Projektlaufzeit: 01.10.2014 – 30.09.2016
Projektträger: DLR
Antragsteller (Koordinator):
VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V., Frankfurt a. M.
Verbundpartner:
Bender GmbH & Co. KG, Grünberg
Projektlaufzeit: 01.10.2014 – 30.09.2016
Projektträger: DLR
Antragsteller (Koordinator):
VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V., Frankfurt a. M.
Verbundpartner:
Bender GmbH & Co. KG, Grünberg
„Isolationskoordination umfasst die Auswahl der elektrischen Isolationseigenschaften eines Betriebsmittels hinsichtlich seiner Anwendung und in Bezug auf seine Umgebung. Isolationskoordination kann nur erreicht werden, wenn die Bemessung des Betriebsmittels auf den Beanspruchungen, denen es im Verlauf der zu erwartenden Lebensdauer voraussichtlich ausgesetzt ist, beruht.“ [1]
Mit dieser grundlegenden Definition beginnt die Normenreihe DIN EN 60664 (VDE 0110), die den anerkannten Stand der Technik auf dem Gebiet der Isolationskoordination darstellt. Teil 5 der Normenreihe weist dabei in den Literaturhinweisen auf zwei Forschungsberichte des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) von 1989 hin:
Im Hinblick auf den verstärkten Einsatz elektrotechnischer und elektronischer Komponenten in innovativen Technologien, wie beispielsweise der Elektromobilität oder der Photovoltaik, stellt sich mittlerweile die Frage, ob die oben genannten Untersuchungen noch ausreichend sind und als Basis für diese und zukünftige Anwendungen verwendet werden können.
Denn mit den neuen Anwendungen gehen Neuentwicklungen in der Batterie- und der Halbleitertechnologie sowie der verstärkte Einsatz dezentraler Energieversorgungseinheiten einher. Dabei spielt der Einsatz von Gleichspannung eine immer größere Rolle:
Damit werden neue Fragen zur Isolationskoordination aufgeworfen, insbesondere vor dem Hintergrund von besonders zu berücksichtigenden Umgebungseinflüssen wie Verschmutzung und Betauung.
Und genau hier setzt das durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderte Projekt „Isolationskoordination: Bemessung von Luft- und Kriechstrecken unter Umgebungsgesichtspunkten in neuen Anwendungen (IsKoNeu)“ an: gemeinsam mit der Bender GmbH & Co. KG, einem Geräte- und Systemhersteller auf dem Gebiet der Netzschutztechnik, erarbeitet die DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE basierend auf theoretischen Betrachtungen und Laborversuchen eine aktuelle Bewertung der Einflussfaktoren für die Auslegung von Luft- und Kriechstrecken.
Auf der Basis der Auswertung bisheriger Erkenntnisse zur Isolationskoordination, insbesondere im Zusammenhang mit zu erwartenden Umgebungseinflüssen und dadurch potenzieller Gefährdungen, sollen Sicherheitsgrenzwerte bestätigt oder neu aufgestellt und bei Bedarf entsprechende Schutzkonzepte neu entwickelt werden.
Der Bereich der Niederspannung (Wechselspannungen bis 1 000 V und Gleichspannungen bis 1 500 V) spielt deshalb dabei eine so große Rolle, weil die meisten Geräte, die von Laien bedient werden, in diesem Spanungsbereich betrieben werden. Die Hauptgefährdung besteht im elektrischen Schlag beim Berühren. Aber auch Ausfälle von wichtigen Komponenten können durch Isolationsfehler hervorgerufen werden, wenn die Isolierung den im realen Betrieb vorkommenden Anforderungen nicht gewachsen ist. Weiterhin besteht unter Umständen Brandgefahr, wenn nicht oder nur unzureichend berücksichtigte Fehlerströme fließen.
Im Rahmen des IsKoNeu-Projektes wird ein Gewinn neuer Erkenntnisse über die verschiedenen Wirkungsmechanismen im Zusammenhang mit der Isolationskoordination angestrebt. Das Projekt dient somit der Bestätigung bzw. Schaffung einer Basis für die sichere Nutzung elektrischer Energie in neuen Anwendungen. Dies erfolgt in mehreren Schritten:
[1] DIN EN 60664-1 (VDE 0110-1):2008-01, Isolationskoordination für elektrische Betriebsmittel in Niederspannungsanlagen – Teil 1: Grundsätze, Anforderungen und Prüfungen (IEC 60664-1:2007); Deutsche Fassung EN 60664-1:2007
[2] Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI), Mai 1989; Kurzzeitspannungsfestigkeit kleiner Isolierstrecken unter dem Einfluss natürlicher Umgebungsbedingungen. Abschlussbericht zum AIF-Forschungsvorhaben 6788
[3] Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI), Mai 1989; Kriechstromsichere Bemessung von Isolierungen bei Niederspannung. Abschlussbericht zum AIF-Forschungsvorhaben 6789
Abbildung 1: Zyklusprüfung mit einzelnen Messintervallen
Durch das Unterschreiten der Taupunkttemperatur der Luft wird das Phänomen der Kondensation an der Isolierstoffoberfläche hervorgerufen, die im Grenzgebiet zwischen Feststoffen und Gas zu einem lokal erhöhten Wasserdampfdruck führt. Dieser Wasserdampfdruck hat zur Folge, dass in Richtung des Temperaturgefälles eine Anlagerung der kondensierten Wassertropfen auf die Isolierstoffoberflächen stattfindet, was als Befeuchtung der Feststoffoberfläche durch Betauung bezeichnet wird. Als Folge der Betauung bilden sich dünne, leitfähige Fremdschichten auf der Isolierstoffoberfläche, durch die im Betrieb Kriechströme fließen, die die Bildung von Trockenzonen zur Folge haben.
Bei elektrischer Beanspruchung bilden sich über diesen Trockenzonen Teillichtbögen in Folge von Teilentladungen durch Feldverzerrung aus, die einen Fremdschichtüberschlag und somit das Versagen des Isolierstoffes auslösen können [3]. Bevor der Isolierstoff versagt, wird die Struktur der Oberfläche infolge der fortschreitenden Oberflächenentladungen zunehmend zerstört, was sich über die kontinuierliche Abnahme ihrer Widerstandsfähigkeit zeigt.
Die Widerstandsfähigkeit des Isolierstoffes wird mit der elektrischen Größe des Isolationswiderstandes beschrieben, dessen Wert folglich mehr als eine „Gut-Schlecht-Aussage“ über den aktuellen Zustand ermöglicht. Die Basis für eine qualitative Bewertung der Ergebnisse der Isolationswiderstandsmessung zeigt das in Abbildung 2 dargestellte Modell zum Aufbau eines Isolators.
Allgemein erfolgt die Isolationswiderstandmessung immer in Form einer Strommessung nach dem Aufschalten einer im Messgerät erzeugten Gleichspannung, deren Ergebnis im Inneren des Isolationswiderstandsmessgerätes über das Ohmsche Gesetz in die Einheit Ohm konvertiert wird. Neben dem Widerstandswert können unter Beachtung der dargestellten Anordnung sowie der Eigenschaften der gezeigten Stromkomponenten unterschiedliche Kennzahlen ermittelt werden, die in Summe ein gutes Gesamtbild auf den Zustand des Isolators zulassen.
U = angelegte Testspannung
R und R = Oberflächenwiderstände
R = Widerstand des Materials
C = Kapazität des Materials
R = Polarisations-Widerstand
C = Polarisations-Kapazität
I = Gesamtstrom
I = Oberflächenleckstrom
I = Durchgangsleckstrom
I= Leckstrom des Materials
I= Polarisations-/ dielektrischer
Absorptionsstrom
I= Ladungsstrom der Kapazität des Materials
Abbildung 2: Modell zum Aufbau eines Isolators
Neben der Festlegung der Methodik ist zum Prüfkonzept weiterhin festzuhalten, dass durch die Verwendung mehrerer Demonstratoren nach Abbildung 3 ein möglichst breiter Bereich von Einflussfaktoren analysiert werden soll.
Des Weiteren werden unterschiedliche Gehäusevarianten zur Berücksichtigung unterschiedlicher Verschmutzungsgrade (VG1 und VG2) verwendet. In diesen Gehäusevarianten kommen verschiedene Demonstratoren mit unterschiedlichen Leiterbahnabständen und unterschiedlichen Beschichtungen zum Einsatz, an die unterschiedlich hohe DC-Spannungen zwischen 400 V und 1.500 V angelegt werden.
Abbildung 3: Aufbau Demonstrator
Die Ergebnisse der Versuchsreihe werden wie bisher im Rahmen von Workshops mit Experten aus Industrie und Normung diskutiert sowie einer breiten Fachöffentlichkeit über Publikationen vorgestellt.
Parallel zum Projekt erarbeitet die DKE die Normungsroadmap „Gleichstrom im Niederspannungsbereich“, die in ihrer ersten Version zum Ende dieses Jahres veröffentlicht werden soll. Gemeinsam mit diversen Stakeholdern aus den Bereichen Informationstechnik, Elektrotechnik und Gebäudeinstallationen wird in enger Zusammenarbeit ein Dokument verfasst, das sowohl den Stand der Technik, als auch Handlungsempfehlungen und einen Normungsbedarf bündelt und zusammenfasst. Bearbeitet werden in der Normungsroadmap vier Hauptgruppen:
Innerhalb dieser Gruppen werden auch Aspekte der Isolationskoordination betrachtet. Die Normungsroadmap wird nach ihrer Veröffentlichung auf der DKE-Homepage kostenfrei zur Verfügung gestellt.
[1] DIN EN 60664-1 (VDE 0110-1):2008-01, Isolationskoordination für elektrische Betriebsmittel in Niederspannungsanlagen – Teil 1: Grundsätze, Anforderungen und Prüfungen (IEC 60664-1:2007); Deutsche Fassung EN 60664-1:2007
[2] DIN EN 60068-2-38 (VDE 0468-2-38):2010-06, Umgebungseinflüsse – Teil 2-38: Prüfverfahren Z/AD: Zusammengesetzte Prüfung, Temperatur/Feuchte, zyklisch (IEC 60068-2-38:2009); Deutsche Fassung EN 60068-2-38:2009
[3] S. Krischer, U. Grigull, Mikroskopische Untersuchung der Tropfenkondensation, Wärme- und Stoffübertragung, Band 4, S-48-59, 1971