Elektroauto mit Solarzapfsäule und Windrädern
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03.07.2023 Fachinformation

Gleichstrom: Anwendungen in Industrie & Privatwirtschaft

Ohne Strom steht die Welt still, egal mit welcher Stromart das moderne Leben elektrifiziert ist. Die Bedeutung von Gleichstrom-Anwendungen nimmt weiter zu, und das über zahlreiche Branchen hinweg. Das liegt zum einen am technologischen Fortschritt, zum anderen an wesentlichen Vorteilen gegenüber Wechselstrom.

Für die Normung ergeben sich daraus neue Herausforderungen – insbesondere im Hinblick auf vorhandene und neue Schutzkonzepte.

Die Stromversorgung ist eine zentrale Herausforderung der modernen Welt. Auf der Suche nach Energiequellen spielt auch die Minimierung von Energieverlusten bei Transport, Speicherung und Nutzung eine große Rolle. Industrie und Forschung arbeiten schon jetzt an der Nutzung von Gleichstrom für die industrielle und private Stromversorgung. Denn vor allem größere Stromverbraucher werden von Gleichstromnetzen profitieren. Wir informieren zu aktuellen Ansätzen und zum Stand der Normung, die für sichere Gleichstrom-Anwendungen unerlässlich ist.

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Henriette Boos
Zuständiges Gremium

Gleichstrom: Eigenschaften, Vorteile und Gefahren

In den öffentlichen Stromnetzen fließt Wechselstrom, der sich im Stromkrieg zwischen Thomas Edison und George Westinghouse gegenüber Gleichstrom durchsetzen konnte. Viele der modernen Geräte brauchen jedoch Gleichstrom.

Wechsel- und Gleichrichter wandeln Strom bedarfsgerecht um. Doch Umwandlung kostet Energie. Durch neue Technologien und die aktuelle Forschung kann Gleichstrom einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Die Fragen, wie Gleichstrom direkt nutzbar wird, warum Wechselstrom statt Gleichstrom im öffentlichen Stromnetz eingesetzt wird und welche Gefahren bzw. welche Herausforderungen bei der Gleichstromnutzung auftauchen, werden in diesem Beitrag beantwortet.

Grafik zur Verdeutlichung des Unterschieds zwischen Gleichstrom und Wechselstrom.

Fließrichtung der Elektronen und Schaltzeichen von Gleich- und Wechselstrom

| DKE

Was ist Gleichstrom und was unterscheidet ihn vom Wechselstrom?

Gleichstrom bedeutet, dass Strom immer konstant in die gleiche Richtung fließt – Elektronen bewegen sich durch einen elektrischen Leiter vom Minuspol zum Pluspol.

Beim Gleichstrom ist die Stromstärke über den Zeitverlauf konstant. In einem Diagramm wird diese konstante Fließrichtung als eine Linie abgebildet. Beim Wechselstrom ändert sich die Fließrichtung der Elektronen regelmäßig vom Minuspol zum Pluspol und retour.

Diese Umpolung geschieht in den europäischen Stromnetzen rund 100-mal pro Sekunde, also 50-mal in jede Richtung, was 50 Hertz entspricht. Diese wechselnde Polarität erscheint in einem Diagramm als eine Sinuskurve.

Drehstrom ist eine besondere Form von Wechselstrom, bei dem drei Phasenströme in 120 Grad Phasenverschiebung auftreten. Der Unterschied zwischen Gleichstrom und Drehstrom besteht ebenfalls in der sich ändernden Stromstärke bzw. Spannung. Zudem erzeugt Drehstrom ein rotierendes Magnetfeld, mithilfe dessen elektrische Energie übertragen und genutzt wird.

Die englische Bezeichnung für Gleichstrom ist DC und steht für „Direct Current“. Wechselstrom wird mit AC für „Alternating Current“ abgekürzt.

Wie alles begann ...

Werner von Siemens

... stellte 1867 sein dynamoelektrisches Prinzip vor, nach dem bis heute ein Fahrraddynamo funktioniert. Mit diesem Generator, umgangssprachlich und im Auto auch als „Lichtmaschine“ bezeichnet, ließ sich erstmals Gleichstrom in großen Mengen erzeugen. Das war ein Durchbruch für die Beleuchtung in Häusern und Straßen, aber auch Grund für den Stromkrieg, der um 1890 zwischen zwei Unternehmen um einen Industriestandard tobte.

Thomas Alva Edison

... hielt in den USA ein Patent auf seine Kohlefadenglühlampe, für deren Vermarktung er ab 1882 kleine lokale Kraftwerke zur Stromerzeugung errichtete. Dampfmaschinen trieben Gleichstromgeneratoren an, die den Strom erzeugten. Edison setzte dabei auf 110 Volt Gleichspannungsnetze, die jedoch den Nachteil hatten, dass sie den Strom lediglich über 1,5 Kilometer transportieren konnten.

George Westinghouse

... baute ebenfalls lokale Stromnetze auf und setzte auf Wechselspannung. Diese hatte der frühere Edison-Mitarbeiter Nikola Tesla mit der Entwicklung des Mehrphasen-Wechselstrommotors 1887 erfunden. Die Wechselspannung hat den Vorteil, dass man sie mit den 1883 von Lucien Gaulard und John Dixon Gibb konstruierten Transformatoren über größere Entfernungen transportieren konnte.

Stromkrieg

Westinghouse aber fehlte das Schlüsselprodukt – die Glühbirne. Kurzerhand kaufte er ein Unternehmen, das Glühlampen herstellte, sich allerdings noch in einem Patentstreit mit Edison befand. Westinghouse siegte im Patentstreit und konnte sein Stromnetz nun ebenfalls mit dem Leuchtmittel vermarkten. Denn einer Glühlampe war es damals egal, ob sie mit Gleich- oder Wechselstrom betrieben wurde. Es entbrannte ein erbitterter Meinungskrieg um die Behauptung, ob Wechselstrom gefährlicher als Gleichstrom sei.

Gewinner

Letztlich war George Westinghouse der geschicktere Unternehmer von beiden. Er baute ein Wasserkraftwerk an den Niagarafällen und leitete den Strom ins 40 Kilometer entfernte Buffalo. Danach setzte sich der Wechselstrom für die Netzübertragung durch.

Warum ist Wechselstrom verbreiteter als Gleichstrom?

Wechselstrom

... setzte sich auch in Europa aufgrund seiner Transformierbarkeit und der damit größeren Reichweite durch. Allerdings geht bei der Stromübertragung ein Teil der Primärenergie in Wärme verloren. Der Grund liegt im Ohm'schen Leitungswiderstand. Zudem entsteht durch induktive und kapazitive Widerstände bei Wechselstrom sogenannte Blindleistung. Dieser Verlust an Primärenergie wird ausgeglichen durch Hochspannung und Transformatoren, die in regelmäßigen Abständen entlang einer Überlandleitung stehen müssen.

Im europäischen Stromnetz

... wird Wechselstrom auch heute noch für den Transport über große Entfernungen auf 380 Kilovolt transformiert. In Umspannwerken wird die elektrische Spannung auf dem Weg zum Verbraucher auf 400 Volt als dreiphasiger Drehstrom oder 230 Volt als zweiphasiger Wechselstrom reduziert.

Gleichstromübertragung

... über weite Entfernungen gelang Anfang des 20. Jahrhunderts, wobei hier keine Transformation notwendig ist. Gleichzeitig sind die Verluste bei der Gleichstromübertragung deutlich geringer, da hierbei keine kapazitiven und induktiven Widerstände entstehen. Wesentliche Nachteile auf der anderen Seite sind der enorme Aufwand und die hohen Kosten für die Erzeugung einer hohen Gleichspannung und die Konvertierung durch Wechselrichter von Gleichstrom zu Wechselstrom.

Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ)

... geschieht mit bis zu 1.100 Kilovolt, rechnet sich aber erst ab einer Entfernung von ca. 750 Kilometer oder bei Unterseestromkabeln. Aus diesem Grund entstehen seit den neunziger Jahren in immer mehr Ländern HGÜ-Netze. Sie verbinden Inseln über große Entfernungen und leiten auch in Deutschland beispielsweise Strom aus Offshore-Windparks an die Küste und weiter ins Inland.

Wie gefährlich ist Gleichstrom im Vergleich zu Wechselstrom?

Sowohl Gleichspannung als auch Wechselspannung können Herzkammerflimmern und im schlimmsten Fall zu Herz- und Atemstillstand, Verbrennungen sowie Zellschäden hervorrufen, die erst Tage später ebenfalls zum Tod führen. In beiden Fällen hängt die Schwere der Verletzungen von der Stromstärke, der Dauer der Berührung und der Größe der Berührungsfläche ab.

Risiken bei der Verwendung von Gleichstrom:

„Gefährlicher“ bei der Nutzung von Gleichstrom ist der fehlende Nulldurchgang, der beim Ziehen des Steckers unter Last zu einem Lichtbogen und schlimmsten Fall zum Brand führen kann. Bei Wechselstrom endet der Stromfluss durch die Umpolung, sobald der Stecker gezogen oder der Schalter umgelegt wird, bereits nach wenigen Millisekunden.

Ein weiterer Unterschied betrifft die Loslassschwelle. Diese beschreibt bei Wechselstrom den Zeitpunkt, ab dem – aufgrund der Verkrampfung der Muskeln – ein Loslassen des stromführenden Teiles für den Menschen nicht mehr möglich ist. Ob es eine solche Loslassschwelle bei Gleichstrom ebenfalls gibt und wenn ja, wo diese liegt, ist noch nicht erforscht.

Forschungsbedarf zu Auswirkungen von Gleichstrom auf den Organismus:

Aktuelle Forschungsergebnisse bilden die Grundlage, um Aussagen zu gefährlichen Fehlerströmen in Wechselrichtern und elektrischen Verbrauchern zu treffen, die bei der Anwendung von reinem Gleichstrom oder Wechselstrom in einem weiten Frequenzbereich (10 Hz bis 10 kHz) auftreten können. 

Ziel von Forschung und Wissenschaft wird sein, diese Wirkungen von gepulsten Gleichströmen hinsichtlich des Auftretens von Herzkammerflimmern genauer zu untersuchen. Nötige Grenzwerte, für z. B. die Einwirkungsdauer, die Stromamplitude, sowie das Verhalten auf eine Folge von variablen Pulsen (kumuliertes Verhalten), können bisher noch nicht angegeben werden. 

Weiterer Forschungsbedarf besteht auch bei den elektrochemischen Auswirkungen von Gleichstrom auf menschliche Körper, zum Beispiel in Bezug auf Veränderungen im Blut, in der Niere oder von sonstigem Gewebe. Moderne Gleichstromanwendungen bergen außerdem die Gefahr eines veränderten Stromweges durch den Körper, was eventuell Einfluss auf die Atemtätigkeit haben könnte. Hierzu fehlen bisher ebenfalls wissenschaftliche Erkenntnisse.

Wie wird Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt?

Die Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom übernehmen Gleichrichter. Dabei werden, je nach Bauart, eine oder mehrere Dioden eingesetzt. Dioden sind elektronische Bauteile, die den Strom in nur einer Richtung durchlassen. Durch Verwendung von zwei oder – beim Brückengleichrichter – vier Dioden wird es möglich, sowohl die eine als auch die andere Halbwelle des Wechselstroms in Gleichstrom umzuwandeln.

Computer, Kleingeräte wie Telefone, Radios und Fernsehgeräte sowie LED-Leuchtmittel und viele Kleinelektromotoren besitzen im Netzteil eingebaute Gleichrichter, um mit der 230-V-Wechselspannung aus der Steckdose zu funktionieren. Dabei entstehen Wärme und ein Verlust der Primärenergie. Besonders ärgerlich ist dieser Umwandlungsverlust bei der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien, beispielsweise mit Photovoltaikanlagen, die Gleichstrom erzeugen.


Kleine Solarzellenplatten im Garten
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Mini-PV-Anlagen: Normung für steckerfertige Erzeugungsanlagen

Eigentlich sind sie eine gute Sache: Steckerfertige Photovoltaik (PV)-Anlagen, auch bekannt unter den Begriffen „Balkon-PV“ oder „Mini-PV“.

Diese für den Hausgebrauch konzipierten PV-Anlagen ermöglichen auch Mietern, Strom aus Solarenergie in das Hausnetz einzuspeisen und den selbst erzeugten Strom direkt zu nutzen. Warum schmücken sie dann aber nicht Deutschlands Balkone?

Mehr über Mini-PV-Anlagen erfahren

Unterschiede zwischen Gleichstrom und Wechselstrom


Gleichstrom

Wechselstrom

Stromübertragung

Geringere Leistungsverluste bei der Übertragung über lange Strecken.

Wechselstrom kann leichter transformiert und so für die Übertragung über weite Entfernungen nutzbar gemacht werden.

Transformation

HGÜ (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung erfordert einen höheren technischen Aufwand durch Stromkonverter und ist zudem teurer.

Bei der Transformation von Wechselstrom entstehen Leistungsverluste.

Speicherung

Speicherung in Batterien möglich.

Speicherung nicht ohne Umwandlung möglich.

Funktionalität

Viele Geräte oder elektronische Steuerungen arbeiten intern mit Gleichstrom; eine Umwandlung entfällt.

Die Transformation von Wechselstrom erlaubt eine leichtere Anpassung der Spannung, die für die jeweilige Anwendung gebraucht wird.

Sicherheit

Der fehlende Phasenwechsel kann für empfindliche elektronische Geräte von Vorteil sein.


Normative Anforderungen an Leistungsschutzschalter werden bereits erarbeitet.

Wechselstrom gilt als berührungssicherer. Schutzvorrichtungen, wie Leistungsschutzschalter, sind außerdem für Wechselspannung ausgelegt.


Wo wird Gleichstrom genutzt? Beispiele für die Gleichstrom-Verwendung

Die Anwendungen für Gleichspannung setzen meist auf die Einsparung der Verluste, die bei der Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom auftreten. Daher wird seit einigen Jahren diskutiert, lokale Gleichstromnetze, beispielsweise für die Industrie, Rechenzentren sowie in großen Gebäuden mit PV-Anlagen, aufzubauen. Im Folgenden werden einige Beispiele näher erläutert sowie Schwierigkeiten und aktuelle Überlegungen dargelegt.

Gleichstrom der Photovoltaikanlage im Haushalt und für Mikronetze nutzen

Solarzellen produzieren Gleichstrom. Um diesen in die bestehenden Stromnetze einzuspeisen, wird er durch Wechselrichter konvertiert. Auch hierbei geht jedes Mal Energie verloren. Betreiber*innen von Photovoltaikanlagen und Mini-PV-Anlagen müssen vor dem Einspeisen ihres Stroms ins öffentliche Stromnetz einen Wechselrichter einsetzen. Die eigene Hausstromversorgung mit 230 Volt fordert ebenfalls Wechselspannung. Diese wird dann in den meisten Geräten im Haus wieder in Gleichspannung umgewandelt. 

Lösungsansätze:

Der Aufbau von sogenannten Mikronetzen könnte die Verluste reduzieren, die die Gleichstrom-Umwandlung nach sich zieht. Mikronetze sind Systeme, in denen alle Geräte im Haushalt mit Gleichstrom betrieben werden und so direkt durch die PV-Anlage mit Energie versorgt werden. Dazu gehören neben dem Stromspeicher vieler PV-Anlagen auch gängige Verbraucher wie Ladegeräte für Smartphones, Laptops, Smart-TVs, Radiogeräte oder LED-Lampen.

Der Aufbau eines zweiten Gleichstromnetzes für das Haus rechnet sich allerdings bisher nicht. Kühlschränke, Waschmaschinen oder Spülmaschinen können bisher nicht als Gleichstrommodell gekauft werden und müssen daher weiterhin mit Wechselspannung betrieben werden. Bisher gibt es Konzepte für parallele Stromnetzwerke im Privathaushalt: Ein Spannungswandler splittet die Energieversorgung des Hauses in Wechselstrom- und Gleichstromkreis. Die dünneren Gleichstromleitungen finden in den Wandschlitzen und Leerrohren der Wechselstromleitungen Platz. Gleichstromverbraucher wie LED-Lampen und Ladegeräte können dann per USB-Anschluss an entsprechende Steckdosen angeschlossen werden.

Aufbau von Mini-Stromnetzen in sonnenreichen Ländern des globalen Südens

Im globalen Süden werden immer mehr Gleichstrom-Mini-Stromnetze aufgebaut, die mit einer Kombination aus Sonnen-, Wasser- oder Windenergie und Energiespeicherung in Batterien betrieben werden. Diese Netze rechnen sich durch die geringen Distanzen und die Vermeidung von Umwandlungsverlusten der Gleichstromverbraucher. 

Diese einfachen und kostengünstigen Technologien könnten die weit verbreiteten Dieselgeneratoren ablösen. Und sie könnten damit über 700 Millionen Menschen endlich einen Zugang zu einer stabilen Stromversorgung verschaffen. Mit der technischen Spezifikation IEC TS 61200-102 unterstützt das Expertengremium DKE/UK 221.6 die Planer und Erbauer in Entwicklungsländern bei der Errichtung einfacher und sicherer Gleichstromsysteme.

Die deutsche Fassung (VDE V 0114-200-102) „Anwendungsrichtlinien für Niederspannungs-Gleichstrom-Anlagen, die nicht vorgesehen sind, an die öffentlichen Versorgung angeschlossen zu werden“ richtet sich in erster Linie an die Betreiber von privaten Anlagen wie beispielsweise Almhütten. Diese Anlagen werden ausschließlich durch lokale Energiequellen gespeist und sind mit einer Nennspannung innerhalb der Niederspannung ausgelegt. Es können auch mehrere stromverbrauchende Anlagen in einem Kollektiv gemeinsam an eine Energieversorgung bzw. Energiespeicherung angeschlossen sein. Entscheidend ist die Abkopplung vom öffentlichen Verteilnetz.


Solarmodul in Madagascar
kriss75 / stock.adobe.com

IEC unterstützt den netzunabhängigen Zugang zu Elektrizität durch neue Norm

Zugang zu bezahlbarer und zuverlässiger Energie ist für jeden Menschen ein Grundbedürfnis. Weltweit haben jedoch noch immer mehr als 700 Millionen Menschen keinen Zugang zu Elektrizität. Der Markt für netzunabhängige Lösungen entwickelt sich seit Jahren allerdings positiv.

Seit Juni 2020 gibt es eine IEC-Veröffentlichung, die Mindestanforderungen an Qualität, Haltbarkeit und Werbegenauigkeit für eigenständige erneuerbare Energieprodukte festlegt.

Mehr erfahren

E-Auto mit Gleichstrom laden: direkte Nutzung in Haushalt oder im Unternehmen

Auch beim Laden von Elektroautos können Energieverluste vermieden werden, wenn Gleichstrom direkt nutzbar gemacht wird: Soll derzeit ein Elektroauto an der Wallbox mit Strom betankt werden, wird der Wechselstrom mittels Gleichrichter wieder in Gleichstrom umgewandelt, denn Batterien arbeiten nur mit Gleichstrom. In den meisten E-Autos sorgen wiederum moderne Drehstrommotoren für den Vortrieb.

Durch diese mehrfachen Umwandlungsprozesse können sich die Verluste zu einem beträchtlichen Volumen addieren. Durch ein Gleichstromhausnetz im Smart Home bzw. Infrastruktur, wie photovoltaikbetriebene Ladesäulen für E-Autos, ließen sich diese Umwandlungsverluste minimieren. Zudem entfielen bei vielen Endgeräten die Bauteile für die AC-DC-Wandler.

Gleichstrom im Smart Grid: Verknüpfung von E-Mobilität, IKT und Stromnetzen

Expert*innen aus Wirtschaft und Wissenschaft versuchen auch auf dem Gebiet der Stromspeicherung die Vorteile von Gleichstrom nutzbar zu machen. Smart Homes mit intelligenter Energieversorgung werden in naher Zukunft einen wichtigen Beitrag in der lokalen Stromversorgung leisten können.

Zudem böte die Nutzung des Elektroautos als Stromspeicher sowohl in der privaten als auch in der gewerblichen Nutzung Vorteile: Integriert in ein Gebäudekonzept ließe sich der gespeicherte Strom der Autobatterie nutzen, wenn das E-Auto nicht gebraucht wird. Hindernisse sind hierfür die bisher verkäuflichen Wallboxen, die Wechselstrom in Gleichstrom umwandeln. Eine Rückspeisung ist mit diesen Geräten bisher nicht möglich, obwohl E-Fahrzeuge für bidirektionales Laden und damit als Batteriespeicher teilweise bereits geeignet wären.

Ein solches Smart Grid, also intelligentes Netz, entsteht durch die Vernetzung der Systeme von Strom sowie Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) innerhalb und außerhalb von Gebäuden. Die eigene Ladesäule im heimischen Carport müsste hierfür um lokale Batteriespeicher ergänzt werden, um sinnvoll in einem solches Smart Grid integriert zu sein.

Dieser Anwendungsfall von Gleichstrom müsste zudem von entsprechenden Normungsverfahren begleitet werden, um die Nutzung ungefährlich zu gestalten.


Mann laedt E-Auto auf
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Ladeinfrastruktur E-Mobilität: Der technische Leitfaden für Installation und Betrieb in der Praxis

Was ist bei der Planung, Errichtung und dem Betrieb einer Ladeinfrastruktur zu beachten und welche Normen und Vorschriften sind hierbei von Bedeutung? Und welche Rolle spielen zukünftig intelligente Stromnetze und das induktive Laden?

Antworten auf diese und weitere Fragen gibt die vierte Version des technischen Leitfadens für die Ladeinfrastruktur der Elektromobilität – ein Projekt von DKE, BDEW, ZVEH, ZVEI, VDE FNN und VDA.

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Steigerung der Energieeffizienz in Industrie durch Gleichstrom-Nutzung

Auch in der Industrie nimmt die Debatte um Gleichstrom zunehmend Fahrt auf: Für die Vernetzung der Produktion und die Automatisierung werden ohnehin IKT-Technologien eingesetzt, die Gleichstrom benötigen. Auch Hallenbeleuchtung und Gleichstrominseln für spezielle Fertigungsverfahren ließen sich mit Gleichstrom effizienter gestalten, um nur einige Beispiele zu nennen. Insgesamt lassen sich die positiven Effekte in der Industrie auf fünf Haupttreiber zurückführen:

  1. Energieeffizienz: Durch den Wegfall von Gleichrichtern in den Komponenten, entfällt der Energieverlust durch die Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom.
  2. Ressourceneffizienz: Leitungen benötigen weniger Adern und weisen einen geringeren Querschnitt auf. Somit sinkt auch der Bedarf an Material wie beispielweise Kupfer.
  3. Netzstabilität: Da Gleichstrom keine schwankende Frequenz aufweist, treten weniger Netzstörungen auf, wodurch es zu seltener zu Produktionsausfällen kommt.
  4. Industrial Smart DC Grid: Bidirektionale Energieflüsse werden ermöglicht und die Anbindung von Energiespeichern sowie eine direkte Einspeisung regenerativer Energie wird erleichtert.
  5. Erneuerbare Energien: Die Integration und Nutzung von PV-Anlagen sowie Energiespeichersystemen wird vereinfacht.

Die ersten Unternehmen planen bereits Neubauten explizit für die Nutzung von Gleichstrom.

Expert *innen prognostizieren, dass sich insgesamt ein Einsparungspotenzial von bis zu 30 Prozent erzielen lasse. Die internationalen und nationalen Arbeitsgruppen in der Normung arbeiten deswegen mit führenden Unternehmen im In- und Ausland zusammen, um dieses Potenzial auszuschöpfen.

Fachkreisübergreifende Normen für die intelligente Stromversorgung:

Die DKE bietet allen an Gleichstrom-Anwendungen interessierten Fachkreisen eine gemeinsame Plattform für weitere Normungsvorhaben. Es gilt, Automobiltechnik und Elektrotechnik, Energietechnik sowie IKT in die Smart-Home-Infrastruktur zu integrieren und die getrennten Domänen im Kontext einer ganzheitlichen Stromversorgung zusammenzuführen. Auf diese Weise wären vollkommen neue Geschäfts- und Wertschöpfungsmodelle denkbar sowie eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz.

Einfluss von Gleichstrom-Verwendung auf den Energieverbrauch in Rechenzentren

Weit fortgeschritten sind außerdem Projekte, komplette Rechenzentren mit Gleichstrom einzurichten.

Praktisch alle Komponenten wie Server, Datenspeichersysteme und Switches benötigen Gleichstrom. Auch die unterbrechungsfreie Stromversorgung über Batterien und Notstromaggregate arbeitet mit Gleichstrom. In bisherigen Rechenzentren mit Wechselstrom befindet sich aber an jedem dieser Bauteile ein Netzteil mit Gleichrichter. Es entsteht so viel Wärme, dass diese mit Klimatechnik abgeführt werden muss.

Dieser Energieverschwendung kann mit der bewussten Nutzung von Gleichstrom entgegengewirkt werden.


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Gleichstrom-Schutzkonzepte auf dem Prüfstand

Aufgrund des zunehmenden Wachstums an Gleichstrom-Anwendungen ist es wichtig, die Nutzung im Hinblick auf Sicherheitsaspekte zu betrachten. Ein Aspekt, der in diesem Kontext eine zentrale Rolle spielt, ist die Tatsache, dass viele der neuen Gleichstrom-Anwendungen nicht ausschließlich von Fachkräften bedient werden, sondern auch von Laien. In der Normung beschäftigen sich Expertinnen und Experten – zum Beispiel im Gremium DKE/AK 221.6.3 – deshalb unter anderem mit Fragen wie:

  • Wie sicher oder gefährlich ist Gleichstrom im Gegensatz zu Wechselstrom eigentlich?
  • Reichen die bereits genormten (Wechselstrom-)Schutzkonzepte für Gleichstrom-Anwendungen ggf. aus?
  • Und wenn nicht, wie müssen diese aussehen?

Um diesen Fragen nachzugehen, müssen viele Festlegungen, die für Wechselstrom getroffen und auf den Gleichstrom übertragen wurden (Spannungsgrenzen, Abschaltzeiten), überprüft werden, denn sie bauen aufeinander auf und bilden die Basis für diese Konzepte.

Einige Beispiele für die Normungsarbeit zu Sicherheit und Gleichstrom:

  • Bei Verwendung der Schutzmaßnahme „Schutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung“ nach DIN VDE 0100-410 Abschnitt 411 wird bei einer Nennspannung zwischen 400V DC und 1500V DC derzeit die Abschaltung innerhalb von 0,1 Sekunde gefordert. Immer mehr neue Anwendungen entstehen in diesem Spannungsbereich und machen eine Anpassung der zulässigen Abschaltzeiten erforderlich.
  • Eine Projektgruppe erarbeitet eine Übersicht zu Gleichstrom in Form der VDE SPEC 90024, welche die Planung, Errichtung, Prüfung und den Betrieb elektrischer Anlagen und Gleichstromnetze im Niederspannungsbereich bis 1500 V DC beschreibt. Diese Übersicht soll den weiteren Einzug von Gleichstrom fördern und Fachleute unterstützen, die mit elektrischen Anlagen vertraut sind und die Besonderheiten von Gleichstrominstallationen kennenlernen wollen. Mit der VDE SPEC 90024 zur Umsetzung von Schutzmaßnahmen in DC-Niederspannungsinstallationen soll allen Fachleuten ein Dokument an die Hand gegeben werden, das aufzeigt, welche Lösungen und Betriebsmittel für Gleichstrom-Anwendungen bereits existieren und welche Normen an welcher Stelle greifen und anzuwenden sind. Hierbei werden zunächst die Anforderungen anhand der Anwendung beschrieben, anschließend die daraus resultierenden Anforderungen an die Betriebsmittel.
  • Das Normungsgremium DKE/AK 221.6.3 bemüht sich derzeit darum, die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeiten unter Einbeziehung neuer Studien zu bewerten und Empfehlungen abzuleiten. Ziel der Forschung ist es, neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie sich Gleichstrom auf den menschlichen Körper auswirkt. Es könnte beispielsweise sein, dass bei höheren Spannungen kürzere Abschaltzeiten zu erwarten sind. Dies würde neue Anforderungen für Produkte und Anwendungen bedingen. Dafür steht es im regelmäßigen Austausch mit internationalen Forschern und Forscherinnen aus Österreich und den USA. Ein internationaler Austausch ist auch deshalb erforderlich, weil entsprechende Förderprojekte und Fördermaßnahmen in Deutschland bislang noch fehlen.

Gleichstromkabel
Foto: U.I. Lapp GmbH

DKE/UK 221.6 Niederspannungsgleichstromverteilnetze

Das Expertengremium koordiniert Normungsprojekte verschiedener Technischer Komitees sowie des Systemkomitees LVDC, insbesondere unter dem Aspekt bereits existierender Schutzmaßnahmen für Wechselstrom-Systeme.

Zum Expertengremium DKE/UK 221.6

Gleichstrom-Anwendungen brauchen neue Normen und Standards

Bis neue flächendeckende Gleichstrom-Anwendungen umgesetzt sind, wird noch einige Zeit vergehen. Aktuell laufende Projekte in Industrie, Rechenzentren und in der Gebäudetechnik bauen zwar auf gültigen Normen für Gleichstrom auf, sind aber häufig noch nicht für neue und zukünftige Anwendungen und den dafür anvisierten Spannungsbereich ausgelegt. So vernachlässigen einige innovative Gleichstrom-Installationen beispielsweise Sicherheitskonzepte oder entwickeln eigene Sicherheitskonzepte, die noch nicht auf normativen Grundlagen aufbauen.

Aus dem Grund bietet die DKE als nationale Normungsorganisation allen interessierten Fachkreisen eine gemeinsame Plattform für die Bearbeitung bestehender sowie die Erarbeitung neuer Normungsvorhaben an. Aus den gemeinsamen Aktivitäten ist unter anderem die zweite Version der deutschen Normungsroadmap „Gleichstrom im Niederspannungsbereich“ hervorgegangen.

Wesentliches Ziel einer jeden Normungsroadmap ist, den aktuellen Stand der Normenlage zu einem übergreifenden Thema darzustellen, Normenlücken zu identifizieren und Handlungsempfehlungen an die Normungsgremien zu geben.

In der Normungsroadmap „Gleichstrom im Niederspannungsbereich“ werden daher beispielsweise folgende Aspekte beschrieben:

  • Handlungsempfehlungen wie das Setzen von Produktstandards mit Schutzeinrichtung für Fehlerstrom und Fehlerlichtbogen
  • die Anwendung von harmonisierten EMV-Normen auf Gleichspannungs-Betriebsmittel
  • die getrennte Verlegung von AC- und DC-Stromkreisen

Eine Überarbeitung der Normungsroadmap „Gleichstrom im Niederspannungsbereich“ wird in dem zuständigen Normungsgremium derzeit beraten.

Nur mit zukunftsweisenden Normen und Standards für den sicheren Umgang mit Gleichstrom werden Industrie, Energiewende und Elektromobilität das hohe Potenzial der Energieeffizienz durch entsprechende Anwendungsmöglichkeiten ausschöpfen können.

Redaktioneller Hinweis:

Die im Text aufgeführten Normen und Standards können Sie im VDE VERLAG erwerben.

Zum VDE VERLAG

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