS 62668-1 DIN SPEC 42668-1:2013-02

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Luftfahrtelektronik-

Prozessmanagement - Verhinderung von Produktfälschung - Teil 1: Vermeidung des Gebrauchs von gefälschten, betrügerischen und wiederverwerteten elektronischen Bauelementen (IEC/TS 62668-1:2012)

Kurzdarstellung

Diese Technische Spezifikation definiert Anforderungen zur Vermeidung des Gebrauchs von gefälschten, wiederverwerteten und betrügerischen Bauelementen, die in den Industrien der Luft- und Raumfahrt und Verteidigung sowie in Hochleistungsanwendungen (ADHP - Aerospace, Defence and High Performance) eingesetzt werden. Sie legt auch Anforderungen an die ADHP-Industrien zur Wahrung ihres geistigen Eigentums (IP - Intellectual Property) an allen ihren Produkten und Dienstleistungen fest. Die mit dem Kauf von Bauelementen außerhalb von Netzwerken konzessionierter Vertreiber verbundenen Risiken werden in IEC/TS 62668-2, berücksichtigt. Obwohl diese Spezifikation für die Luftfahrtelektronikindustrie erstellt wurde, kann sie auch von anderen Industrien für Hochleistungs- und hochzuverlässige Systeme nach eigenem Ermessen angewendet werden.
Tätigkeiten zur Verhinderung von Produktfälschung beginnen mit der Definition und Kenntnis dessen, was geistiges Eigentum (IP) ist. Produktfälschung findet statt, wenn das geistige Eigentum des Originalherstellers auf betrügerischere Weise verletzt wird. Daher geht es bei Tätigkeiten zur Verhinderung von Produktfälschung um die Wahrung des geistigen Eigentums.
Der Begriff „geistiges Eigentum (IP)“ bezieht sich auf geistige Schöpfungen: Erfindungen, literarische Werke und Kunstwerke sowie Symbole, Namen, Bilder und Muster, die im Handel genutzt werden. Hierbei handelt es sich um Eigentum, das durch geistige oder kreative Tätigkeiten geschaffen wurde. Es umfasst Patente, Marken, Urheberrechte und Muster. Eigentum kann besessen, vermietet, lizenziert, verkauft oder verschenkt werden.
Viele Kulturen sind mit dem Begriff des geistigen Eigentums nicht vertraut und entsprechen nicht den WTO-Definitionen von geistigem Eigentum. Mit dem wachsenden Welthandel aber ist es entscheidend, dass alle weltweiten Organisationen den Definitionen von geistigem Eigentum entsprechen. Eine Nichtentsprechung kann zu Schadensersatzansprüchen wegen Produktfälschung führen, wenn keine Täuschungsabsicht vorliegt. Es ist zum Beispiel üblich, dass Bauelemente und Materialien vor Ort bezogen werden, sie aber unter Umständen nicht vollständig den Kundenanforderungen entsprechen. Ein regionaler Ersatz ist oft die einzige Lösung für eine schnelle Lieferung. Es ist jedoch erforderlich, dass alle Ersatzbauelemente oder -materialien dem Kunden bekannt gegeben werden und dieser seine Genehmigung erteilt, bevor sie versandt werden. Wird der Kunde nicht informiert, kann dies dazu führen, dass der Kunde erklärt, die Bauelemente seien ‚verdächtig’ und damit ‚gefälscht’.
Obsoleszenzprobleme bei Bauelementen der Luftfahrtelektronik können zu folgenden Situationen führen:
- Es ist schwierig, die veralteten Bauelemente aufzufinden und von konzessionierten Vertreibern oder vom OCM, der seinen Handel eingestellt haben kann, zu beziehen.
- Es können lange Lieferzeiten, z. B. mehr als 26 Wochen, von konzessionierten Ersatzteilquellen oder vom OCM für spezielle montierte Bauelemente angeboten werden.
- Es können nur begrenzte Mengen erhältlich sein.
Diese Situationen bilden üblicherweise einen Markt mit hoher Wertschöpfung, in dem die Bauelementekosten in dieser Phase des Bauelemente-Lebenszyklus beträchtlich höher sein können als die ursprünglichen Bauelementekosten. Außerdem haben Originalhersteller von Luftfahrtausrüstungen/-geräten üblicherweise einen kurzfristigen Bedarf und wollen kostspielige Neukonstruktionen vermeiden. Diese Situationen sind für Betrüger und Fälscher, die die Luftfahrtelektronikindustrie ausnutzen wollen, sehr attraktiv. Somit ist ein Markt entstanden, in dem eine dringende Nachfrage durch gefälschte und betrügerische Bauelemente erfüllt werden kann.
Hierbei handelt es sich um ein anhaltendes Problem, insbesondere wenn der OEM Luftfahrtausrüstungen/
-geräte mit veralteter Konstruktion aufrechterhalten muss. In solchen Fällen kann die aktuelle Produktionstätigkeit zum Beispiel eine Instandhaltungstätigkeit mit künftigem Obsoleszenzproblem umfassen. Die Versuchung, die Herstellung von Bauelementen für diesen Obsoleszenzmarkt im Bereich der Luftfahrtelektronik fortzusetzen, ist für Produktfälscher sehr groß, und diese Tätigkeit ist zu „leicht verdientem“ Geld geworden. Produktfälschungsaktivitäten sind mit der wachsenden Kenntnis dieser Aktivitäten und den verbesserten Beschaffungstätigkeiten in der Luftfahrtgemeinschaft immer ausgeklügelter geworden. Heute ist es durchaus üblich, dass gefälschte und betrügerischere elektronische Bauelemente dem Anschein nach echt sind, bei Raumtemperatur und in etwa über den Temperaturbereich elektrisch funktionieren. Deshalb müssen Verfahren zur Ermittlung von Produktfälschungen heute ausgefeilter sein als nur Sichtprüfungen und die Kenntnis davon, wo das Bauelement zuletzt gekauft wurde.
Produktfälschungsaktivitäten aber können mit arglistigeren Absichten verbunden sein. Mit der wachsenden Raffinesse bei Produktfälschungen wird es künftig immer schwieriger werden, zwischen Produktfälschungsaktivitäten, bei denen es sich lediglich um geschäftliche Bestrebungen zur Erzielung eines Gewinns handelt, und Aktivitäten, die wirklich eine Sabotage darstellen, zu unterscheiden.
In der Luftfahrtelektronikindustrie werden zurzeit verschiedene Definitionen von „Produktfälschung“ verwendet, die im Wesentlichen eine Verletzung der Rechte des geistigen Eigentums darstellt. Definitionen von Produktfälschung aber müssen auf der rechtlichen Definition beruhen, um sicherzustellen, dass eine strafrechtliche Verfolgung bei der Behandlung von Produktfälschungen durch die Justiz stattfinden kann. Die Definition von Produktfälschung sollte nicht mit dem Begriff „Wiederverwertung“ verwechselt werden. Die Verwendung des Begriffs „Produktfälschung“ erweist sich als rechtlich schwierig, da Beweise für den Nachweis erforderlich sind, dass das geistige Eigentum des Originalherstellers verletzt wurde. Einfacher ist es, den Begriff „betrügerisch“ zu verwenden, der zusätzliche Sachverhalte nicht rückverfolgbarer Bauelemente unbekannten Ursprungs erfasst und auch eher strafrechtlich belegt ist.
Wenn Bauelemente als wiederverwertete Bauelemente verkauft werden, ist dies eine rechtmäßige Tätigkeit. Viele Industrien verwenden diese Praktik, um teure Chipsätze wiederzugewinnen, z. B. die Telekommunikationsindustrie.
Die Luftfahrtelektronikindustrie muss sicherstellen, dass alle produzierten Luftfahrtausrüstungen/-geräte eine vorhergesagte Produktlebensdauer entsprechend der vorhergesagten Instandhaltungs- und Betriebslebensdauer haben, damit eine Gefährdung der Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. Der OEM berechnet üblicherweise eine Vorhersage der mittleren Dauer zwischen Ausfällen (MTBF) und möglicherweise der mittleren Dauer bis zum Ausfall (MTTF). Diese Berechnungen gehen davon aus, dass die Bauelemente zum Zeitpunkt des Einsatzes in der Luftfahrtanwendung neu sind oder als „ungebrauchte“ Bauelemente gelten und dass keine nutzbare Lebensdauer der Bauelemente verbraucht wurde und/oder keine „unsicheren“ Bauelementebedingungen angewendet wurden.
Zu wiederverwerteten Bauelementen gibt es keine Angaben darüber, wie viel der nutzbaren Lebensdauer bereits vor der Wiederverwertung verbraucht wurde, sodass eine vorhergesagte verbleibende Lebensdauer nicht berechnet werden kann. Auch während des Wiederverwertungsprozesses selbst, wenn er unkontrolliert durchgeführt wird, können Schäden, z. B. latente ESD- oder Überlastungs-(EOS-)Schäden, an den Bauelementen verursacht werden, die nicht sofort entdeckt werden können, aber zu einem Langzeit-Fehlermechanismus führen, der die restliche Funktionsfähigkeit des Bauelements beeinträchtigen könnte.
In einigen Industrien wie der Telekommunikationsindustrie, die die teuren ASIC-Schaltungen aus zurückgegebenen Handys wiederverwerten, ist die Wiederverwertung eine normale Tätigkeit. Die Widerverwertung an sich ist nicht gesetzwidrig, wenn alle Parteien der Transaktion wissen, dass es sich um wiederverwertete Bauelemente handelt. Wiederverwertete Bauelemente oder Produkte gelten als „Fälschungen“, wenn sie in betrügerischer Weise als „neue“ oder „ungebrauchte“ Bauelemente verkauft werden. Strafrechtlich betrachtet aber würde es sich hierbei üblicherweise eher um eine „betrügerische“ als eine „Fälschungs“-Aktivität handeln, wobei der Betrug in dem Verkauf von wiederverwerteten als neue oder ungebrauchte Bauelemente liegt. Zu beachten ist, dass es schwierig ist, „Produktfälschung“ rechtskräftig nachzuweisen, und es für Strafverfolgungsbehörden oft einfacher ist, Betrugsbeschwerden zu verfolgen. Es ist jedoch zu beachten, dass Originalhersteller von Luftfahrtausrüstungen/-geräten ein von ihren Kunden genehmigtes betriebinternes Wiederverwertungsverfahren einsetzen können, wenn sie ihre Baugruppen im Unternehmen unter Anwendung ihrer innerbetrieblich kontrollierten Instandhaltungsbedingungen, wie im Managementplan für elektro¬nische Bauelemente (ECMP) nach IEC/TS 62239 festgelegt, reparieren.
Zuständig ist das K 684 „Process Management for Avionics“ der DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE.

Beziehungen

Enthält:

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07.05.2012 Historisch
IEC TS 62668-1:2012-05
Luftfahrtelektronik-Prozessmanagement – Verhinderung von Produktfälschung – - Teil 1: Vermeidung des Gebrauchs von gefälschten, betrügerischen und wiederverwerteten elektronischen Bauelementen

Entwurf war:

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01.04.2011 Historisch
E DIN IEC 62668-1:2011-04
Luftfahrtelektronik-Prozessmanagement - Verhinderung von Produktfälschung - Teil 1: Leitfaden zur Vermeidung des Gebrauchs von gefälschten, betrügerischen und wiederverwerteten elektronischen Bauelementen (IEC 107/146/CD:2011)

Ersetzt bzw. ergänzt:

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01.04.2021 Aktuell
DIN EN IEC 62668-1:2021-04
Luftfahrtelektronik-Prozessmanagement - Verhinderung von Produktfälschung - Teil 1: Vermeidung des Gebrauchs von gefälschten, betrügerischen und wiederverwerteten elektronischen Bauelementen (IEC 62668-1:2019); Deutsche Fassung EN IEC 62668-1:2019

Dieses Dokument entspricht:

Dokumentart
Vornorm
Status
Historisch
Erscheinungsdatum
01.02.2013
Sprache
Deutsch
Zuständiges Gremium
Kontakt
Referat
Daniel Failer
Merianstr. 28
63069 Offenbach am Main

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Referatsassistenz
Marina El Sleiman
Merianstr. 28
63069 Offenbach am Main

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