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31.08.2020 Fachinformation

Anwendung von Normen auf die Kreislaufwirtschaft

Reduce. Reuse. Recycle. Materialeffizienz ist ein wesentlicher Bestandteil der Kreislaufwirtschaft. Produkte sollten so gestaltet sein, dass sie nur wenig Ressourcen verbrauchen und für eine lange Lebensdauer ausgelegt sind. Technische Komitees von IEC erarbeiten Normen und Standards, die die Materialeffizienz bei elektrischen und elektronischen Produkten fördern.

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Von Natalie Mouyal

Die Kreislaufwirtschaft verlangt eine radikale Veränderung bei Produktion und Verbrauch. In kontinuierlichen Zyklen werden Produkte, Komponenten und Werkstoffe durch Strategien, wie Wiederverwendung, Reparatur, Wiederaufarbeitung und Recycling, wiedergewonnen und wiederhergestellt. Es handelt sich um einen systemischen Ansatz zur Verwaltung von Ressourcen.

Die Kreislaufwirtschaft ist ein weit gefasstes Konzept, das soziale und wirtschaftliche Aspekte umfasst, die außerhalb des Anwendungsbereiches der IEC-Normungsarbeit liegen. Die IEC kann sich jedoch mit Aspekten befassen, die sich auf die Verwendung und Erhaltung von Materialien beziehen, also mit Aspekten der Materialeffizienz.

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Dr. Tim Brückmann
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Materialeffizienz ist ein wesentlicher Teil der Kreislaufwirtschaft. Sie besteht aus der Einsparung von Materialien, indem Produkte langlebiger und reparierbarer gemacht werden. Sie vereinfacht außerdem die Wiedergewinnung und das Recycling von Materialien am Ende der Produktlebensdauer. Das oberste Ziel der Materialeffizienz besteht darin, Materialien so lange wie möglich zu gebrauchen - potentiell für immer.

Materialeffizienz kann zwischen den Produktnutzungs- und Entsorgungsphasen in eine Hierarchie eingeordnet werden. Die günstigsten Strategien erfordern die Gestaltung von Produkten, die mit einer längeren Produktlebensdauer verbunden sind und möglichst wenig natürliche Ressourcen verbrauchen, während die ungünstigsten Strategien den Verlust einer materiellen Ressource durch Verbrennung des Materials und Rückgewinnung seiner Energie bedeuten. Müllhalden sind in einer echten Kreislaufwirtschaft keine akzeptable Option.


Vereinte Nationen: 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung

Die Nachhaltigskeitsziele der Vereinten Nationen (UN) sind ein Aufruf an alle Länder, den Wohlstand zu fördern und gleichzeitig den Planeten zu schützen.

Die Sustainable Development Goals (SDGs) erkennen an, dass die Beendigung der Armut Hand in Hand gehen muss mit Strategien, die das Wirtschaftswachstum fördern und eine Reihe sozialer Bedürfnisse abdecken. Hierzu gehören Bildung, Gesundheit, Sozialschutz und Beschäftigungsmöglichkeiten. Gleichzeitig müssen Klimawandel und Umweltschutz angegangen werden.

Mehr Informationen: https://sustainabledevelopment.un.org/


Hierarchie in den Herstellungs- und Nutzungsphasen

Den höchsten Stellenwert haben Strategien, die mit einer längeren Produktlebensdauer und einem minimalen Verbrauch natürlicher Ressourcen verbunden sind. Produkte sollten so konstruiert sein, dass sie möglichst wenig Ressourcen verbrauchen und gleichzeitig für eine sehr lange Lebensdauer ausgelegt sind. In der Nutzungsphase werden Strategien ermittelt, um Materialien durch die Verlängerung der Produktlebensdauer weiter nutzen zu können.

Strategien, die mit der Herstellung des Produkts verbunden sind, können die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten oder die Verwendung von weniger Rohstoffen umfassen. Möglich wird dies, indem Produkte entworfen werden, die mit weniger Rohstoffen auskommen und eine sehr lange Lebensdauer haben können.

Strategien im Zusammenhang mit der Nutzungsphase der Produkte werden so entwickelt, dass die Lebensdauer beispielsweise durch die Wiederverwendung, Reparatur und Aufrüstung sowie durch Aufarbeitung und Wiederaufarbeitung der Produkte verlängert werden kann. Die Reparatur wird jedoch der Aufarbeitung vorgezogen, da das Produkt nur minimal verändert wird und somit weniger Ressourcen und Energie erforderlich sind. Bei einer Reparatur erfüllt das Produkt die gleiche Funktion, und die Ressourcen werden nur dafür verwendet, das Produkt wieder funktionsfähig zu machen. Bei der Aufarbeitung werden jedoch zu den Ressourcen, die für den Wiederverkauf, die Lieferung und die Installation des Produkts benötigt werden, weitere Ressourcen benötigt, um das Produkt wieder in den ursprünglichen Zustand zu bringen.

Hierarchie in der Entsorgungsphase

Wenn ein Produkt die Entsorgungsphase erreicht, hat das Material bereits viel von seinem Wert eingebüßt, da das Produkt nicht länger genutzt wird.

Es ist zwar möglich, die Materialien des Produkts durch Recycling weiterhin zu nutzen, doch hat bereits ein erheblicher Wertverlust des Produkts stattgefunden. Recycling sollte aus diesem Grund nur als letzter Ausweg betrachtet werden, da erhebliche Mengen an Ressourcen und Energie nicht nur für das Recycling der Materialien selbst, sondern auch für die Herstellung eines neuen Produkts aus den recycelten Materialien benötigt werden. Wie zu erwarten ist, tritt der grösste Materialverlust bei der Verbrennung des Materials und der energetischen Verwertung oder bei der Entsorgung auf einer Deponie auf, da das Material nicht mehr verwendet wird: der Kreislauf wird unterbrochen.

Gestaltung von Produkten für Materialeffizienz

Hierarchie der Materialeffizienz

Hierarchie der Materialeffizienz

| IEC

Hersteller können die Materialeffizienz bei der Gestaltung ihrer Produkte berücksichtigen. Jede Stufe der Nutzungs- und Abfallphase sollte daher berücksichtigt werden, um die Materialeffizienz zu erleichtern.

In der Gestaltungsphase sollten Hersteller die im Rahmen der Konstruktion des Produktes verwendeten Materialien berücksichtigen. Sie können beispielsweise versuchen, die Menge der genutzten Materialien zu verringern, indem sie die Produktgestaltung optimieren. Recycelte Materialien oder wiederverwendete Komponenten wären hierbei eine Möglichkeit.

Mit Blick auf die Nutzungsphase sollten Produkte so gestaltet werden, dass ihre Lebensdauer verlängert werden kann, indem sie leicht zu reparieren und aufzurüsten oder wiederzuverwenden sind. Da Produkte wiederverwendet werden (einschließlich Aufarbeitung und Wiederaufbereitung) und so mehrere Besitzer habe könnenn, sollten Hersteller auch Upgrades von Software und Hardware sowie die Entfernung sensibler Daten vereinfachen. Teile sollten außerdem so gestaltet sein, dass sie mehrere Reinigungs- sowie Demontage- und Remontagezyklen überstehen.

Produkte sollten für ein effizientes Ende der Lebensdauer gestaltet sein. Dies bedeutet, dass nützliche Materialien und Komponenten problemlos und sicher zurückgewonnen werden können, indem beispielsweise das Produkt leicht zerlegt werden kann.


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Wie Normen helfen können

Damit Produkte länger halten, sind Normen erforderlich, die sicherstellen, dass unter anderem die Produktsicherheit, Leistung und Zuverlässigkeit ausreichend berücksichtigt werden. Fragen zur Datenentfernung und Sicherheit müssen ebenfalls berücksichtigt werden, wenn Produkte wiederverwendet werden und den Besitzer wechseln. Darüber hinaus ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, um sicherzustellen, dass sich der Umweltschutz nicht nachteilig auf Bereiche wie Produktsicherheit, EMV und Leistung auswirkt.

Es wird erwartet, dass die Gesetzgebung die verstärkte Verwendung von gebrauchten Teilen sowie von Produkten, die leichter repariert oder wiederaufbereitet werden können, fordern wird. Wir werden standardisierte Methoden und Werkzeuge benötigen, um Aspekte, wie den Anteil wiederverwendeter Komponenten oder recycelter Inhalte in einem Produkt, zu bewerten und wie die Leichtigkeit beziehungsweise Schwierigkeit zu beurteilen ist, mit der ein Produkt repariert oder wiederaufbereitet werden kann. Außerdem werden Normen erforderlich sein, um die Eigenschaften des verwendeten Materials zu garantieren und die Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Teile festzulegen.

Verschiedene Technische Komitees von IEC haben bereits Normen erarbeitet, die die Materialeffizienz für elektrische und elektronische Produkte fördern. Hierzu gehören unter anderem folgende Dokumente:

  • IEC TR 62635 mit Informationen zum Ende der Lebensdauer eines Produktes, einschließlich der Berechnung der Wiederverwertungsrate
  • IEC TR 62824 mit Anleitung zu Betrachtungen der Materialeffizienz beim Ökodesign von Produkten
  • IEC 62309 untersucht die Zuverlässigkeit von Produkten, die gebrauchte Teile beinhalten
  • IEC 63077 legt das Verfahren zur Sicherstellung der Leistungsfähigkeit und Sicherheit von wiederaufbereiteten bildgebenden Medizingeräten fest

Weitere Normen werden derzeit erarbeitet. Beispielsweise steht aktuell im IEC/TC 111 (Spiegelgremium: DKE/K 191) ein Vorschlag für eine neue Norm zur Beurteilung des Anteils von wiederverwendeten Komponenten in Produkten zur Wahl. Das Technische Komitee 111 bereitet weiterhin eine Norm vor, die die Prinzipien des Produktkreislaufes bei der umweltbewussten Gestaltung abdeckt.

IEC/TC 62 (Spiegelremium: DKE/K 810) und IEC/TC 2 (Spiegelgremium: DKE/K 311) erarbeiten zum Beispiel Normen zur Aufarbeitung von Medizingeräten beziehungsweise rotierenden Maschinen entwickeln.

Neue Normen, die die Anforderungen an die Materialeffizienz bei der Gestaltung von Produkten, zum Beispiel für die Kreislaufwirtschaft, sind erforderlich und es wurden Aktivitäten zur Aufnahme derartiger Normungsarbeit in der IEC begonnen.


Nachhaltigkeitskonzept, dargestellt mit Sprechblasenstickern
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Circular Economy – Normung als Rückgrat einer nachhaltigen gesamtwirtschaftlichen Produktion

Die Circular Economy (Kreislaufwirtschaft) ist das Gegenmodell zur Linearwirtschaft, die seit Beginn der Industrialisierung die weltweiten Wirtschaftsmodelle dominiert hat. Ziel dieser Circular Economy ist eine Erhöhung der Ressourceneffizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette, insbesondere mit Blick auf die endlichen Ressourcen des Planeten.

Normen und Standards helfen dabei, dieses Ziel schon bei der Produktion zu berücksichtigen.

Mehr erfahren

Schulung der IEC-Gemeinschaft

Der Beratende Ausschuss für Umweltaspekte (Advisory Committee on Environmental Aspects, ACEA) steht dem Standardization Management Board (SMB) bei umweltbezogenen Fragen, einschließlich der Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) und Materialeffizienz, beratend zur Seite. ACEA informiert die IEC-Gemeinschaft über die Kreislaufwirtschaft und die Rolle von Normen.

Die ACEA-Vorsitzende Solange Blaszkowski hielt kürzlich zusammen mit dem Leiter der ACEA-Taskforce, Jens Giegerich, ein IEC-Academy-Webinar ab, das einen Überblick über die Schlüsselprinzipien der Kreislaufwirtschaft und der Materialeffizienz und deren Auswirkungen auf die Normung gab.


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