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12.04.2021 Fachinformation

Fünf Dinge, die jeder über Quantencomputing wissen sollte

Die Quantentechnologie wird unsere Welt in vielen Bereichen grundlegend verändern. Bis dahin werden aber noch einige Jahre vergehen. Und dennoch sollte schon heute ein Bewusstsein für diese Technologie geschaffen werden. In der internationalen Normung ist das bereits der Fall.

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Ein Fachbeitrag von Michael A. Mullane

Es ist uns erst in der Rückschau möglich, die volle Bedeutung von bahnbrechenden Entwicklungen in Wissenschaft und Technik zu erfassen.

Der erste Motorflug beispielsweise dauerte nur zwölf Sekunden und es wurden dabei weniger als 40 Meter zurückgelegt. Heute wissen wir die Leistung der Gebrüder Wright zu schätzen, denn Flugzeuge sind zu einem festen Bestandteil des modernen Lebens geworden.

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Sebastian Hauschke
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Aus diesem Grund ist man sich vielleicht auch noch nicht ganz so bewusst darüber, wie bedeutsam die Quantenüberlegenheit ist, die ein US-amerikanischer Technologiekonzern und eine chinesische Universität nach eigener Aussage 2020 erreicht haben. Die Herausforderung ist weit gefasst und besteht darin, mit Quantencomputern Probleme zu lösen, die heutige Computer nicht lösen können.

Es ging um zwei sehr künstlich angelegte Experimente – die Berechnung der Zufälligkeit einer Reihe von Zahlen und die Prüfung der Verteilung von Photonen. Dies scheint unter Umständen wenig sinnvoll zu sein, so wie es 1903 wohl als wenig sinnvoll betrachtet wurde, für einige Sekunden in der Luft zu bleiben. Doch genau das bringt uns einer Zukunft, die vielleicht noch 10 oder 15 Jahre entfernt ist, ein Stück näher. Dann kann uns die Quanteninformatik wahrscheinlich viele neue Möglichkeiten eröffnen.

1. Quantencomputer arbeiten anders

Herkömmliche Computer speichern Daten derzeit mit Hilfe von Bits. Diese haben zwei Zustände – entweder ein oder aus, dargestellt als 1 oder als 0. Beim Quantencomputing werden Binärbits durch Qubits ersetzt, die mehrere Zustände haben können, die sich ständig ändern. Qubits können ein oder aus oder irgendetwas dazwischen sein, und das alles zur gleichen Zeit. Dieser Zustand wird als „Superposition“ (Überlagerung) bezeichnet. Dadurch können Qubit-basierte Computer weitaus mehr Berechnungen sehr viel schneller durchführen.

2. Die heutigen Quantencomputer sind unzuverlässig

Großunternehmen und einige Universitäten investieren bereits Millionensummen in den Kauf oder in die Entwicklung eigener Quantencomputer. Viele weitere profitieren von Cloud-basierten Quantencomputern.

Zurzeit sind Quantencomputer noch recht fehleranfällig, da Qubits sehr empfindlich auf externes Rauschen reagieren. Qubits funktionieren nur dann „kohärent“, wenn sie bis auf knapp über dem absoluten Nullpunkt heruntergekühlt werden. Auf diese Weise sind sie auch vor der destabilisierenden Wirkung von Strahlung, Licht, Geräuschen, Vibrationen und Magnetfeldern geschützt. All dies führt letztlich zu einer Begrenzung des Umfangs und der Komplexität von Problemen, die Quantencomputer derzeit bewältigen können.


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3. Es gibt zwei Arten von Quantencomputing

Gate-basiertes Quantencomputing funktioniert in etwa wie herkömmliches Computing. Ein Transistor führt eine boolesche Funktion aus: eine Art binäre Logik, wie sie häufig bei modernen Suchmaschinen anzutreffen ist. Dabei werden Modifikatoren wie beispielsweise „UND“ oder „NICHT“ verwendet. Der Transistor empfängt zwei eingehende Signale, und je nachdem, auf was er genau trifft, sendet er ein neues elektrisches Signal aus. Beim Quantenmodell werden die Transistoren durch Qubits ersetzt.

Computer, die auf dem sogenannten „Quantum annealing“ basieren, nutzen einen grundlegend anderen Ansatz. Sie führen adiabatische Quantencomputing-Algorithmen aus. Anstatt die Verschränkung aller Qubits zu ermöglichen, schaffen sie eine Umgebung, in der nur eingeschränkte, lokale Verbindungen möglich sind. Wenn eine Überlagerung erreicht ist, können sie verwendet werden, um Kohärenzen über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten und zu steuern. So können sie für enger gefasste Aufgabenbereiche eingesetzt werden, zum Beispiel das Lösen von Optimierungsproblemen, das heißt die Auswahl der besten Lösung aus allen umsetzbaren Lösungen. Sie sind aktuell für rund 10 Millionen US-Dollar erhältlich.

4. Quantencomputer werden die Cybersecurity revolutionieren

Wissenschaftler drängen Regierungen und Organisationen, mit der Erforschung und Implementierung von Quantenverschlüsselungssystemen zu beginnen.

Wikipedia bezeichnet die Quantenkryptographie als „die Verwendung quantenmechanischer Effekte als Bestandteil kryptographischer Verfahren oder zur Kryptoanalyse“. Sie basiert auf dem Verhalten von Quantenpartikeln, die kleinere Einheiten sind als Moleküle. Ein Verschlüsselungssystem mit dem Namen Quantenschlüsselaustausch (QKD) entschlüsselt beispielsweise Nachrichten mithilfe der Eigenschaften von Lichtpartikeln.

Hacker können den Code nur dann knacken, wenn sie die Partikel messen, doch nur allein durch das Messen ändert sich das Verhalten der Partikel, was zu Fehlern führt, die wiederum Sicherheitswarnungen auslösen.

5. Die Normungsarbeit ist bereits im Gange

IEC und ISO haben eine Arbeitsgruppe (WG 14) im Rahmen ihres gemeinsamen technischen Komitees zur Informationstechnologie (JTC1) eingerichtet, um den Standardisierungsbedarf im Bereich des Quantencomputing zu ermitteln.

Sie erhoffen sich, mit ihrer Arbeit die Weiterentwicklung des Quantencomputing unterstützen zu können, indem sie den Weg für einen gemeinsamen Wortschatz und Best Practices zu ebnen, die als Grundlage dienen sollen. Dadurch können sich Entwickler auf höherrangige Aufgaben konzentrieren und müssen bei ihren Projekten nicht immer bei Null anfangen.

Quantenkryptographie ist ein Interessensgebiet für zwei wichtige Expertengruppen:

  • ISO/IEC JTC 1/SC 27, besonders bekannt für die Normenreihe ISO/IEC 27000 in Bezug auf IT-Sicherheit.
  • IEC/TC 65 (DKE/K 931), das sich um industrielle Prozessmessung, -steuerung und -automatisierung kümmert und für die Normenreihe IEC 62443 zur Sicherheit von industriellen Kommunikationsnetzwerken verantwortlich ist.

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