Elektroauto mit Solarzapfsäule und Windrädern
Petair / Fotolia
29.10.2020 Fachinformation

Gleichstrom: Chancen für Industrie, Energiewende, Elektromobilität und das eigene Zuhause

Ohne Strom steht die Welt still, egal mit welcher Stromart das moderne Leben elektrifiziert ist. Aufgrund des technologischen Fortschritts und wesentlicher Vorteile gegenüber Wechselstrom, nimmt die Bedeutung für Gleichstromanwendungen, über zahlreiche Branchen hinweg, immer weiter zu. Für die Normung ergeben sich daraus neue Herausforderungen – insbesondere im Hinblick auf vorhandene und neue Schutzkonzepte.

In den öffentlichen Stromnetzen fließt Wechselstrom, der sich im Stromkrieg zwischen Edison und Westinghouse am Ende des 19. Jahrhunderts gegenüber Gleichstrom durchsetzen konnte. Viele der modernen Geräte brauchen jedoch Gleichstrom.

Wechsel- und Gleichrichter wandeln Strom bedarfsgerecht um. Doch Umwandlung kostet Energie. Durch neue Technologien und die aktuelle Forschung kann Gleichstrom einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten.

Aber er birgt auch Gefahren: Gleichstrom kann für den Menschen ebenso lebensgefährlich sein wie Wechselstrom – jedoch anders gefährlich. Experten erarbeiten daher Normen und Standards für den sicheren Umgang mit Gleichstrom.

Kontakt

Henriette Boos
Zuständiges Gremium

Wie alles begann ...

Werner von Siemens

... stellte 1867 sein dynamoelektrisches Prinzip, nach dem bis heute ein Fahrraddynamo funktioniert. Mit diesem Generator, auch alltagssprachlich und im Auto als „Lichtmaschine“ bezeichnet, ließ sich erstmals Gleichstrom in großen Mengen erzeugen. Das war ein Durchbruch für die Beleuchtung in Häusern und Straßen, aber auch Grund für den Stromkrieg, der um 1890 zwischen zwei Unternehmen um einen Industriestandard tobte.

Thomas Alva Edison

... hielt in den USA ein Patent auf seine Kohlefadenglühlampe, für deren Vermarktung er ab 1882 kleine lokale Kraftwerke zur Stromerzeugung errichtete. Dampfmaschinen trieben Gleichstromgeneratoren an, die den Strom erzeugten. Edison setzte dabei auf 110 Volt Gleichspannungsnetze, die jedoch den Nachteil hatten, dass sie den Strom lediglich über 1,5 Kilometer transportieren konnten.

George Westinghouse

... baute ebenfalls lokale Stromnetze auf und setzte auf Wechselspannung. Diese hatte der frühere Edison-Mitarbeiter Nikola Tesla mit der Entwicklung des Mehrphasen-Wechselstrommotors 1887 erfunden. Die Wechselspannung hat den Vorteil, dass man sie mit den 1883 von Lucien Gaulard und John Dixon Gibb konstruierten Transformatoren über größere Entfernungen transportieren konnte.

Stromkrieg

Westinghouse aber fehlte das Schlüsselprodukt – die Glühbirne. Kurzerhand kaufte er ein Unternehmen, das Glühlampen herstellte, sich allerdings noch in einem Patentstreit mit Edison befand. Westinghouse siegte im Patentstreit und konnte sein Stromnetz nun ebenfalls mit dem Leuchtmittel vermarkten. Denn einer Glühlampe war es damals egal, ob sie mit Gleich- oder Wechselstrom betrieben wurde. Es entbrannte ein erbitterter Meinungskrieg um die Behauptung, ob Wechselstrom gefährlicher als Gleichstrom sei.

Gewinner

Letztlich war George Westinghouse der geschicktere Unternehmer von beiden. Er baute ein Wasserkraftwerk an den Niagarafällen und leitete den Strom ins 40 Kilometer entfernte Buffalo. Danach setzte sich der Wechselstrom für die Netzübertragung durch.

Was ist Gleichstrom und was unterscheidet ihn vom Wechelstrom?

Unterschied zwischen Gleichstrom und Wechselstrom

Fließrichtung der Elektronen und Schaltzeichen von Gleich- und Wechselstrom

| DKE

Gleichstrom bedeutet, dass Strom immer konstant in die gleiche Richtung fließt – Elektronen bewegen sich durch einen elektrischen Leiter vom Minus- zum Pluspol.

Beim Gleichstrom ist die Stromstärke über den Zeitverlauf konstant. In einem Diagramm wird diese konstante Fließrichtung als eine Linie abgebildet. Beim Wechselstrom hingegen ändert sich jedoch die Fließrichtung der Elektronen regelmäßig vom Minus- zum Pluspol und retour. Diese Umpolung geschieht in den europäischen Stromnetzen rund 100 Mal pro Sekunde, also 50 Mal in jede Richtung, was 50 Hertz entspricht. Diese wechselnde Polarität erscheint in einem Diagramm als eine Sinuskurve.

Die englische Bezeichnung für Gleichstrom ist DC und steht für „Direct Current“. Wechselstrom wird mit der Bezeichnung AC für „Alternating Current“ abgekürzt.

Ein wesentlicher Unterschied von Wechselstrom zu Gleichstrom ist die einfache Unterbrechung des Stromflusses. Durch die Umpolung endet der Stromfluss, sobald der Stecker gezogen oder der Schalter umgelegt wird, bereits nach wenigen Millisekunden. Bei Gleichstrom hingegen wird dies beispielsweise beim Ziehen eines Steckers unter Last problematisch. Durch den fehlenden Nulldurchgang kann ein Lichtbogen entstehen, der im schlimmsten Fall zu einem Brand führt.

Ein weiterer Unterschied betrifft die Loslassschwelle. Diese beschreibt bei Wechselstrom den Zeitpunkt, ab dem – aufgrund der Verkrampfung der Muskeln – ein Loslassen des stromführenden Teiles für den Menschen nicht mehr möglich ist. Ob es eine solche Loslassschwelle bei Gleichstrom ebenfalls gibt und wenn ja, wo diese liegt, ist noch nicht erforscht.

Unabhängig von der Loslassschwelle kann es bei Gleich- und Wechselstrom in Abhängigkeit der Stromstärke, der Dauer der Berührung und der Größe der Berührungsfläche zu Herzkammerflimmern und im schlimmsten Fall zu Herz- und Atemstillstand, Verbrennungen sowie Zellschäden kommen, die auch erst Tage später ebenfalls zum Tod führen können.

Wie wird Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt?

Die Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom übernehmen Gleichrichter.

Computer, Kleingeräte wie Telefone, Radios und Fernsehgeräte sowie LED-Leuchtmittel und viele Kleinelektromotoren arbeiten mit Gleichstrom. Im Netzteil wird der Wechselstrom per Gleichrichter der Wechselstrom umgewandelt. Dabei entstehen Wärme und ein Verlust der Primärenergie. Besonders ärgerlich ist dieser Umwandlungsverlust bei der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien.

Photovoltaikanlagen erzeugen Gleichstrom. Um diesen in die bestehenden Stromnetze einzuspeisen, wird er durch Wechselrichter konvertiert. Auch hierbei geht jedes Mal Energie verloren. Nicht zuletzt aus diesem Grund wird seit einigen Jahren diskutiert, lokale Gleichstromnetze beispielsweise für die Industrie, Rechenzentren sowie in großen Gebäuden mit Photovoltaikanlagen aufzubauen.

In Entwicklungsländern entstehen gleichzeitig immer mehr Gleichstrom-Mini-Stromnetze, die mit einer Kombination aus Sonnen-, Wasser- oder Windenergie und Energiespeicherung in Batterien betrieben werden. Diese einfachen und kostengünstigen Technologien könnten die weit verbreiteten Dieselgeneratoren ablösen. Und sie könnten damit rund 800 Millionen Menschen endlich einen Zugang zu einer stabilen Stromversorgung verschaffen.

Mit der technischen Spezifikation IEC TS 61200-102 unterstützt das Expertengremium DKE/UK 221.6 die Planer und Erbauer in Entwicklungsländern bei der Errichtung einfacher und sicherer Gleichstromsysteme.

Die deutsche Fassung (VDE V 0114-200-102) „Anwendungsrichtlinien für Niederspannungs-Gleichstrom- Anlagen, die nicht vorgesehen sind, an die öffentlichen Versorgung angeschlossen zu werden“ richtet sich in erster Linie an die Betreiber von privaten Anlagen wie beispielsweise Almhütten. Diese Anlagen werden ausschließlich durch lokale Energiequellen gespeist und sind mit einer Nennspannung innerhalb der Niederspannung ausgelegt. Es können auch mehrere stromverbrauchende Anlagen in einem Kollektiv gemeinsam an eine Energieversorgung bzw. Energiespeicherung angeschlossen sein. Entscheidend ist die Abkopplung vom öffentlichen Verteilnetz.


Kleine Solarzellenplatten im Garten
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Mini-PV-Anlagen: Normung für steckerfertige Erzeugungsanlagen

Eigentlich sind sie eine gute Sache: Steckerfertige Photovoltaik (PV)-Anlagen, auch bekannt unter den Begriffen „Balkon-PV“ oder „Mini-PV“.

Diese für den Hausgebrauch konzipierten PV-Anlagen ermöglichen auch Mietern, Strom aus Solarenergie in das Hausnetz einzuspeisen und den selbst erzeugten Strom direkt zu nutzen. Warum schmücken sie dann aber nicht Deutschlands Balkone?

Mehr über Mini-PV-Anlagen erfahren

Vorteile und Nachteile von Gleichstrom gegenüber Wechselstrom

Ein ähnlicher „Stromkrieg“ wie zwischen Edison und Westinghouse spielte sich auch in Europa ab, wenn auch etwas zivilisierter.

Wechselstrom schien damals aufgrund der Mehrphasen-Wechselstrommotoren und Generatoren sowie der einfacheren Transformation für die Stromübertragung über große Entfernungen insgesamt besser geeignet zu sein als Gleichstrom. Allerdings geht bei der Stromübertragung ein Teil der Primärenergie in Wärme verloren. Der Grund dafür liegt im Ohm'schen Leitungswiderstand. Zudem entsteht durch induktive und kapazitive Widerstände bei Wechselstrom sogenannte Blindleistung. Dieser Verlust an Primärenergie wird ausgeglichen durch Hochspannung und Transformatoren, die in regelmäßigen Abständen entlang einer Überlandleitung stehen müssen.

Im europäischen Stromnetz wird der Strom für den Transport über große Entfernungen auf 380 Kilovolt transformiert. In Umspannwerken wird die elektrische Spannung auf dem Weg zum Verbraucher auf 380 Volt als dreiphasiger Drehstrom oder 230 Volt als zweiphasiger Wechselstrom reduziert.

Anfang des 20. Jahrhunderts gelang die Durchleitung von Gleichstrom über weite Entfernungen – und das sogar ohne Transformatoren. Gleichzeitig sind die Verluste bei der Gleichstromübertragung deutlich geringer, da hierbei keine kapazitiven und induktiven Widerstände entstehen. Wesentliche Nachteile auf der anderen Seite sind der enorme Aufwand und die hohen Kosten für die Erzeugung einer hohen Gleichspannung und die Konvertierung durch Wechselrichter von Gleich- zu Wechselstrom.

Die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) geschieht mit bis zu 1.100 Kilovolt, rechnet sich aber erst ab einer Entfernung von ca. 750 Kilometer oder bei Unterseestromkabeln. Aus diesem Grund entstehen seit den neunziger Jahren in immer mehr Ländern HGÜ-Netze. Sie verbinden Inseln über große Entfernungen und leiten auch in Deutschland beispielsweise Strom aus Offshore-Windparks an die Küste und weiter ins Inland.


Newsletter in Tablet liegt auf einer Tastatur
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Minimierung der Umwandlungsverluste in privaten Haushalten

Solarzellen produzieren Gleichstrom. Betreiber von Photovoltaikanlagen und Mini-PV-Anlagen müssen daher vor dem Einspeisen ihres Stroms ins öffentliche Stromnetz einen Wechselrichter einsetzen. Die Wechselspannung brauchen Betreiber natürlich auch für ihre eigene Hausstromversorgung mit 230 Volt. Diese wird dann in den meisten Geräte im Haus wieder in Gleichspannung umgewandelt.

Soll dann das eigene Elektroauto an der Wallbox mit Strom betankt werden, wird der Wechselstrom mittels Gleichrichter wieder in Gleichstrom umgewandelt, denn Batterien arbeiten nur mit Gleichstrom. In den meisten E-Autos sorgen wiederum moderne Drehstrommotoren für den Vortrieb. Durch diese mehrfachen Umwandlungsprozesse können sich die Verluste zu einem beträchtlichen Volumen addieren. Durch ein Gleichstromhausnetz im Smart Home ließen sich diese Umwandlungsverluste minimieren. Zudem entfielen bei vielen Endgeräten die Bauteile für die AC-DC-Wandler.

Verknüpfung mit Elektromobilität, IKT und Stromnetzen im Smart Grid

Modernes Elektroauto wird zu Hause getankt
Herr Loeffler / stock.adobe.com

Vor dem Hintergrund, dass Elektrofahrzeuge auch gleichzeitig als Energiespeicher genutzt werden, um überschüssige Energie, beispielsweise aus der heimischen Solaranlage, zwischenzuspeichern, können Smart Homes künftig einen wichtigen Beitrag in lokalen Stromnetzen leisten.

Eine Vernetzung der Systeme von Strom sowie Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) innerhalb und außerhalb von Gebäuden ist dafür zwingende Voraussetzung. Die eigene Ladesäule im heimischen Carport müsste beispielsweise um lokale Batteriespeicher ergänzt werden und in einem solchen Smart Grid (intelligentes Netz) integriert sein.

Damit dies künftig funktioniert, bietet DKE allen interessierten Fachkreisen eine gemeinsame Plattform für weitere Normungsvorhaben. Es gilt, Automobiltechnik und Elektrotechnik, Energietechnik sowie IKT in die Smart-Home-Infrastruktur zu integrieren und die getrennten Domänen zusammenzuführen. Auf diese Weise wären vollkommen neue Geschäfts- und Wertschöpfungsmodelle denkbar sowie eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz.

In der nationalen und internationalen Normung passiert im Hinblick bereits sehr viel. Verantwortlich hierfür ist IEC/TC 57 (DKE/K 952) mit seiner Arbeit rund um Einrichtungen und Systeme der Stationsautomatisierung und der Netzleittechnik einschließlich dezentraler Strukturen. Kurz: Das Expertengremium schafft die Grundlagen für ein zukünftiges Smart Grid und deckt mit den Normen IEC 61850 (Datenmodelle), IEC 61970 (CIM) und IEC 62351 (Cybersecurity) wesentliche Aspekte ab.

Steigerung der Energieeffizienz in Industrie und Rechenzentren

Energieeffizienz ist im Rahmen der Energiewende ein wesentlicher Treiber für Projekte von Gleichstromanwendungen. Vor allem größere Stromverbraucher werden von Gleichstromnetzen profitieren. Weit fortgeschritten sind Projekte, komplette Rechenzentren mit Gleichstrom einzurichten.

Praktisch alle Komponenten wie Server, Datenspeichersysteme und Switches benötigen Gleichstrom. Auch die unterbrechungsfreie Stromversorgung über Batterien und Notstromaggregate arbeitet mit Gleichstrom. In bisherigen Rechenzentren mit Wechselstrom befindet sich aber an jedem dieser Bauteile ein Netzteil mit Gleichrichter. Es entsteht so viel Wärme, dass diese mit Klimatechnik abgeführt werden muss.

Auch in der Industrie nimmt die Gleichstromdebatte Fahrt auf: Für die Vernetzung der Produktion und die Automatisierung werden ohnehin IKT-Technologien eingesetzt, die Gleichstrom benötigen. Auch Hallenbeleuchtung und Gleichstrominseln für spezielle Fertigungsverfahren ließen sich mit Gleichstrom effizienter gestalten, um hier nur einige Beispiele zu nennen. Zukünftig wird auch das Thema der Rückspeisung eine Rolle spielen. Experten prognostizieren, dass sich insgesamt ein Einsparungspotenzial von bis zu 30 Prozent erzielen lasse.


Mann laedt E-Auto auf
Tomasz Zajda / stock.adobe.com

Ladeinfrastruktur E-Mobilität: Der technische Leitfaden für Installation und Betrieb in der Praxis

Was ist bei der Planung, Errichtung und dem Betrieb einer Ladeinfrastruktur zu beachten und welche Normen und Vorschriften sind hierbei von Bedeutung? Und welche Rolle spielen zukünftig intelligente Stromnetze und das induktive Laden?

Antworten auf diese und weitere Fragen gibt die vierte Version des technischen Leitfadens für die Ladeinfrastruktur der Elektromobilität – ein Projekt von DKE, BDEW, ZVEH, ZVEI, VDE FNN und VDA.

Mehr erfahren

Expertengremien prüfen bereits vorhandene Schutzkonzepte

Aufgrund des zunehmenden Wachstums an Gleichstromanwendungen ist es wichtig, die Nutzung im Hinblick auf Sicherheitsaspekte zu betrachten. Ein Aspekt, der in diesem Kontext eine zentrale Rolle spielt, ist die Tatsache, dass viele der neuen Gleichstromanwendungen nicht ausschließlich von Fachkräften bedient werden, sondern auch von Laien. In der Normung beschäftigen sich Expertengremien – zum Beispiel DKE/AK 221.6.3 – daher unter anderem mit Fragen wie:

  • Wie sicher oder gefährlich ist Gleichstrom im Gegensatz zu Wechselstrom eigentlich?
  • Reichen die bereits genormten (Wechselstrom-)Schutzkonzepte für Gleichstromanwendungen ggfs. aus?
  • Und wenn nicht, wie müssen diese aussehen?

Um diesen Fragen nachzugehen, müssen viele Festlegungen, die für Wechselstrom getroffen und auf den Gleichstrom übertragen wurden (Spannungsgrenzen, Abschaltzeiten), überprüft werden, denn sie bauen aufeinander auf und bilden die Basis für diese Konzepte.

Bei Verwendung der Schutzmaßnahme „Schutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung“ nach DIN VDE 0100-410 Abschnitt 411 wird bei einer Nennspannung zwischen 400V DC und 1500V DC derzeit die Abschaltung innerhalb von 0,1 Sekunde gefordert. Immer mehr neue Anwendungen entstehen in diesem Spannungsbereich und machen eine Anpassung der zulässigen Abschaltzeiten erforderlich.

Das Expertengremium DKE/AK 221.6.3 bemüht sich derzeit darum, die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeiten unter Einbeziehung neuer Studien zu bewerten und Empfehlungen abzuleiten. Dafür steht es im regelmäßigen Austausch mit internationalen Forschern und Forscherinnen aus Österreich und den USA. Ziel der Forschung ist es, neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie sich Gleichstrom auf den menschlichen Körper auswirkt. Es könnte beispielsweise sein, dass bei höheren Spannungen kürzere Abschaltzeiten zu erwarten sind. Dies würde neue Anforderungen für Produkte und Anwendungen bedingen.

Ein internationaler Austausch ist auch deshalb erforderlich, weil entsprechende Förderprojekte und Fördermaßnahmen in Deutschland bislang noch fehlen.

Um den weiteren Einzug von Gleichstrom zu fördern und Fachleute zu unterstützen, die mit elektrischen Anlagen vertraut sind und die Besonderheiten von Gleichstrominstallationen kennenlernen wollen, wird in einer Projektgruppe ein Leitfaden in Form der VDE SPEC 90024 erarbeitet, der die Planung, Errichtung, Prüfung und den Betrieb elektrischer Anlagen und Gleichstromnetze im Niederspannungsbereich bis 1 500 V DC beschreibt.

Mit dem Leitfaden zur Umsetzung von Schutzmaßnahmen in DC-Niederspannungsinstallationen soll allen Fachleuten ein Dokument an die Hand gegeben werden, das aufzeigt, welche Lösungen und Betriebsmittel für Gleichstromanwendungen bereits existieren und welche Normen an welcher Stelle greifen und anzuwenden sind. Hierbei werden zunächst die Anforderungen anhand der Anwendung beschrieben, anschließend die daraus resultierenden Anforderungen an die Betriebsmittel.


Gleichstromkabel
Foto: U.I. Lapp GmbH

DKE/UK 221.6 Niederspannungsgleichstromverteilnetze

Das Expertengremium koordiniert Normungsprojekte verschiedener Technischer Komitees sowie des Systemkomitees LVDC, insbesondere unter dem Aspekt bereits existierender Schutzmaßnahmen für Wechselstrom-Systeme.

Zum Expertengremium DKE/UK 221.6

Gleichstromanwendungen brauchen neue Standards und Normen

Bis flächendeckende Gleichstromanwendungen umgesetzt sind, wird noch einige Zeit vergehen. Aktuell laufende Projekte in Industrie, Rechenzentren und in der Gebäudetechnik bauen zwar auf gültigen Normen für Gleichstrom auf, sind aber häufig noch nicht für neue und zukünftige Anwendungen und den dafür anvisierten Spannungsbereich ausgelegt. So vernachlässigen einige innovative Gleichstrominstallationen beispielsweise Sicherheitskonzepte oder entwickeln eigene Sicherheitskonzepte, die noch nicht auf normativen Grundlagen aufbauen.

Aus dem Grund bietet DKE als nationale Normungsorganisation allen interessierten Fachkreisen eine gemeinsame Plattform für die Bearbeitung bestehender sowie die Erarbeitung neuer Normungsvorhaben an. Aus den gemeinsamen Aktivitäten ist unter anderem die zweite Version der deutschen Normungsroadmap „Gleichstrom im Niederspannungsbereich“ hervorgegangen. Wesentliches Ziel einer jeden Normungsroadmap ist, den aktuellen Stand der Normenlage zu einem übergreifenden Thema darzustellen, Normenlücken zu identifizieren und Handlungsempfehlungen an die Normungsgremien zu geben.

In der Normungsroadmap „Gleichstrom im Niederspannungsbereich“ werden daher beispielsweise folgende Aspekte beschrieben:

  • Handlungsempfehlungen wie das Setzen von Produktstandards mit Schutzeinrichtung für Fehlerstrom und Fehlerlichtbogen,
  • die Anwendung von harmonisierten EMV-Normen auf Gleichspannungs-Betriebsmittel und
  • die getrennte Verlegung von AC- und DC-Stromkreisen.

Nur mit zukunftsweisenden Normen und Standards für den sicheren Umgang mit Gleichstrom werden Industrie, Energiewende und Elektromobilität das hohe Potenzial der Energieeffizienz durch entsprechende Anwendungsmöglichkeiten ausschöpfen können.

Redaktioneller Hinweis:

Die im Text aufgeführten Normen können Sie im VDE VERLAG erwerben.

Zum VDE VERLAG

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