Symbol für Elektrotankstelle fuer Elektroautos auf der Straße
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13.09.2021 Fachinformation

Zukunftsaussichten für ein nachhaltiges Verkehrswesen in Städten

Wer an Städte denkt, dem kommt häufig auch der Verkehr in den Sinn. Volle Straßen, Abgase und lautes Hupen gehen damit einher. Fest steht: Langfristig ist das keine Lösung für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Was aber tun?

Neue Technologien können ebenso helfen wie die Elektrifizierung des Verkehrswesens. Eine sehr wichtige Rolle nimmt die Normung hierbei ein, indem sie sichere und interoperable Lösungen für eine nachhaltige Mobilität erarbeitet.

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Von Natalie Mouyal

Die Bewältigung des städtischen Verkehrsaufkommens wird in den kommenden zehn Jahren für viele Städte eine zentrale Rolle spielen.

Laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) sind Beförderungsmittel für nahezu ein Viertel des weltweiten energiebedingten CO2-Ausstoßes verantwortlich und Grund für Verkehrsstaus, Umweltverschmutzung und eine verminderte Lebensqualität.

Und durch die steigenden Einwohnerzahlen in Städten sowie die zunehmende Anzahl an Fahrzeughaltern und leistungsschwache Verkehrssysteme verschlimmern sich diese Probleme nur noch.

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Durch die globalen Lockdown-Maßnahmen infolge der COVID-19-Pandemie ging die Mobilität im Jahr 2020 in noch nie dagewesenem Ausmaß zurück. Die IEA meldete in ihrem Report, dass der Straßenverkehr in Regionen mit geltenden Lockdown-Maßnahmen um 50 bis 75 Prozent zurückging, während der weltweite Straßenverkehr bis Ende März 2020 im Durchschnitt auf fast 50 Prozent des Vorjahresniveaus sank. Dennoch sind die globalen Kohlendioxidemissionen wieder sprunghaft angestiegen und waren im Dezember 2020 um zwei Prozent höher als noch im Dezember 2019.

Die „neue Normalität“ finden

Von vielen kann die Pandemie als Chance genutzt werden, um umweltfreundliche und nachhaltige Lösungen weiterzuentwickeln.

Auf dem Höhepunkt der Lockdown-Phase haben Stadtverwaltungen in ganz Europa – von Bukarest bis Helsinki – neue Fahrradinfrastrukturen über eine Länge von insgesamt 2.300 km geschaffen und mehr als 1 Milliarde Euro wurde für radverkehrsnahe Infrastrukturen aufgewendet.

Pandemiebedingt sind aber gleichzeitig auch die Fahrgastzahlen im öffentlichen Nahverkehr zurückgegangen. In einigen Städten wurde sogar ein Rückgang des Fahrgastaufkommens um bis zu ein Drittel verzeichnet, da die Bürger im Homeoffice arbeiteten oder den Nahverkehr mieden. Dahingegen hat der Pkw-Verkehr in einigen Regionen der Welt ein Niveau erreicht, das über dem Niveau vor der Pandemie liegt. Im Vergleich zum Vorjahr hat der Straßenverkehr im Großraum London um 20 Prozent zugenommen, und das Verkehrsaufkommen im australischen Perth stieg um 18 Prozent.


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Revolutionäre Neuerung

Das Verkehrswesen gilt als grundlegende Voraussetzung, um die Stadtentwicklung zu gewährleisten. Ein nachhaltiges Verkehrswesen ist in den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen verankert, vor allem in SDG 11, in dem gefordert wird, dass Städte und Siedlungen zugänglich, sicher, robust und nachhaltig gestaltet werden. Bereits vor der Covid-Pandemie wurde versucht, neue Möglichkeiten zu schaffen, um das Reisen umweltfreundlicher zu gestalten. Der heutige technologische Fortschritt bietet hierfür mögliche Perspektiven.

Neue Technologien, wie Künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge und Cloud Computing, können den Verkehrssektor mit Intelligenz bereichern. Mithilfe von Verkehrstelematik können Städte von diesen neuen Technologien profitieren und so Verkehrsstaus und Umweltverschmutzung verringern, den Kraftstoff- und Stromverbrauch senken und Fahrzeiten verkürzen. Im öffentlichen Nahverkehr könnte die Verfügbarkeit an die Reisenachfrage angepasst werden. Den Fahrgästen könnten Reiseinformationen zur Verfügung gestellt werden, mit denen sie ihre Fahrten effizienter planen können.

Hierfür ist die Integration dieser neuen Technologien in eine stadtweite Infrastruktur wichtig, um die Verkehrsauslastung zu überwachen und zu steuern, sowie Prognosemodelle zu entwickeln, mit denen mögliche Verkehrsüberlastungen vorausberechnet werden können. Dabei müssen aber Fahrzeuge und Infrastruktur miteinander kommunizieren können, was allerdings zu Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Datensicherheit führen kann.

Viele dieser neuen Technologien basieren auf Normen, die von dem gemeinsamen Technischen Komitee von ISO und IEC für Informationstechnologie, ISO/IEC JTC 1, erarbeitet wurden. Sie betreffen Bereiche wie Softwaretechnik, Künstliche Intelligenz, Internet der Dinge, Biometrik und Datenschutz.


Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, unsere Welt zu verändern.

Schon heute wird Künstliche Intelligenz beispielsweise in der Industrie 4.0, beim autonomen Fahren, in Gesundheitsanwendungen und vielen weiteren Bereichen eingesetzt. Komplexe Algorithmen analysieren riesige Datensätze, leiten daraus Handlungsempfehlungen ab und agieren vollkommen autonom. Selbstlernende Systeme sind die Zukunft und werden Teil unseres Alltags.

Aber wer steuert eigentlich die Künstliche Intelligenz?

Die DKE bietet Expertinnen und Experten eine Plattform, um branchen- und länderübergreifend Normen und Standards zu erarbeiten – damit ethische Regeln auch für KI gelten und KI unsere Gesellschaft so voranbringt.

Wir gestalten und steuern die Künstliche Intelligenz!


Die Elektrisierung des Verkehrswesens

Abgesehen von einem Umsatzeinbruch infolge der COVID-19-Pandemie steigen weltweit die Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen stetig an. Laut einem Bericht von Deloitte ist davon auszugehen, dass das Umsatzwachstum in den nächsten zehn Jahren weiter anhalten wird. Um die Luftqualität zu verbessern, setzen viele Städte, wie beispielsweise Helsinki, Santiago de Chile und Kalkutta, bereits auf Elektrobusse. Im Jahr 2019 wurden weltweit Rekordzahlen beim Verkauf von Elektrolastkraftwagen verzeichnet. Zudem haben jüngste Forschungsergebnisse zu dynamischen Ladekonzepten die Reichweite im Fernverkehr erweitert.

Darüber hinaus wird gegenwärtig davon ausgegangen, dass die Preise für Batterien sinken werden. Auch innovative Batterietechnologien beschleunigen die Elektrisierung. Beispielsweise hat Anfang Januar 2021 ein israelisches Unternehmen verkündet, eine Batterie entwickelt zu haben, die innerhalb von nur fünf Minuten vollständig aufgeladen sei. Auch andere Unternehmen rund um den Globus entwickeln ähnliche Batterien. Deshalb könnte eine solche Technologie voraussichtlich in den nächsten fünf Jahren in großer Stückzahl auf dem Markt verfügbar sein.

Der Fortschritt bei der Elektrisierung des Verkehrswesens ist auf die Normungsarbeit verschiedener Technischer Komitees von IEC angewiesen. Dazu zählen unter anderem

  • IEC/TC 9 (DKE/K 351) Electrical equipment and systems for railways
  • IEC/TC 21 (DKE/K 371) Secondary cells and batteries
  • IEC/TC 23 (DKE/K 542) Electrical accessories
  • IEC/TC 69 (DKE/K 353) Electrical power/energy transfer systems for electrically propelled road vehicles and industrial trucks
  • IEC/TC 125 (DKE/K 354) Personal e-Transporters.

Mann bezahlt fuer das Aufladen eines E-Autos
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Das Bezahlsystem an der Ladesäule: Investitionssicherheit durch Normen und Standards

Obwohl die Lade- und Entladeinfrastruktur zuletzt stetig ausgebaut wurde, herrscht auf Betreiber- und Endkundenseite noch immer Unsicherheit. Insbesondere das Bezahlsystem an der Ladesäule ist aktuell vielerorts uneinheitlich geregelt.

Mit der Ladesäulenverordnung und der neuen VDE Anwendungsregel VDE-AR-E 2532-100 ist zukünftig eine umfassende Standardisierung sowie ein einheitliches Bezahlsystem an der Ladesäule möglich.

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Einspeisung in das Smart Grid

Das nächste Ziel des nachhaltigen Verkehrswesens ist die Eingliederung des Verkehrssystems in das Elektrizitätsnetz. Hierbei wird das Elektrizitätsnetz mit intelligenten Technologien ausgestattet und mit erneuerbaren Energien versorgt. Auf diese Weise sollen Elektrofahrzeuge mit Strom aus umweltfreundlichen Energiequellen geladen werden können, um so die Umwelt weniger zu belasten.

Ebenso wird aktuell daran gearbeitet, Elektrofahrzeuge unter Umständen für das Lastmanagement des Stromnetzes einzusetzen. So kann laut IEA Energie in Elektrofahrzeugbatterien gespeichert und bei Bedarf über Vehicle-to-grid-Lösungen (V2G) ins Netz zurückgespeist werden.

IEC SyC Smart Energy (DKE/K 901) koordiniert die Arbeiten verschiedener Technischer Komitees, bei denen es darum geht, Normen in Zusammenhang mit der Digitalisierung, Automatisierung und Modernisierung des Netzes zu erarbeiten und zu veröffentlichen. Sie betreffen auch Grid-Edge-Geräte und -Systeme.

Darüber hinaus hat IEC/TC 57 (DKE/K 952) die Normenreihe IEC 61850 erarbeitet, die aus den Grundnormen für digitale Technologien in Zusammenhang mit Smart Energy besteht. Die Normen dieser Reihe befassen sich mit der Einbindung erneuerbarer Energien und der Eingliederung dezentraler Energiequellen in das Elektrizitätsnetzwerk. IEC/TC 57 beschäftigt sich außerdem – gemeinsam mit dem IEC/TC 69 – mit dem intelligenten Laden von Elektrofahrzeugen.


Mann laedt E-Auto auf
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Ladeinfrastruktur E-Mobilität: Der technische Leitfaden für Installation und Betrieb in der Praxis

Was ist bei der Planung, Errichtung und dem Betrieb einer Ladeinfrastruktur zu beachten und welche Normen und Vorschriften sind hierbei von Bedeutung? Und welche Rolle spielen zukünftig intelligente Stromnetze und das induktive Laden?

Antworten auf diese und weitere Fragen gibt die vierte Version des technischen Leitfadens für die Ladeinfrastruktur der Elektromobilität – ein Projekt von DKE, BDEW, ZVEH, ZVEI, VDE FNN und VDA.

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Rolle der Normung

Normen sind für die Weiterentwicklung der nachhaltigen Mobilität unentbehrlich. Sie sorgen für die Interoperabilität, Leistungsfähigkeit und Gefahrlosigkeit in Bereichen wie Sicherheit, Kommunikationsprotokolle, Batterien, Smart Grids und Ladestationen.

Die IEC hat einen Systemansatz für Smart Cities gewählt, um einen ganzheitlichen Ansatz zur Bewältigung komplexer Situationen zu bieten. IEC SyC Smart Cities (DKE/K 201) koordiniert die Normungsvorhaben verschiedener IEC-Ausschüsse und anderer Arbeitsgruppen mit dem Ziel, die Normungsarbeit zu fördern und die Integration, Interoperabilität und Effektivität von City Systems voranzutreiben.

Im Jahr 2019 wurde von der IEC eine Bewertungsgruppe Normung mit der Bezeichnung SEG 11 ins Leben gerufen, die sich zum Ziel gesetzt hat, Fallstudien sowie eine Defizitanalyse zu entwickeln, um so zukünftige Anforderungen des nachhaltigen Verkehrswesens zu ermitteln.


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Die Elektromobilität ist eine Sprunginnovation, die ein neues, übergreifendes Systemdenken erfordert. Um die deutsche Wirtschaft erfolgreich im Bereich Mobility zu positionieren, ist es wichtig, die positiven Effekte von Normen und Standards von Beginn an in den Entwicklungsprozess einzubeziehen und damit voll auszuschöpfen. Gleiches gilt aber auch für die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Mobilität – die Mikromobilität. Weitere Inhalte zu diesem Fachgebiet finden Sie im

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