Binärverfahren, bei denen die Wärme von Thermalwasser zur Energiegewinnung genutzt wird, sind in Deutschland bereits länger bekannt. Dieses in Praxis und Theorie erarbeitete Wissen können die deutschen Expert_innen nun in der gemeinsamen Arbeit mit internationalen Vertreter_innen aus Forschung und Industrie im IEC/PC 126 zu binary power generation systems einbringen. Das Projektkomitee, dessen Vorsitz Japan hat, soll internationale Normen zur Prüfung und Bestimmung des Wirkungsgrads der Stromerzeugung von binary power generation systems entwickeln.
Binary power generation systems, zu Deutsch in etwa: binäre Energiegewinnungssysteme, sind eine innovative Möglichkeit, CO2-arm und unabhängig von Witterungsbedingungen oder Tages- und Jahreszeiten Strom zu erzeugen. Über zwei separate Flüssigkeitskreisläufe wird die Wärme von Wasser an eine zweite, kühle Flüssigkeit (ein so genanntes Arbeitsmittel, bestehend z. B. aus Butan oder einem Ammoniak-Wasser-Gemisch) abgegeben. Da das Arbeitsmittel einen niedrigeren Siedepunkt hat, wird ein Phasenübergang angeregt und das entstehende Gas treibt eine Turbine an, die an einen Generator angeschlossen ist. Die derart erzeugte elektrische Energie kann, abhängig von der Größe des Systems, einen einzelnen Haushalt versorgen oder in ein Stromnetz eingespeist werden. Das Gas wird schließlich durch einen Kondensator, der es abkühlt, zurück in den Kreislauf geleitet, woraufhin der Zyklus erneut beginnt.
Da für den Betrieb dieses thermodynamischen Kreisprozesses elektrische Geräte (Turbine, Generator, Evaporator etc.) erforderlich sind, ist der Wirkungsgrad abhängig von der Generatorleistung abzüglich des Eigenbedarfs jener Geräte. Um die Effizienz eines solchen Systems zu bestimmen, wird das IEC/PC 126 daher standardisierte Prüfbedingungen und -methoden festlegen. Im Fokus der Arbeit des Projektkomitees stehen Systeme mit einer Kapazität bis zu 100 kW, die beispielsweise Energie aus Geo- sowie Solarthermie, aus Biomasse und aus Abfallwärme von Fabriken und kleinen Verbrennungsanlagen gewinnen. Die Erarbeitung international geltender Normen für die Nutzung von binären Energiegewinnungssystemen im IEC/PC 126 wird die Anschlussfähigkeit bestehender und neuer Technologien auf dem globalen Markt sichern. Darüber hinaus trägt sie zur Etablierung verbraucher- und umweltfreundlicher Stromerzeugung bei.
Die aktive Beteiligung deutscher Expert_innen fördert dabei nicht nur auf internationaler Ebene die Standardisierung von Innovationen im Bereich der erneuerbaren Energien, sondern trägt zudem dazu bei, die Potentiale und Kapazitäten derselben für die Energiewende Deutschlands zu evaluieren.